RTL/ntv-Recherche zu Nord-Stream-Anschlägen
Exklusive Aufnahmen aus dem Boot: RTL-Reporter finden die Sabotage-Yacht
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von Lukas Wilhelm und Tom Kollmar
Im September wurden die beiden Pipelines Nord-Stream 1 und 2 durch gezielte Sprengungen zerstört. Laut Medienberichten sollen sechs Personen mit einer Segelyacht und Sprengstoff die Täter gewesen sein. RTL hat das Schiff gefunden. Die exklusiven Aufnahmen können Sie im Video sehen.
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Die Yacht liegt gut versteckt auf einem stillgelegten Militärhafen auf Rügen
Besser kann man eine 15 Meter lange und mit Mast 25 Meter hohe Segelyacht nicht verstecken. Kilometerlang führt eine Landstraße in Richtung der „Andromeda“ in den abgelegensten Teil der Ostseeinsel Rügen, doch plötzlich ist Schluss. Ein Tor versperrt den Weg auf einen stillgelegten Militärhafen, den damals die NVA errichtet hat.
Für neugierige Besucher und Urlauber ist hier eigentlich kein Durchkommen. Doch ein Mitarbeiter der Charterfirma, der die Andromeda gehört, schließt uns das Tor auf. Früher prangte in der Mitte des Eisengerüstes das Logo der NVA, heute ist hier ein Loch. Hinter uns wird erneut zugeschlossen. Wieder fahren wir lange über holprige Straßen, rechts sind Schützengräben zu sehen. Viele verlassene Lagerhallen stehen auf dem Gelände, alle sind zugewuchert und verfallen. Die Natur holt sich Stück für Stück ihr Gebiet zurück.
Als die Ostsee zu sehen ist, endet die Straße. Durch Bäume und Sträucher kann man die Andromeda erkennen. Das Schiff, welches Geschichte geschrieben hat, liegt auf dem Trockenen, aufgebockt auf roten Metallstützen, von denen der Lack abblättert.
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Im Winterlager steht nur die mutmaßliche Sabotage-Yacht
Der alte Militärhafen dient der Charterfirma als Winterlager. Alle „großen Schiffe“, so sagt es uns ein Mitarbeiter, stehen im Winter hier. Die Andromeda ist eine Bavaria Cruiser 50, bis zu 11 Personen können mit ihr segeln und darauf schlafen. Die Charterfirma hat viele baugleiche Schiffe, doch im Winterlager ist nur noch die mutmaßliche Sabotageyacht zu sehen.
Benannt wurde sie nach einer Figur aus der griechischen Mythologie. Und ähnlich wie die mythologische Figur ist auch das Schiff Andromeda in einen echten Krimi verstrickt.
Auf der Betonfläche, wo die NVA früher ihre Militärboote lagerte und zu Wasser ließ, steht die Andromeda alleine. Der Grund dafür sind die Ermittlungen des Bundeskriminalamtes. Nach RTL/ntv-Informationen war das BKA drei Tage auf dem Schiff um Spuren zu sichern. Dabei entdeckten sie wohl auch Sprengstoffrückstände auf dem Tisch im Inneren der Yacht.
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Die Yacht wurde nach der mutmaßlichen Sabotagefahrt nicht mehr vermietet
Dass die Ermittler Spuren von Sprengstoff gefunden haben, liegt vermutlich daran, dass die Yacht nach der mutmaßlichen Sabotagefahrt nicht mehr vermietet wurde. Es gab keine Buchungsanfragen. Anschließend ging es ins Winterlager, wo die Andromeda auf ihre nächsten Einsätze im Frühling wartete. Bis die Ermittler des BKA kamen.
Laut Medienberichten sollen die beiden Pipelines Nord-Stream 1 und 2 mit vier Sprengsätzen mit bis zu 500 Kilo Sprengstoff zerstört worden sein. Um die Route nachvollziehen zu können, bauten die Ermittler die Navigationselektronik aus – inklusive GPS.
Dies könnte entscheidende Hinweise liefern, die bislang nicht öffentlich bekannt sind. Größere Schiffe müssen über ein AIS-System verfügen, womit ihre Koordinaten nachvollzogen werden können. Allerdings gilt dies nicht für eine Bavaria Cruiser 50 mit 15 Metern Länge.
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Wenig Komfort, aber viel Platz auf dem 250.000 Euro-Schiff
Da der Andromeda wichtige Elektronik fehlt, ist sie zur Untätigkeit verdammt. Fraglich, ob sie aber auch voll funktionsfähig im Wasser liegen würde. Hier im alten Militärhafen auf Rügen ist sie vor neugierigen Blicken gut versteckt. Anders wäre das, wenn sie im Hafen in Rostock ankern würde. Von dort sollen die sechs mutmaßlichen Täter gestartet sein.
Im Inneren bietet das Schiff zwar für den Neupreis von über 250.000 Euro wenig Komfort, dafür aber erstaunlich viel Platz. Sechs Kabinen gibt es, dazu vier Badezimmer und eine kleine Küche mit angrenzendem Tisch.
Das Interieur ist komplett in Holz gehalten, die Betten und die Bänke am Tisch haben blaue Bezüge. Die Andromeda ist über 10 Jahre alt, der Inneneinrichtung sieht man das durchaus an.
Sollten die mutmaßlichen Täter wirklich mit ihr in Richtung der Pipelines aufgebrochen sein, wird ihnen die Inneneinrichtung herzlich egal gewesen sein. Schwieriger wird es allerdings, bis zu zwei Tonnen Sprengstoff, Verpflegung und Tauchausrüstung auf dem engen Schiff unter zu bekommen. Immerhin von der Nutzlast könnte die Andromeda das alles transportieren.
Der Verleih-Firma kam die Buchung im September komisch vor
Der Verleih-Firma kam die Buchungsanfrage schon im September komisch vor. Gemietet wurde die Yacht für einen ganzen Monat. Im Sommer würde dies durchaus vorkommen – allerdings nicht im Herbst. Wer im windigen und nassen September ein Segelschiff an der Ostsee mietet, macht das gewöhnlich nur für eine Woche, um eine besonders raue und herausfordernde See zu erleben.
Welche Rollte die Andromeda und ihre Crew bei der Sprengung der Pipeline genau gespielt haben, ist noch unklar. Denkbar wäre auch, dass mit dem Schiff eine falsche Fährte gelegt werden sollte. Angeblich wurde das Boot von einer Firma angemietet, die Spuren in die Ukraine legt. Fakt ist: Die 15-Meter-Yacht hat Geschichte geschrieben.
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