Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Muezzin-Ruf Muezzin ruft erstmals in Köln: Aber was ruft er eigentlich?

An der Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union Ditib in Köln hat am Freitag erstmals ein Muezzin über zwei Lautsprecher zum Gebet gerufen. Der Ruf dauerte weniger als fünf Minuten und war nur in unmittelbarer Nähe der Moschee zu hören. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hörte man nichts mehr. Unser Reporter Jan Heickrodt war vor Ort und berichtet im Video.
Für manche Menschen fühlt sich so ein Ruf fremd an, unter anderem auch, weil der Muezzin nicht in deutscher Sprache ruft. Wir beantworten daher die wichtigen Fragen rund um den Muezzin-Ruf in deutschen Moscheen.

Demonstration: „Kein Muezzin-Ruf in Köln! Der öffentliche Raum sollte weltanschaulich neutral sein“

Einige Menschen demonstrierten gegenüber der Moschee mit Sprechchören und Transparenten gegen den Muezzin-Ruf und die Unterdrückung von Frauen im Iran. Eines ihrer Transparente trug die Aufschrift: „Kein Muezzin-Ruf in Köln! Der öffentliche Raum sollte weltanschaulich neutral sein.“ Ermöglicht hatte den Ruf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die parteilose Politikerin ist der Ansicht, dass der Ruf den Muslimen aufgrund der im Grundgesetz verbrieften Freiheit der Religionsausübung nicht verweigert werden kann.

Abdurrahman Atasoy, stellvertretender Vorsitzender im Ditib-Bundesverband, sagte, man sei „sehr glücklich“ über den mit der Stadt Köln geschlossenen Vertrag. „Der öffentliche Gebetsruf ist ein Zeichen für die Beheimatung der Muslime“, sagte er. Aus „unsichtbaren und usseligen Hinterhofmoscheen“ hätten sie es nun in die Mitte der Gesellschaft geschafft.

Das müssen Sie über den Muezzinruf wissen

Was ist ein Muezzin?

Der Muezzin ist ein Ausrufer, der die Muslime zum Gebet ruft. Er ist kein Geistlicher. Er ruft die muslimische Gemeinde fünfmal täglich zu bestimmten Uhrzeiten zum Beten in die Moschee.

Was ruft der Muezzin eigentlich?

Der islamische Gebetsruf „Adhan“ erfolgt in arabischer Sprache. Die Textverse mit Wiederholungen heißen übersetzt „Gott (Allah) ist groß“, „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott“, „Ich bezeuge, dass Mohammed der Gesandte Gottes ist“, „Kommt zum Gebet“, „Kommt zum Heil“, „Gott ist groß“, „Es gibt keine Gottheit außer Gott“.

Gibt es andere Städte, in denen der Muezzin ruft?

Die Ditib-Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ist nicht das erste muslimische Gotteshaus in Deutschland, von dem aus der Muezzin zum Gebet ruft. In rund 30 Moscheegemeinden ist das bereits üblich, beispielsweise in Krefeld, im hessischen Raunheim oder in Oer-Erkenschwick am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. In Düren ruft der Muezzin sogar schon seit 1984. Vielerorts, etwa in München, Hannover oder Frankfurt am Main, rief er zeitweise während des ersten Corona-Lockdowns als Ersatz für Gottesdienste.

Im Oktober 2021 startete Köln ein Modellprojekt für Moscheegemeinden, die per Lautsprecher zum Gebet rufen wollen. Die Ditib-Gemeinde ist nun die erste in der Domstadt, die einen entsprechenden Vertrag mit der Stadt geschlossen hat. Das Projekt ist vorerst auf zwei Jahre befristet.

Gibt es deutschlandweit einheitliche Vorgaben für den Ruf?

Nein. In Köln ist er zum Beispiel freitags zwischen zwölf und 15 Uhr erlaubt und darf maximal fünf Minuten dauern. In Düren darf der Muezzin drei Mal täglich rufen, in Raunheim nur freitags vier Minuten lang. Während des Fastenmonats Ramadan ruft er in Raunheim ebenfalls täglich. Die Geräuschobergrenzen sind von Ort zu Ort unterschiedlich.

In Oer-Erkenschwick ist der Muezzinruf freitags zwischen zwölf und 14 Uhr für maximal 15 Minuten erlaubt. Dort klagte ein Anwohnerehepaar dagegen, weil es sich in seiner freien Religionsausübung eingeschränkt sah. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht wies die Klage aber im Jahr 2020 ab. Es gebe „kein Recht darauf, von anderen Glaubensbekundungen verschont zu bleiben“, hieß es in der Begründung (AZ.: 8 A 1161/18). (dpa/epd/eku)

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