Mediziner erklärt, wie Eltern ihre Kinder schützen können

Nach Streptokokken-Infektion! Jugendlicher aus Münster stirbt an Blutvergiftung

ARCHIV - Ein Stethoskop und Kinderspielzeug liegen am 23.08.2016 in einer Kinderarztpraxis in Berlin Spandau auf einem Tisch.  (zu dpa «Ein Jahr Kinderarzt-Bereitschaft: Erfolgsmodell oder Reinfall?» vom 16.10.2017) Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Streptokokken-Infektionen gehören zu den häufigsten bakteriellen Infektionen im Kindesalter (Symbolbild).
ped fdt rho, dpa, Britta Pedersen

Nachdem die Fälle von Streptokokken-Infektionen in den letzten Monaten unter anderem in Großbritannien enorm anstiegen, gibt es nun auch immer mehr Fälle in Deutschland. In Münster ist jetzt ein Jugendlicher nach einer Streptokokken-Infektion an einer Blutvergiftung (Sepsis) gestorben. Wie können Streptokokken zu einer Sepsis führen? Und wie können Eltern ihre Kinder schützen? Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht schätzt die Lage ein.
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Zu wenig Penicillin verfügbar?

Wie die „Westfälischen Nachrichten“ berichten, sei der Jugendliche an einer rasend schnell verlaufenden Streptokokken-Sepsis (Blutvergiftung) verstorben. Kinderarzt und Sprecher des Kinder- und Jugendärztenetzes Münster Pedro Andreo Garcia hatte bereits zuvor kritisiert, dass Streptokokken-Testungen nicht in ausreichendem Maße stattfänden. Auch das zur Behandlung so notwendige Penicillin stünde in Münster nicht ausreichend zur Verfügung.

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Invasive Streptokokken-Form verbreitet sich im ganzen Körper

Wie essentiell die Behandlung mit Penicillin sei, betont auch Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht im Interview mit RTL. Gerade in Anbetracht der aktuell gestiegenen Fälle würde er eine Streptokokken-Infektion immer mit Penicillin behandeln, erklärt der Mediziner.

Warum das so wichtig ist? Normalerweise verursachen A-Streptokokken eine lokale Entzündung im Hals-Rachenbereich. Die sei zwar unangenehm und könne Scharlach auslösen, sei aber gut mithilfe von Antibiotika behandelbar.

Das Gefährliche: „Seit 2016 gibt es speziell in England und Wales eine hohe Inzidenz von einer sogenannten invasiven Streptokokken-Erkrankung“, erklärt Specht. Diese Streptokokken seien besonders geeignet dafür, sich nicht nur lokal zu verbreiten, sondern systemisch in den ganzen Körper einzudringen und dort eine Blutvergiftung (Sepsis) zu verursachen.

„Sepsis bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass von einer lokalen Infektion ausgehend Bakterien in den Blutkreislauf gelangen“, so der Mediziner weiter. Habe man beispielsweise eine Nierenbeckenentzündung, seien die Bakterien im Nierenbecken – das allein sei unangenehm, aber nicht lebensbedrohlich. „Wenn aber diese Bakterien aus dem Nierenbecken, aus dem Gewebe herauswandern und die Blutgefäße durchdringen können, dann ist der Teufel los“, so Specht.

Der Grund: Diese Bakterien können sich dann wunderbar im Blutstrom vermehren können und innerhalb von wenigen Stunden dramatische Folgen verursachen. In diesem Fall käme es zu einer Sepsis.

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Der Beginn einer invasiven Streptokokken-Welle in Deutschland?

Diese invasive Form vermutet Specht nun auch bei dem Jugendlichen aus Münster. „Das kommt hin und wieder vor, aber recht selten“, erklärt der Mediziner. „Ich habe mich eigentlich gewundert, warum wir das seit 2016 nur in England sehen und nicht hier.“ Woran das liege, wisse man bisher nicht. „Jetzt könnte es natürlich sein, dass das tatsächlich hierüberschwappt.“

Specht hofft, dass dies nicht der Anfang einer invasiven Streptokokken-Welle in Deutschland sei, dennoch unterstreiche der Fall nur noch einmal, wie wichtig es sei, Streptokokken frühzeitig mit Penicillin zu behandeln, damit die lokale Entzündung schnell bekämpft werde und es nicht zu einer Sepsis kommen könne. Denn auch wenn eine Blutvergiftung extrem selten sei, schreite diese innerhalb von wenigen Stunden voran. „Sie können bei einer Sepsis am Morgen munter herumlaufen und am Abend sind Sie tot“, warnt der Mediziner.

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Im Video: Was ist Scharlach und wie kann man ihn behandeln?

Wie können Eltern ihre Kinder schützen?

Specht rät Eltern darum, bei ersten Symptomen einer Streptokokken-Infektion einen Arzt aufzusuchen und auf eine Penicillin-Behandlung zu bestehen. „Das ist nichts, wo ich sagen würde, das lassen wir laufen.“

Klassische Scharlach-Symptome seien:

  • Hals-Rachen-Entzündung

  • Himbeerzunge

  • Fieber

  • Kopf- und Gliederschmerzen

  • Abgeschlagenheit

  • Schluckbeschwerden

  • Hautausschlag (kommt zwei bis drei Tage später hinzu)