Nach Olympia-EklatModerner Fünfkampf: Wie sich eine Sportart selbst brutal zerlegt - Verschwörung gegen den Verband?

 210806 -- TOKYO, Aug. 6, 2021 -- Annika Schleu of Germany reacts in the riding portion of the women s individual of Modern pentathlon, moderner Fünfkampf at Tokyo 2020 Olympic Games, Olympische Spiele, Olympia, OS in Tokyo, Japan, Aug. 6, 2021.  TOKYO2020JAPAN-TOKYO-OLY-MODERN PENTATHLON DaixTianfang PUBLICATIONxNOTxINxCHN
Annika Schleu erlebt bei den Olympischen Spielen ein Drama im Modernen Fünfkampf.
www.imago-images.de, imago images/Xinhua, Dai Tianfang via www.imago-images.de

Kritik, Vorwürfe, Rücktrittsforderung: Nach dem beschlossenen Aus des Reitens ist im Modernen Fünfkampf ein ungewöhnlich heftiger Streit entstanden. Aktive und frühere Fünfkämpfer kritisieren die Führung der Union Internationale de Pentathlon Moderne (UIPM) wegen der Regeländerung und wollen einen neuen Vorstand. Doch der deutsche Präsident Klaus Schormann denkt nicht daran und will stattdessen seine 28 Jahre währende Amtszeit noch verlängern. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur, es gebe Personen, die die Verbandsführung "beschädigen wollen".

Wir haben die Namen überprüft"

Nach Angaben des Branchendienstes "Inside the Games" haben mehr als 650 ehemalige und gegenwärtige Fünfkämpfer ein "Misstrauensvotum" an den Vorstand geschickt. Sie seien "schockiert über die Entscheidung des UIPM-Vorstands, die Disziplin Reiten abzuschaffen", zitiert der Branchendienst aus dem Brief. "Ohne seine Athleten und Mitgliedsverbände zu konsultieren, hat der Vorstand 109 Jahre Modernen Fünfkampf untergraben."

Die Forderungen sind eindeutig. "Die Handlungen des derzeitigen Präsidenten und des Vorstands zeigen, dass wir einen neuen Vorstand brauchen, der in der Lage ist, die langfristigen Interessen des Sports zu planen, sich für seine Athleten einzusetzen und seinen Platz bei den Olympischen Spielen zu schützen."

Schormann bestätigte die Rücktrittsforderung, wies sie aber zurück. "Wir haben die Namen überprüft", sagte Schormann. Zweidrittel seien "keine Athleten", und ein anderer Teil seien "Athleten, die seit mehr als zehn Jahren keinen Modernen Fünfkampf betreiben. Nur eine sehr kleine Gruppe hat eine UIPM-Lizenz" und nehme an Wettkämpfen teil, sagte der Präsident. Ungefähr 95 Prozent der Namen "sind nicht bei der UIPM registriert und, wie wir von unseren Mitgliedsnationen erfuhren, auch nicht bei ihnen."

RTL-Expertin: Sie hatte keine Chance

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"Es ist die richtige Entscheidung"

Swen Pförtner
Präsident des Weltverbandes Moderner Fünfkampf: Klaus Schormann.
deutsche presse agentur

Schormann erhob seinerseits Vorwürfe gegen die Kritiker und berichtete von Mails "von früheren Athleten, die auf der Liste stehen. Diese teilten mit, dass sie nicht gefragt wurden. Ihre Namen wurden einfach eingesetzt." Der 75 Jahre alte Funktionär kämpft und will trotz der "Revolte", wie das französische Fachmagazin "L'Equipe" es nennt, im Amt bleiben. Ende des Monats tritt Schormann zur Wiederwahl an. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht.

Unterstützung für die Ankündigung, das Reiten aus dem Programm zu nehmen, erhielt Schormann vom Präsident des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf. Es sei die "richtige Entscheidung", sagte Michael Scharf der "Sportschau." Der Plan des Weltverbands ist die Konsequenz eines Eklats bei den Sommerspielen in Tokio. Die deutsche Athletin Annika Schleu hatte auf Goldkurs liegend unter Tränen versucht, das ihr zugeloste Pferd mit Gerte und Sporen zurück in den Parcours zu bringen. Bundestrainerin Kim Raisner hatte sie dazu mit einem umstrittenen Zuruf ("Hau drauf, hau richtig drauf!") animiert.

Welche Sportart das Reiten ersetzt, soll eine Innovationskommission festlegen. Ursprünglich galt Radsport als favorisiert, für Schormann ist das aber keine Alternative. "Es darf nichts mit physischer Belastung sein, denn wir haben ja schon Schwimmen und Combined", verkündete Schormann. Die Änderung wird allerdings erst nach den Olympischen Spielen 2024 in Paris in Kraft treten. (tno/dpa/sid)