Missbrauchsskandal in Spandauer Kitas
Kinderschutz wichtiger als Datenschutz! Kita-Chef fordert mehr Befugnisse
Albtraum für Eltern in Berlin-Spandau
Es ist der Albtraum aller Eltern: In der Kita des eigenen Kindes kommt es zu Vorfällen von Kindesmissbrauch. Genau dieser Albtraum soll in Berlin-Spandau Realität geworden sein. Viele Eltern sind wütend und machen der Einrichtung schwere Vorwürfe. Kitaträger Thomas Scheunemann wiederum kritisiert Einschränkungen durch die Behörden und fordert nun mehr Befugnisse für die Kitas.
„Datenschutz ist wichtig, Kinderschutz ist mir persönlich wichtiger"
Aktuell sei es für die Kitas kaum möglich an Informationen über Erzieher zu kommen. „Datenschutz ist wichtig, Kinderschutz ist mir persönlich wichtiger“, sagt Scheunemann gegenüber RTL. „Wir tappen im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln.“
Im Spandauer Fall soll es gegen den Tatverdächtigen bereits in der Vergangenheit Ermittlungen wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs gegeben haben. Diese wurden damals allerdings eingestellt. Im polizeilichen Führungszeugnis, das der Erzieher der Kita vor seiner Anstellung vorlegen musste, befand sich kein Eintrag.
Kontakt zu den vorherigen Arbeitgebern des Mannes aufzunehmen, sei der Kita nicht möglich gewesen, da dieser über eine Leiharbeitsfirma angestellt gewesen sei, sagt Scheunemann. „Dass wir über eine Person, die ja offenbar schon einschlägig aufgefallen ist, nichts wissen – so eine Situation möchte ich nie wieder erleben“, so der AWO-Kreisvorstand.
Berliner Polizei durchsucht Wohnung des Tatverdächtigen
Die Polizei hat mittlerweile die Wohnung des Tatverdächtigen durchsucht. Bislang konnte allerdings kein belastendes Material sichergestellt werden. Die Staatsanwaltschaft sei aktuell noch nicht an dem Punkt, an dem Anklage erhoben werden könnte.
„Erst wenn der Sachverhalt aufgeklärt worden ist, muss entschieden werden, ob Anklage zu erheben ist oder das Verfahren einzustellen ist“, erklärt Martin Stelltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin. „Aber so weit sind wir noch lange nicht.“
Es seien rund 30 Anzeigen gegen den Erzieher bei der Staatsanwaltschaft eingegangen, so Stelltner, der bestätigte, dass der Beschuldigte bereits in der Vergangenheit ins Visier der Polizei geraten war: „Es gab in der Vergangenheit bereits Ermittlungen in ähnliche Richtungen“, so der Sprecher. „Jetzt müssen wir abwarten, was unsere Ermittlungen hier ergeben.“
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Nach Missbrauchsvorwürfen: Kitas vorerst geschlossen
Der Tatverdächtige wurde in den Kitas offenbar in vier verschiedenen Gruppen eingesetzt. Es sei allerdings nicht auszuschließen, dass er möglicherweise auch außerhalb dieser Gruppen übergriffig wurde.
Wahrscheinlich hatte der mutmaßliche Täter auch alleine Kontakt zu verschiedenen Kindern. "Aus den Schilderungen der Eltern könnte man das annehmen, konkrete Verhöre oder Informationen vom LKA haben wir dazu noch nicht“, erklärt Scheunemann.
Wann erstmals Hinweise von Eltern an die Kita herangetragen wurden, sei ihm derzeit nicht bekannt, so der Kita-Träger. Scheunemann habe Eltern gebeten, ihm diese Informationen mitzuteilen, bislang habe sich jedoch noch niemand gemeldet.
Die betroffenen Kitas Feldhäuschen und Wundertüte sind aktuell geschlossen. Laut Scheunemann müsse das Personal derzeit psychologisch betreut und gecoacht werden. Mehrere Erzieher seien in den letzten Tagen von Eltern bedrängt worden und hätten sich „massiver Vorwürfe“ erwehren müssen.(jda)