Kleiner Tipp mit großer Wirkung

Endlich finanzielle Entlastung für Angehörige? Gesundheitsministerium verrät, wie Sie an 2.418 Euro extra kommen

ARCHIV - Eine junge Frau hält am 15.02.2011 die Hände einer alten Frau, die in einem Rollstuhl in einem Seniorenheim sitzt. Die gesetzliche Darlehensregelung für pflegende Angehörige, die berufstätig sind, ist nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz gescheitert. (zu dpa «Stiftung: Pflegedarlehen funktionieren nicht» vom 27.01.2018) Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bei der Pflege von Angehörigen sollten Familien ganz genau auf das Geld achten, das ihnen zusteht.
ppl aen axs fpt jai fgj, dpa, Patrick Pleul
von Lauren Ramoser

Die Pflege Angehöriger ist für die meisten betroffenen Familien eine große psychische und finanzielle Belastung. Und die Geldsorgen entstehen im bürokratischen Kreuzfeuer zwischen Pflegekassen und Bundesgesundheitsministerium. Wir verraten, wie Sie dennoch an die 1.612 Euro der Verhinderungspflege kommen.
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Finanzielles Problem: Geld für die Verhinderungspflege geht an die Falschen

Die Verhinderungspflege ist als Entlastung für die pflegenden Angehörigen gedacht. Bis zu sechs Wochen im Jahr kann so ein Pflegedienst oder auch andere Angehörige und Freunde die Pflege übernehmen. Die Pflegekasse stellt dafür jährlich 1.612 Euro zur Verfügung. Doch die Sache hat einen großen Haken!

Denn Angehörige bekommen dieses Geld nicht. Statt der 1.612 Euro plus Zulage durch das Entlastungsgeld, bekommen sie nur einen Bruchteil, der sich aus der Höhe des Pflegegeldes errechnet. Die AOK zitiert in einem Statement an RTL eine Ausführung des Bundesgesundheitsministeriums: „Familie und Angehörige stehen in einem anderen Verhältnis zum Pflegebedürftigen, [durch] Familienbande und moralische Verpflichtung, Pflegegeld ist keine „Vergütung“ sondern Anerkennung.“ Die Entscheidung darüber liegt aber letztlich nicht bei den Kassen, sondern bei der Politik.

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Und auf RTL-Nachfrage erklärt das Bundesgesundheitsministerium, wie Familien mithilfe eines Tricks eben doch an dieses Geld für die geleistete Pflege kommen. Kümmert sich ein Familienmitglied, „sind die Aufwendungen grundsätzlich auf den Betrag des Pflegegeldes der festgestellten Pflegestufe beschränkt.“

Doch dann kommt das große Aber: „Es kann jedoch auf Nachweis eine Kostenerstattung bis zu 1.612,- Euro erfolgen, wenn der Ersatzpflegeperson notwendige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ersatzpflege, wie beispielsweise Fahrkosten oder Verdienstausfall, entstanden sind.“ Auch hier greift die Aufstockungsmöglichkeit auf insgesamt bis zu 2.418,- Euro im Kalenderjahr.

  • Heißt konkret: Familien müssen nachweisen, dass sie für die Pflege des Angehörigen zeitweise nicht arbeiten gehen konnten oder eine weitere Anreise hatten.

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Warum keinen Pflegedienst beauftragen?

Wenn Familien die Pflege ihrer Angehörigen nicht leisten können oder wollen, stellen die Pflegekassen den Kontakt zu verschiedenen Pflegediensten her. Deren Leistungen können auch mit dem Geld aus der Verhinderungspflege verrechnet werden. Allerdings sind die Stunden- und Tagessätze hoch, das Geld also für vergleichsweise wenige Tage schnell ausgeschöpft.

Und dann müssen die Familien selbst für die Kosten der Pflege aufkommen und das ist für viele finanziell gar nicht machbar. Das Bundesgesundheitsministerium verrät aber einen Tipp, mit dem Angehörige leicht viel Geld sparen können: „Die Pflegekassen stellen auf Anfrage kostenfrei Leistungs- und Preisvergleichslisten zur Verfügung, die einen Überblick über die zugelassenen Pflegeeinrichtungen (ambulant, teil- und vollstationär) in der Region und über die von diesen angebotenen Leistungen und deren Kosten geben.“

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Auch für die Pflegekassen ist die Pflege von Pflegebedürftigen durch deren Angehörige ein Sparmodell. Das erkennen auch einige Pflegekassen an. Die BKK schreibt in einer Mail an RTL: „Zweifellos benachteiligt diese Regel pflegende Angehörige. Denn sie stützen das Pflegesystem insgesamt.“

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Überraschende Antwort des Gesundheitsministeriums

Warum wird also nicht die finanzielle Lage für die doch so wichtigen pflegenden Angehörigen verbessert? Das Bundesgesundheitsministerium gibt eine überraschende Antwort:

„Im aktuellen Koalitionsvertrag ist vereinbart, Leistungen wie die Kurzzeit- und die Verhinderungspflege in einem transparenten und flexiblen Entlastungsbudget mit Nachweispflicht zusammenzufassen, um die häusliche Pflege zu stärken.“

Eine Vereinfachung für pflegende Angehörige ist also in Planung, doch wie soll die in der Praxis aussehen? „Über die konkrete Ausgestaltung eventueller gesetzlicher Regelungen wie auch deren Inkrafttreten wird jedoch noch zu beraten und zu entscheiden sein“, schreibt das Ministerium auf Anfrage.

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Wann es für Angehörige also finanziell leichter wird, die psychisch belastende Pflege ihrer Angehörigen zu übernehmen, steht noch nicht fest. Dass aber eine Stärkung der häuslichen Pflege kommen soll, macht den Betroffenen Hoffnung.