Demokratisch, sozialistisch - und sexistisch?
#LinkeMeToo: Sexismus-Skandal bei der hessischen Linkspartei
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Die Linke ist unter Druck. Und das nicht nur wegen der schlechten Wahlergebnisse der letzten Bundestagswahl. Jahrelang soll es in der Partei zu sexuellen Übergriffen gekommen sein, wie der „SPIEGEL“ berichtet. Der Aufschrei ist groß. Kritisiert wird auch der Umgang der Partei mit den Vorwürfen. Es ist von „Machokultur“ und „Machtmissbrauch“ die Rede. Zwei junge Frauen wollen nicht länger schweigen und gehen schon vor Monaten über soziale Netzwerke an die Öffentlichkeit, allerdings ohne Beweise vorzulegen. Unter dem Hashtag #LinkeMeToo erheben immer mehr Betroffene ihre Stimme – auch die Parteivorsitzende Janine Wissler steht unter Druck. Mehr im Video.
Hass für die Linksjugend
Sarah Dubiel, Sprecherin der Jugendorganisation der Linken Solid, spricht, twittert, postet online über den Skandal und fordert Aufklärung. Seitdem schlägt ihr der Hass entgegen – auch aus der eigenen Partei.
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Mittlerweile haben sich über 50 Betroffene bei Sarah gemeldet. „Es geht um sexuelle Belästigung, es geht teilweise echt um Übergriffe bis zur Vergewaltigung“, so Sarah im RTL-Interview. Dass die Zahl der Betroffenen noch steigen wird, davon ist Sarah überzeugt: „Es werden immer mehr, die sich da melden, was auch daran liegt, dass jetzt eine Öffentlichkeit da ist.“
"Nehmen die Anschuldigungen ernst"
Die Partei soll bereits Ende November 2021 Kenntnis von den Vorwürfen gehabt haben. Nach dem erschienenen Artikel im „SPIEGEL“ äußerte sich der geschäftsführende Landesvorstand am vergangenen Freitag in Wiesbaden: "Wir nehmen die aufgeworfenen Anschuldigungen sehr ernst." Die Partei habe bereits damit begonnen, die Vorwürfe „auf allen Ebenen aufzuarbeiten". Sarah und einige andere Parteimitglieder haben einen internen Brief zu den Vorwürfen geschrieben. In diesem Brief ist auch von einem Mitglied im Landesvorstand die Rede, der nach der Meinung der Verfasser der Partei massiv schade. „Der Rücktritt wäre angemessen und dann wurde uns mit dem Rausschmiss gedroht aus der Partei", so Sarah weiter.
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Was wusste Janine Wissler?
Einer der Beschuldigten soll sogar der ehemalige Lebensgefährte der Bundesparteivorsitzenden Janine Wissler sein. Adrian G. arbeitet für die Linken-Fraktion im hessischen Landtag. 2018 und 2019 soll er, nach Informationen des „SPIEGELs“ eine damals noch minderjährige Genossin sexuell unter Druck gesetzt haben. Sie beschuldigt ihn, dass er sie beim Sex gefilmt habe.
In einer Stellungsnahme gab Janine Wissler zu, dass sie eine der beiden betroffenen Frauen kenne. Diese habe sie 2018 kontaktiert und ihr mitgeteilt, dass sie ein sexuelles Verhältnis mit Adrian G. hatte. „Am 23. August 2018 leitet sie mir eine E-Mail weiter, die belegte, dass dieses Verhältnis entgegen anderslautender Versicherungen meines damaligen Partners fortbesteht. Daraufhin telefonierten wir miteinander. In keinem dieser Kontakte wurde der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs oder der sexuellen Gewalt erhoben. Sie hat mich auch nicht um Hilfe gebeten. Das letzte Mal hatten wir am 7. September 2018 Kontakt, seitdem hatte ich bis zum Jahreswechsel 2021/2022 nie wieder von ihr gehört“, so Wissler in der Stellungnahme weiter. Sie selbst habe die Beziehung zu Adrian G. beendet, nachdem sie von seinem sexuellen Verhältnis zu einer anderen Frau erfahren habe.
Die Bundesvorsitzende betonte weiter, dass sie die Vorwürfen von sexueller Belästigung, sexueller Gewalt und Missbrauch sehr ernst nehme und auch sofort gehandelt habe, als sie von den Vorwürfen gehört habe. Bei der Aufklärung der Vorwürfe sollen nun unabhängige Vertrauenspersonen helfen. "Was wir intern klären müssen ist, wie wir Strukturen schaffen, dass so etwas nicht vorkommen kann“, so der Sprecher der hessischen Linken, Michael Erhardt im Interview mit RTL. „Und was wir aber eben auch zusätzlich brauchen ist im Prinzip Strukturen, die gegen toxische Männlichkeit im Vorfeld angehen."
Staatsanwaltschaft stellt ein Ermittlungsverfahren ein
Wie mittlerweile bekannt ist, hatte auch die Staatsanwaltschaft Wiesbaden in der Vergangenheit in verschiedenen Zusammenhängen mehrere Ermittlungsverfahren gegen Vertreter der Linken aufgenommen. In einem der Fälle sei es um Vorwürfe der sexuellen Gewalt gegangen, so ein Sprecher der Anklagebehörde am Dienstag. Allerdings seien sämtliche Verfahren, die jeweils auf Anzeigen zurückgingen, wieder eingestellt worden, da kein hinreichender Tatverdacht festgestellt werden konnte. Derzeit gebe es keine neuen Anzeigen oder Verfahren.
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Krisensitzung bei der Linken
Die Vorwürfe haben nun auch den Bundesvorstand aufgerüttelt. Wie ein Parteisprecher der Deutschen Presse-Agentur mitteilt, kommen an diesem Mittwochabend alle 44 Vorstandsmitglieder in einer Schaltkonferenz zusammen, um über das weitere Vorgehen zu bereiten. Zuvor hatten die Düsseldorfer „Rheinische Post“ und der Bonner „General-Anzeiger“ über die Einberufung der Sondersitzung berichtet. Der Bundessprecher der Jugendorganisation der Linken, Jakob Hammes, forderte auf Twitter, sich nicht zu viel Zeit bei der Aufklärung zu lassen. Sonst gebe es bald keine Partei mehr, „in der man was aufklären könnte.“ Ohne einen ernsten feministischen Umbruch sei die Linke politisch am Ende und das zurecht, so Hammes. (dpa/dgö)
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