Überraschungssieger und herbe EnttäuschungenLGBTIQ+-Urlaub: Das sind die sichersten und gefährlichsten Länder 2023

Gay couple kissing on lookout above the city with view to the port, Barcelona, Spain || Modellfreigabe vorhanden
Urlaub als schwules Paar: in manchen Ländern top, in anderen gefährlich
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Bevor wir unsere Koffer packen, ist es für uns alle ratsam, ein paar Informationen über unser Reiseziel zu sammeln, um sicher zu bleiben. Doch wo das für viele nur heißt, sich vor Langfingern und Taschendieben zu schützen, geht es für manche um deutlich mehr. Denn längst nicht jedes Urlaubsland ist etwa Schwulen, Lesben oder Transpersonen freundlich gesinnt. Der „Gay Travel Index“ gibt jährlich einen Überblick, wohin die LGBTIQ+-Community sicher reisen kann, welche Regionen gefährlich sind und wie es generell um Rechte für Minderheiten steht. Christian Knuth ist einer der Hauptverantwortlichen hinter dem Projekt und erklärt, welche Überraschungen das Ranking von 2023 bereithält – sowohl positive als auch negative…

Ein schwuler Reise-Index - wofür braucht es das?

Bereits in den 1970ern entstand der „Spartacus Gay Guide“, um schwulen Männern in Sachen Reisen Tipps, aber auch Warnhinweise zu geben – schließlich war Homosexualität damals selbst in Deutschland noch strafbar. Seit zehn Jahren liefert der Gay Travel Index in Tabellenform einen kompakten Überblick über die Lage in der Welt. Ein Punktesystem bewertet die wichtigsten Kriterien, zum Beispiel: Ist Homosexualität illegal oder gibt es Gesetze gegen Diskriminierung? Wie groß ist der religiöse Einfluss? Wie sind die Rechte von Trans- und Inter-Personen? Gibt es die Ehe für alle oder werden Menschen verfolgt, sind vielleicht sogar von der Todesstrafe bedroht? Dabei geht es inzwischen lange nicht mehr nur darum, Betroffene zu informieren, sondern auch um Sichtbarkeit und darum, auf diskriminierende Regierungen Druck auszuüben.

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Malta auf Platz eins – Kolumbien Geheimtipp

In der Altstadt von Valletta an einer Promenade.
Malta hat nicht nur die tolle Hauptstadt Valletta zu bieten, sondern auch die höchste Sicherheit für LGBTIQ+-Menschen auf Reisen
Micha Korb, picture alliance

Auf Platz eins steht dieses Jahr Malta: Der Inselstaat im Mittelmeer ist das queerfreundlichste Reiseziel 2023, gefolgt von Kanada auf Platz zwei. Der größte Gewinner ist allerdings ein anderes Land: „Die meisten Fortschritte hat es in der Schweiz gegeben – von Platz 14 auf zwei, das ist ein gewaltiger Sprung. Dort wurden die Ehe für alle und das Adoptionsrecht eingeführt, außerdem ein Selbstbestimmungsgesetz für Trans- und Inter-Personen“, erklärt Christian Knuth.

Deutschland liegt gemeinsam mit Island, Spanien und Großbritannien auf Rang neun. Etwas weiter drunter auf Platz 13, also immer noch im grünen Bereich, findet sich – gemeinsam mit Argentinien – Kolumbien, laut Knuth „inzwischen ein kleiner Geheimtipp der queeren Community“. Generell sei für viele überraschend, wie gut es in Südamerika inzwischen aussieht, weil sie Drogenüberfälle, Überfälle und Co. im Kopf hätten – „aber was die LGBT-Anerkennung angeht, sind diese Länder in den letzten Jahren extrem vorwärtsgekommen, teilweise weiter als wir Deutschen.“ Bestes Beispiel: Uruguay auf Platz vier.

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Gespaltenes Land: Die USA

Ein Land, von dem viele sicher einen deutlich besseren Platz erwartet hätten, sind die USA. Diese befinden sich zwar auf Platz 35 gerade noch so im grünen Bereich, doch dabei kommt es extrem auf den Bundesstaat an. Denn in vielen herrscht seit letztem Jahr ein Abtreibungsverbot, in neun darf man seit Kurzem an Schulen nicht mehr über Sexualität und geschlechtliche Identität sprechen. „Das ist Zensur!“, stellt Knuth klar. Eine solch ablehnende Haltung führe auch zunehmend zu Gewalt gegen die LGBTIQ+-Community, warnt der Experte: „Worte führen zu Taten und Gesetze natürlich umso mehr. Für Betroffene ist das eine menschliche Katastrophe.“

Seit ein paar Jahren gibt es deshalb neben dem globalen Gay Travel Index auch einen eigenen für die USA. Am besten aufgehoben sind sexuelle und geschlechtliche Minderheiten demnach in Kalifornien; auch New York, Colorado oder Illinois liegen auf den vorderen Plätzen. Düster sieht es hingegen in Tennessee und Oklahoma aus, die die letzten Plätze belegen – in letzterem haben die Republikaner inzwischen sogar einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem Frauen, die abgetrieben haben, wegen Mordes angeklagt werden können. Sie wären dann im schlimmsten Fall von der Todesstrafe bedroht.

Schlusslichter und Verlierer: Hier reisen LGBTIQ+-Menschen gefährlich

People enjoy at the beach in Candidasa, Bali, Indonesia, on September 1, 2022. (Photo by Garry Lotulung/NurPhoto)
In Sachen LGBTIQ+-Rechte gehört Indonesien zu den Verlierern des Jahres.
Garry Lotulung, picture alliance

In 26 Ländern leben Mitglieder der LGBTIQ+-Community gefährlich – sie befinden sich im Index im (tief)roten Bereich, vor allem solche, in denen die Scharia als Einfluss auf die Rechtsprechung hat. Hierzu gehört unter anderem auch das bei den Deutschen beliebte Reiseziel Ägypten.

Besonders dramatisch ist die Lage in Afghanistan nach dem Rückzug der NATO-Truppen im vergangenen Jahr: „Die Todesstrafe ist wieder da, und auch die Frauenrechte sind natürlich katastrophal. Das müssen die Schutzmächte sich jetzt anhören: Das war ein Versagen auf ganzer Linie, und das baden jetzt Frauen und LGBT mit dem Leben aus“, macht Knuth deutlich.

Aber auch Indonesien, bei vielen als Urlaubsland beliebt, enttäuscht: Dort wurde dieses Jahr ein neues Strafgesetzbuch veröffentlicht, „das anscheinend aus dem Mittelalter ausgegraben worden ist“, so Knuth. Unter anderem wird Sex vor der Ehe auch für Heterosexuelle ab 2025 strafbar sein. „Für uns die negativste Überraschung des Jahres.“

Persönlicher Reise-Tipp: Hier ist der schwule Urlaub top

Allen besorgniserregenden Entwicklungen zum Trotz: „Die Welt ist nicht so schlecht, insgesamt wird alles besser“, so Knuth. „Der Gründer des Travel Guide hätte damals wohl nie gedacht, dass es mal so viele grüne Länder gibt.“ Sein persönlicher Tipp für einen tollen, sicheren Urlaub: „Island ist unglaublich LGBT-freundlich, mit dem Schiff über die Hurtig-Routen zu erreichen – und spannend hoch zehn!“

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