Die Akademie der Wissenschaften beriet auch Merkel
Leopoldina fordert Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen

Die Wissenschaftler der Leopoldina berieten in der Corona-Pandemie schon Angela Merkel, jetzt fordern sie eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. In einer neuen Veröffentlichung geben die Gelehrten der Akademie der Wissenschaften einen Vorausblick auf die Entwicklung antiviraler Medikamente gegen Corona. Ein in den Augen der Wissenschaftler zentraler Baustein - als Ergänzung zur Impfung dringend erforderlich.
Doch im Vorwort der Arbeit sehen sie sich auch gezwungen, auf die aktuell sehr angespannte Corona-Lage einzugehen. Und dort schlagen sie harte Sofort-Maßnahmen vor. Und anderem die Pflicht für Arbeitnehmer, den Impfstatus offenzulegen sowie eine Impfpflicht für bestimmte Berufe.
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Zu geringe Impfquote zwingt zum Handeln
Die Virus-Pandemie habe "mit der vierten Welle wieder stark an Dynamik gewonnen", schreibt Max-Planck-Forscher und Leopoldina-Präsident Gerald Haug in einem Vorwort zu der Publikation. In dieser geht es hauptsächlich um die Entwicklung antiviraler Medikamente gegen Corona.
Doch die Forscher reagieren auch auf die aktuelle Situation. Weiter heißt es dort: "Die zu geringe Impfquote – ca. 16 Millionen Erwachsene sind aktuell nicht geimpft – trägt maßgeblich dazu bei, dass zunehmend wieder schwere Krankheitsverläufe mit zum Teil langen Krankenhausaufenthalten zu beobachten sind." Als Folge kündigt sich, auch wegen des Personalmangels in der Intensivpflege, wieder eine Überlastung an.
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Instrumente verbessern: Impfstatus und Impfpflicht
Das Vorwort endet mit einem klaren Fingerzeig Richtung Politik: Das Fehlen von "Prävention, klaren Regeln und Stringenz" bedeute, dass der bevorstehende Winter "eine gesellschaftliche und medizinische Herausforderung" werde. Es gebe aber noch Möglichkeiten, die "Instrumente für die Eindämmung der Pandemie zu verbessern", so Haug und seine Kollegen. Dazu zählen erstens "eine angemessenere Regelung zur Offenlegung des Impfstatus in der Arbeitsschutzverordnung", zweitens "eine größere Geltungsreichweite der 2G-Regel" und drittens "Impfpflichten für Multiplikatorengruppen."
Mit anderen Worten:
Arbeitnehmer sollen rechtlich dazu gezwungen werden können, ihren Impfstatus offenzulegen,
die 2G-Regelung wie von Sachsen angewandt und in Berlin geplant wird von der Akademie befürwortet,
in bestimmten Berufen mit vielen Kontakten - zum Beispiel Gesundheitswesen und Lehrberufe - sollte eine Impfpflicht eingeführt werden
Weitere Sofort-Maßnahmen
Außerdem empfehlen die Forscher in dem Vorwort vier weitere zentrale Sofort-Maßnahmen: In Innenräumen solle möglichst Mund-Nasen-Schutz getragen werden, vor allem wenn der Immunstatus unsicher ist und Abstände und Lüftung nicht gewährleistet werden können.
Die Impfquote müsse deutlich erhöht und allen Personen, die bereits vollständig geimpft sind, entsprechende Angebote für Auffrischungsimpfungen unterbreitet werden. Nicht immune Personen müssen konsequent getestet werden, wenn sie an sozialen Aktivitäten in Innenräumen teilnehmen wollen. Zudem soll die intensivmedizinische Versorgung durch Vorhalten von Kapazitäten angepasst werden.
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Sars-Cov-2 wird endemisch
Das Virus wird sich nach Meinung der Forscher "langfristig als endemisches Virus etablieren", heißt es in der Publikation weiter - es ist gekommen, um zu bleiben. Was bedeutet, dass es dauerhaft in Teilen der Bevölkerung zirkulieren werde. Auch nach Abklingen der Pandemie werden Infektionen auftreten, die zu schweren Verläufen einer Covid-19-Erkrankung und auch weiteren Todesfällen führen werden.
Daraus ergebe sich, dass neben Impfungen, Früherkennung infizierter Personen und bereits verfügbaren Therapie-Möglichkeiten auch neue antivirale Wirkstoffe nötig seien, so die Forscher.
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