Kommentar zu Hunderassen-Verbot
XL-Bully-Verbot in Großbritannien: Mal wieder ist der Mensch das Übel

Rassespezifische Verbote gehen niemals gut!
Die britische Regierung will zum Jahresende American XL Bullys verbannen. Die muskulösen Hunde seien unberechenbar und würden die Gesellschaft gefährden, sagt die Regierung. Für Tierheim-Bullys ist das ein Todesurteil. Kritik und Protestwellen rollen seitdem über das Land – völlig zurecht. Ein Kommentar.
Britischer Premierminister will XL Bullys töten lassen
Auslöser des angekündigten Gesetzes ist ein Vorfall, der sich im September in der Nähe von Birmingham ereignet. Ein Mann stirbt, nachdem ihn zwei XL Bullys attackiert haben. Auch davor gab es Vorfälle, die tödlich endeten. Das soll laut des britischen Premierministers, Rishi Sunak, nun enden. Doch die Handhabung dieses Gesetzes erinnert mich an die Schulzeit: Einer baut Mist, aber alle müssen dafür büßen.
Denn jetzt droht den XL Bullys in Tierheimen und Unterkünften der Tod. Dem Einschläfern können sie lediglich noch von der Schippe springen, wenn sie bis zum Jahresende ein neues Zuhause finden. Ziemlich sportlich, wenn man bedenkt, wie lange es dauern kann, bis es zwischen Besitzer und Hund funkt. Immerhin kauft man keinen neuen Fernseher, sondern sucht einen Wegbegleiter, einen besten Freund fürs Leben.
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Das Problem ist nicht die Rasse - sondern die Züchter

Für Bullys, die bereits ein Zuhause haben, heißt das Gesetz zudem: keine Freiheit mehr – außer in den eigenen vier Wänden. Die XL Bullys müssen sich dann ab Januar an neue Auflagen halten, diese wären: Leinenpflicht immer und überall, Maulkorb, gesichertes Grundstück und eine Kastration. Ein großes Haus ist zwar schön – aber für einen Hund dieser Größe vermutlich eher ein schön dekorierter Käfig. Übrigens: Einen Wesenstest wie in Deutschland wird es in Großbritannien nicht geben. Die Regeln gelten für jeden Hund. Egal, wie gut sie erzogen worden sind.
Als Hundehalterin und selbsternannte „Dog-Mum“, allerdings von einem verschmusten Labrador-Mischling namens Bacio, der aus Griechenland seinen Weg zu mir gefunden, ist es schwer zu beurteilen, wie es ist, einen Hund zu haben, der eine solche Kraft hat. Bacio löst eher selten Angst bei einem Passanten aus. Ein XL Bully sorgt da mit Sicherheit für mehr Respekt. Das ist auch vollkommen in Ordnung, immerhin zeigen Vorfälle wie die in Birmingham auch, dass es gefährlich werden kann. Doch XL Bullys können genauso sanft und friedlich sein, wie mein Vierbeiner.
Interessant zu beobachten sind in diesem Zusammenhang auch die Beißstatistiken, denn Listenhunde beißen gar nicht so oft zu, wie viele das vielleicht annehmen. Zumindest dominieren sie nicht die Rangliste. Lediglich 26 Beißvorfälle (7 Prozent) seien von den neun gelisteten Hunderassen und deren Kreuzungen 2022 in Hessen verursacht, sagt Mike Ruckelshaus, Fachbereichsleiter Tierschutz Inland bei der Tierschutzorganisation TASSO. Dazu kommt der Punkt, dass viele Rassen, die in einigen Ländern als Listenhunde gelten, in anderen Ländern als Familienhunde gehalten werden, wie zum Beispiel der American Staffordshire. Und da wären wir bei dem Punkt Erziehung – und nicht zu vergessen: den Züchtern.
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Regierung muss das Problem an der Wurzel packen
Die britische Regierung packt das Problem nicht an der Wurzel – das sagen auch Tierschutzvereine. Anstatt oberflächlich die Symptome zu bekämpfen, sollte sich die Politik mit Züchtern auseinandersetzen, für die Profit wichtiger ist als der Hund. Dazu kommen Besitzer, die sich einen XL Bully genau aus diesem Grund zulegen: um eine Art „Waffe“ zu besitzen. Ein Kraftpaket, das Respekt einflößen soll. Dass die wenigsten wirklich damit umgehen können, zeigen dann die jüngsten Vorfälle. Erst im Oktober hat ein American Staffordshire Terrier im österreichischen Naarn eine Joggerin totgebissen.
Ein weiteres Problem ist, dass möglicherweise auch Hunde als XL Bully kategorisiert werden, die gar keine sind. Die britische Regierung hat dazu zwar eine Reihe von körperlichen Merkmalen definiert – doch am Ende liegt die Begutachtung nicht in der Hand des Besitzers.
Sollten Listenhunde verboten werden?
Meine Änderungen am Gesetzesvorschlag
Eine Lösung, die sowohl den Erhalt von XL Bullys als auch die gesellschaftliche Sicherheit gewährleistet, gibt es wahrscheinlich nicht. Aber bevor gesunde und auch friedliche Hunde getötet werden, sollten einige Dinge am Gesetz geändert werden.
Bullys und ihre Besitzer müssen einen Eignungstest machen – zusammen mit Hundetrainern und Hundepsychologen. Das Ziel: Herausfinden, ob der Hund zu aggressivem Verhalten neigen könnte. Auch der Besitzer muss geprüft werden. Was sind seine Beweggründe für die Haltung der Rasse? Hat er einen Sachkundennachweis? Wie geht der Mensch zu Hause mit dem Tier um?
Eine Maulkorbpflicht in der Öffentlichkeit ist eine sinnvolle Idee, allerdings sollten die Hunde die Möglichkeit haben, auf ausgewiesenen Plätzen frei laufen zu dürfen. Besonders wichtig: Züchter müssen strenger kontrolliert werden. Dazu gehört auch, Züchtungen zu verbieten, die sich darauf spezialisieren, einen möglichst aggressiven Kampfhund ranzuzüchten. Und: Tierheim-Bullys werden natürlich nicht eingeschläfert. Diese Tiere haben in der Regel genug Leid durch Menschenhand erfahren. Ein aggressiver Hund ist nicht von sich aus aggressiv, in den allermeisten Fällen steckt dahinter falsche Erziehung eines Menschen.
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