Schöne Schnörkel oder Terror-Typo?
Kein Ausweg bei der Schreibschrift-Pflicht - Grundschullehrerin: „Manche der Schüler verzweifeln daran“
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von Anna Pauly und Larissa Pitzen
Eine neue Pflicht für Grundschüler wird für einige zur nervlichen Zerreißprobe: Das hessische Kultusministerium hat beschlossen, dass Grundschüler der zweiten Klasse gebundene Handschrift, auch Schreibschrift genannt, erlernen müssen. Warum einige Schüler an der Schnörkelschrift verzweifeln, seht ihr im Video.
Schneller und schöner gleich besser?
Die Schreibschrift sei ein Kulturgut, was weitergegeben werde, sagt Heike Ackermann von der GEW Hessen. „Außerdem können Kinder damit ihre Feinmotorik trainieren.“
Für die Kleinen habe die verbundene Schrift etwas Künstlerisches. „Die Schreibschrift sieht schöner aus als die Druckschrift. Wenn jeder die gleiche Schreibschrift schreibt, ist das cool, gerade wenn man sich Briefe schreibt, kann es auch jeder lesen“, sagt Maximilian (8), Schüler der zweiten Klasse an der Rossert-Schule in Kelkheim im Taunus. Bei ihm klappe das mit der verbundenen Schrift schon ganz gut.
Gebundene Schriften seien gegenüber unverbundenen nachweislich vorteilhaft, weil sie die Schreibgeschwindigkeit erhöhen, erklärt das Kultusministerium. Das bestätigt Zweitklässler Christoph (8): „Mir gefällt die Schreibschrift besser, weil sie schöner ist und sie schneller geschrieben werden kann.“
Grundschullehrerin: „Schreibschrift ließt man selten“
Aber nicht jedem Kind geht die Schreibschrift gut von der Hand: „Es gibt Schüler, die bis zum Schluss der Grundschulzeit keine saubere Handschrift mit der Schreibschrift hinbekommen. Es sieht oft sehr verschwommen aus“, sagt Lehrerin Martina Nasisi. Einige Schüler würden sogar an der Schnörkelschrift verzweifeln: „Die Kinder sind motiviert, die Schrift hat für sie etwas Besonderes.
Das große Erwachen kommt dann meist, wenn sie merken, wie viel Konzentration das ihnen abverlangt.“ Sie ist deshalb dafür, anstatt der Pflicht individuelle Lösungen zu finden. Aus ihrer Sicht sei das klare „Drucken“ für einige Schüler die bessere Alternative: „Wir lesen überwiegend Gedrucktes, Schreibschrift ließt man selten“, sagt die Grundschullehrerin.
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Erziehungs-Fachleute: „Wir sind nicht gefragt worden“
Die Schreibschrift sei ein Handwerkszeug, was die Kinder auch in anderen Fächern brauchen, sagt Ackermann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Doch genau da könnten Probleme auftreten, weiß Lehrerin Nasisi: „Der Fokus liegt oftmals auf dem Schreibschriftschreiben. Der Schüler hat keine Kapazität mehr, über die Aufgabe nachzudenken.“
Auch wenn Ackermann befürwortet, dass Kinder die verbundene Schrift lernen, kritisiert sie die mangelnde Kommunikation zwischen Fachleuten und der Politik. „Wir sind die Profis, kennen die Kinder aber wir sind nicht gefragt worden“, sagt sie.