Fehlende urologische Untersuchung bei Medizinchecks
Tumorexperte über Sébastien Haller: "Medizinisches Versäumnis"

Dass Sébastien Haller erst im Trainingslager die Diagnose Hodentumor erhalten hat, ist ein „medizinisches Versäumnis“. Das findet zumindest Prof. Dr. Med. Klaus-Peter Dieckmann, ärztlicher Leiter des Hodentumorzentrums der Asklepios Klinik Hamburg. Er kritisiert, dass die urologische Untersuchung bei Medizinchecks von Fußballprofis oft fehle. "Da wird meistens auf die Muskelleistungsfähigkeit geachtet, aber auf diese urologischen Dinge nicht, vor allem auf Hoden bei jungen Männern sollte man unbedingt achten", sagte er dem Sportinfomationsdienst.
Aktuelle Häufung der Krankheit "ein Zufall"
Zuletzt hatten sich die Befunde in der Fußball-Bundesliga gehäuft. Marco Richter wird Hertha BSC aufgrund einer Tumor-OP vorerst nicht im Trainingsbetrieb zur Verfügung stehen, Timo Baumgartl von Union Berlin hofft nach seiner Erkrankung auf ein schnelles Comeback. BVB-Neuzugang Sebastien Haller wartet nach dem Fund eines Hoden-Tumors noch auf die finale Diagnose.
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Eine Verbindung zwischen Sport und Hodenkrebs gebe es laut Dieckmann nicht. "Wenn Männer in diesem Alter, zwischen 20 und 40, einen Krebs bekommen, ist es fast immer Hodenkrebs. Deshalb ist das nicht überraschend, dass Bundesligaspieler betroffen sind", erklärte Dieckmann. Dass es zuletzt mehrere Fälle in kürzester Zeit gegeben habe, sei "ein Zufall".
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Gute Heilungschancen
Der Verlauf einer Hodenkrebserkrankung hänge laut Dieckmann vom Erkrankungsstadium ab. "Wenn der Krebs schon Metastasen gesetzt hat, dann ist natürlich eine intensivere Therapie, etwa Chemotherapie oder Operationen, erforderlich." Als Beispiel nannte er den ehemaligen Radprofi Lance Armstrong, der an einer sehr schweren Art des Hodenkrebs erkrankt war - und wieder gesund wurde. "Das ist das beste Beispiel dafür, dass man Hodenkrebs, auch fortgeschritten, gut heilen kann." (sid/lgr)