Hoffnung für die Forschung

HIV-Patientin ohne Therapie geheilt - das steckt dahinter

 PXL_World AIDS Day On the occasion of the World AIDS Day, volunteers from the Youth Aid Association HELP shared red ribbons and condoms and also educated citizens about the importance of HIV testing, in Split, Croatia ,on Dec 01, 2020. MiroslavxLela
PXL_World AIDS Day On the occasion of the World AIDS Day, volunteers from the Youth Aid Association HELP shared red rib
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Zweite natürliche Heilung des HI-Virus

Eine Argentinierin ist die zweite Frau weltweit, bei der sich ihre HIV-Infektion auf natürliche Weise, also ohne Therapie, geheilt haben soll. Das berichten mehrere Medien und berufen sich dabei auf ein internationales Treffen von HIV-Experten am Mittwoch. Was steckt wirklich dahinter? Ist es ein Durchbruch in der HIV-Forschung und können jetzt Millionen andere auch geheilt werden? Die Deutsche Aidshilfe hat das auf RTL-Anfrage eingeordnet.

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Seit 8 Jahren kein "intaktes" Virus mehr

Bei der Frau, die „Esperanza-Patientin“ genannt wird, soll 2013 HIV diagnostiziert worden sein. Jetzt gilt sie als geheilt, schreibt unter anderem die britische Dailymail. Die 30-jährige Argentinierin habe acht Jahre nach der Diagnose kein krankheitsverursachendes oder „intaktes“ Virus mehr und wecke damit Hoffnungen auf zukünftige Heilungen.

Die erste Patientin, bei der so eine Heilung festgestellt worden sei, soll laut Dailymail eine 67-Jährige aus San Francisco gewesen sein. Aber auch ein Mann aus Brasilien soll schon der erste Patient gewesen sein, bei dem eine Heilung ohne Stammzellen- oder Knochenmarkspende gelungen sein soll. Zuvor war es Ärzten schon gelungen, Menschen, die zusätzlich an Krebs erkrankt waren, von HIV zu heilen. Diese Methode wurde beim sogenannten „Berliner Patient“ und dem „Londoner Patient“ angewandt.

Deutsche Aidshilfe: Keine 100%ige Sicherheit

Wir haben bei der Deutschen Aidshilfe nachgefragt. Wie ist der Fall der Argentiniern zu bewerten?

„Der Fall ist wirklich bemerkenswert. Dass das HI-Virus bei der Frau offenbar nicht mehr nachweisbar ist, ist eine richtig gute Nachricht. Wir können aber nicht sicher sein, dass HIV ganz aus dem Körper verschwunden ist“, sagt Sprecher Holger Wicht gegenüber RTL. Es gebe kein Testverfahren, mit dem man feststellen könne, ob wirklich überhaupt kein HIV mehr im Körper ist.

Er sagt aber auch: „Je länger die Tests kein vermehrungsfähiges Virus mehr nachweisen können, desto wahrscheinlicher ist es, dass die HIV-Infektion geheilt ist. Wenn es so wäre, wäre es eine Sensation. Aber keine, die sich so einfach reproduzieren ließe. Denn in diesem Fall hat es vor allem damit zu tun, dass die Frau ein sehr leistungsfähiges Immunsystem hat“, so der Experte.

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Argentinierin ist "Elite Controller"

Denn die Argentinierin ist keine ganz normale HIV-Patientin. Sie ist ein sogenannter „Elite Controller“. Nur etwa 0,5 Prozent der Virusträger können das von sich behaupten. „Ihr Körper kann HIV viel besser bekämpfen als andere, so dass es im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Es ist dann so wenig HIV im Körper, dass es kaum Schaden anrichten kann“, erklärt Wicht. Als Elite-Controller bezeichne man aber nicht nur die, bei denen HIV im Blut nicht mehr nachweisbar sei, „sondern alle, wo nur eine sehr geringe Viruslast vorliegt, obwohl nicht therapiert wird.“

Therapie kann ähnliches Ergebnis erzielen

Was die Frau ohne Therapie geschafft hat, ist mit Therapie heute gar nicht mehr verwunderlich. „Gegen HIV gibt es heute hoch wirkungsvolle Medikamente, die bei fast allen Patientinnen und Patienten dafür sorgen, dass HIV im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Menschen mit HIV können daher heute in jeder Hinsicht leben wie alle anderen Menschen. HIV ist dann auch nicht mehr übertragbar. Diese Medikamente werden bisher aber lebenslang eingenommen, HIV verschwindet damit leider nicht völlig aus dem Körper. Und leider haben weltweit noch nicht alle Menschen Zugang zu diesen Medikamenten“, so Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe.

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Forschung kann aus dem Fall lernen

Die sogenannten „Elite-Controller“ spielen eine wichtige Rolle in der HIV-Forschung. Man könne aus diesen Fällen lernen, so Holger Wicht. „Man guckt genau hin: Warum schaffen diese Menschen es, HIV besser zu bekämpfen und können wir diese Mechanismen irgendwie reproduzieren?“ Es werde also versucht die Mechanismen nachzuahmen, die das HI-Virus im Immunsystem kontrollieren. Dazu gehören laut Wicht so genannte breit wirksame Antikörper: „ein sehr vielversprechender Ansatz in der HIV-Forschung.“