Seit 23 Jahren wird Hilal Ercan vermisst
Hilals Bruder an Entführer: "Ich werde dafür sorgen, dass er sein Schweigen bricht!"
Es ist der 27. Januar 1999. In Hamburg-Lurup liegt die Wohnung der Familie Ercan direkt gegenüber einer Einkaufspassage. Eigentlich ein kurzer Weg bis zur Passage, aber dennoch lang genug, dass die damals zehnjährige Hilal Ercan verschwindet. Spurlos. Wie Hilals Bruder seine kleine Schwester in Erinnerung behält und welches ihr Lieblingslied war, erzählt er im Video.
Abbas: "Da verschwindet ein Mensch, den man immer geliebt hat"

Ihr großer Bruder, Abbas Ercan, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, sie zu finden. Jedes Jahr am 27.1. – dem Jahrestag des Verschwindens – erinnert er an das Schicksal seiner kleinen Schwester. So führt es ihn auch am Donnerstag wieder zur Passage, um Kerzen anzuzünden. Eine Fahndungstafel der Polizei mit einem Foto von Hilal erinnert an das bislang ungeklärte Verbrechen. „Wir haben kein Grab, deswegen kommen wir hier hin, um an Hilal zu gedenken“, sagt Abbas zu Tränen gerührt. Er schaut mehrmals intensiv auf das Bild seiner kleinen Schwester. Es schmerzt ihn sichtlich. "Da verschwindet ein Mensch, den man immer geliebt hat". Es geht ihm nah.
Der große Bruder: "Hilal darf nicht vergessen werden"
Immer wieder appellierte Abbas in der Vergangenheit an mögliche Zeugen, auszusagen. Im Mai 2021 ließ er eine XXL-Vermisstenanzeige auf einen Bus der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH drucken. Alle Bemühungen bislang vergebens. „Hilal darf nicht vergessen werden" sagt Abbas heute, auch wenn die Hoffnung seine Schwester lebend zu finden, mittlerweile erloschen ist. „Sie hat sich wahrscheinlich so gewehrt, dass der Täter sie umgebracht hat. So spüre ich das“, erzählt Hilals Bruder. Doch noch immer ist nicht klar, was am 27.1.1999 genau passiert ist. „Ich traue der Polizei heute nicht mehr. Ich bin der Meinung, die wollen den Fall nicht lösen“. Abbas handelt jetzt in Eigenregie. Er hat mit einem Team „die Ermittlungen aufgenommen“, wie er RTL Nord erzählt. „Wir haben gute Ansatzpunkte, auf die wir bauen können. Wir haben einen Tatverdächtigen. Das gibt mir Hoffnung“.
Abbas: "Ich gehe davon aus, dass es der Hauptverdächtige war"

Der einzige Verdächtige in dem Vermisstenfall Hilal ist der verurteilte Sexualstraftäter Dirk A. Hilals Bruder ist von dessen Schuld überzeugt: „Ich gehe davon aus, dass es der Hauptverdächtige war". Dirk A. behauptete mehrfach, Hilal getötet und vergraben zu haben, zog seine Geständnisse allerdings wieder zurück und schweigt seitdem. Und genau diese Stille, diese quälende Ungewissheit ist für Abbas und seine Familie schwer zu ertragen. „Ich werde jedes Jahr hier sein und ihn daran erinnern, dass er ausrücken soll, was er getan hat“, versichert Abbas. „Ich werde dafür sorgen, dass er sein Schweigen bricht!".
Ermittlung unter anderem wegen Mordes
Sobald es neue Hinweise gibt, werden die Ermittlungen wieder aufgenommen, die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Mordes. Und „Mord verjährt nie“, so Liddy Oechtering von der Hamburger Staatsanwaltschaft. Für Hinweise, die zur Aufklärung führen, ist eine Belohnung von 20.000 Euro angesetzt. Doch sofern diese nicht eingehen oder der Täter sein Schweigen bricht, wird Abbas Ercan auch nächstes Jahr wieder zur Passage zurückkehren – für Hilal, egal wie sehr es schmerzt.