Studie zu Koinfektion

Gleichzeitige Infektion mit Grippe kann Coronaviren unterdrücken

Sick young woman at home on the sofa with a cold, she is covering with a blanket and blowing her nose
Grippenviren haben offenbar Einfluss auf eine Corona-Infektion.
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Grippe, Corona oder beides gleichzeitig? Wer eine Grippe durchmacht, kann laut einer neuen Studie für kurze Zeit vor einem schweren Corona-Verlauf „geschützt“ sein. Woran das liegt, erklären wir hier.
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Grippeviren unterdrücken Corona

Forschende aus den USA haben im „Journal of Virology“ eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass das Influenza-A-Virus die Vermehrung von SARS-CoV-2 in der Lunge verringert. Dieser Effekt hält sogar auch noch mehr als eine Woche nach der Influenza-Infektion an.

Wie die Forscher zu dem Ergebnis kamen? Dafür wurden Goldhamster mit Grippe- und Coronaviren gleichzeitig infiziert. Weitere Tiere wurden zusätzlich erst mit einem der Virenstämme infiziert und drei Tage später mit dem anderen Virus.

Bei den koinfizierten Hamstern – also die beide Viren gleichzeitig bekamen - waren die SARS-CoV-2-Lungentiter niedriger als bei den Hamstern, die nur mit dem Coronavirus infiziert waren. Bei den Tieren, die zuerst mit Corona infiziert wurden, hatte diese Infektion keinen Einfluss auf die Vervielfältigung der später eingebrachten Grippeviren.

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Woher kommt die unterdrückende Wirkung der Grippeviren?

Laut den Forschern hängt die unterdrückende Wirkung der Grippeviren mit höheren Interferon-Spiegeln zusammen. Interferone kurbeln in den Zellen die Produktion antiviraler Proteine an und sind Teil der angeborenen Immunabwehr. Prof. Dr. Ortwin Adams, Leiter der virologischen Diagnostik am Universitätsklinikum Düsseldorf, erklärt dies bei „Science Media Center“ so: „Das beschriebene Phänomen, dass ein Virus offenbar zu verhindern versucht, dass ein zweites (anderes) Virus in die Zelle eintreten kann, ist schon viele Jahrzehnte bekannt und wird als virale Interferenz bezeichnet. Dieser Begriff ist auch gleichzeitig Namensgeber für die dabei wirksamen Enzyme, nämlich die Interferone.“

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Was bringt die Studie?

Grippeviren scheinen also vor Coronaviren zu „schützen“. Diese Erkenntnis könnte für weitere Forschung und Therapieansätze nützlich sein. Außerdem zeigen die Daten, dass eine gleichzeitige Infektion von SARS-CoV-2 und Influenza wahrscheinlich nicht zu einer schwereren Erkrankung führt. Dennoch sollte eine Infektion nicht auf die leichte Schulter genommen werden: „Beide Infektionen können bei den Risikogruppen zu schwerwiegenden Komplikationen und Tod führen. Von daher sollte man sich vor beiden Infektionen schützen und nicht darauf setzen, dass die beiden Viren sich gegenseitig neutralisieren. In Vorbereitung auf den Herbst/Winter sollte man sich beide Impfungen, Influenza plus SARS-CoV-2, geben lassen“, so Adams.

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Lässt sich eine Studie mit Hamstern auf den Menschen übertragen?

Prof. Dr. Stephan Becker, Leiter des Instituts für Virologie an der Philipps-Universität Marburg, beschreibt bei „Science Media Center“ deutlich die Grenzen der Studie: „Menschen sind keine Hamster. Ich würde mich nicht anhand von Hamsterdaten darauf verlassen, dass Koinfektionen mit Influenza und SARS-CoV-2 vergleichsweise harmlos verlaufen – obwohl die Studie gute Daten präsentiert und das Autorenteam auch renommiert ist. Für grundlegende Aussagen zu Koinfektionen braucht es pro- und retrospektive Studien an Menschen, die aber gar nicht so einfach durchzuführen sind. Denn die Menge jener, die zu einer bestimmten Zeit koinfiziert sind, und im besten Fall auch noch in der richtigen Reihenfolge, ist nicht sehr groß.“

Daher gilt es nach wie vor, sich vor Infektionen mit Corona und Grippe bestmöglich zu schützen. (pdr)

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