Großer Wohnungsgipfel im Kanzleramt

Was wird jetzt aus den 400.000 neuen Wohnungen?

von Philipp Sandmann

Deutschland braucht dringend bezahlbaren Wohnraum – und zwar schnell. Die Bundesregierung will eigentlich, dass jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden – davon 100.000 Sozialwohnungen.
Doch dieses ambitionierte Ziel aus dem Ampel-Koalitionsvertrag rückt zunehmend in weite Ferne. Die Lieferketten sind gestört, die weltpolitische Lage hat sich seit dem Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine grundsätzlich verändert.
Und trotzdem: Die Menschen erwarten von der Bundesregierung (zu Recht) Taten. Wie können die Mieten in Deutschland wieder auf ein bezahlbares Niveau gedrückt werden? Das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“, das Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) vor sechs Monaten ins Leben gerufen hatte, sollte am heutigen Mittwoch eigentlich Antworten liefern. Doch viele Ergebnisse sind ernüchternd, sagen Politiker und Experten.

Klara Geywitz im RTL-Interview: "Wir haben große Potenziale auf den Dachflächen"

Digitaler Bauantrag kommt

Damit es in Deutschland künftig schneller geht mit den Neubauten, soll es bald möglich sein, Bauanträge auch digital zu stellen. Die Umsetzung soll noch „in dieser Legislaturperiode“ erfolgen, wie es in dem 67-seitigen Papier heißt.

Weitere wichtige Punkte sind u.a.:

  • Bis 2026 stehen für den sozialen Wohnungsbau 14,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln bereit.

  • Mehr Gebäude sollen durch Aufstockung vergrößert werden. „Konkret gilt es, Umbau und Erweiterung im Bestand zu erleichtern und Aufstockungen zu unterstützen“, heißt es in dem Papier.

  • Serielles und modulares Bauen soll ausgeweitet werden. Heißt: Es sollen zunehmend baugleiche Gebäude in höherer Stückzahl entstehen. „Diese Bauweisen besitzen das Potenzial, bei hoher Stückzahl möglichst niedrige Baukosten bei gleichbleibender Qualität zu erzielen“, heißt es.

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"Tag der Ernüchterung"

Kritik an den Ergebnissen kommt vom baupolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU). In dem Papier stünden lediglich formelhafte Kompromisse: „Für mich ist dieser Tag heute, nach den Ergebnissen, die ich kenne, eher ein Tag der Ernüchterung und der Enttäuschung“, sagte Luczak gegenüber RTL/ntv.

Zudem forderte der CDU-Politiker, dass die von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte Zeitenwende auch für das Thema Bauen und Wohnen gelten müsse: „Man hätte wirklich disruptiv sagen müssen: Wir müssen jetzt radikal an das bauordnungsrecht rangehen und das entschlacken.“

Luczak warnte: „Die Frage des bezahlbaren Wohnraums ist eine, die das Potenzial hat, die Gesellschaft zu spalten, wenn das nicht gelingt.“

"Konditionen sind schlechter geworden"

Bundesbauministerin Geywitz will an dem Ziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr noch festhalten, sagte die SPD-Politikerin am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk. Allerdings räumte Geywitz auch ein, dass es in Deutschland derzeit nicht die Kapazitäten gebe, um überhaupt so viele Wohnungen pro Jahr zu bauen. „Die Konditionen sind schlechter geworden im Vergleich zum Vorjahr, wo wir dann unter 300 000 Wohnungen fertig hatten“, so Geywitz.

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, sagte wiederum den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe: „Ich gehe davon aus, dass wir weniger als 300.000 Wohnungen bauen werden - und womöglich auch weniger Sozialwohnungen als im Vorjahr, als rund 25.000 Sozialwohnungen fertiggestellt worden sind“.

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