G7-Gipfel
Die Charmeoffensive des Joe Biden und was dahintersteckt

Von Carsten Mierke
Europa ist das Ziel der ersten Auslandsreise des neuen US-Präsidenten. Das ist kein Zufall, es ist Kalkül. Auf dem G7-Gipfel im britischen Cornwall wollen die wichtigsten westlichen Länder vor allem über Corona-Impfungen in Entwicklungsländer sprechen und über Maßnahmen gegen den Klimawandel. Aber über allem schwebt ein ganz anderes Thema: China.
Schon gestern kamen die Gastgeber an
Die Möwen schreien, salzig-frisch ist die Luft und am Wochenende scheint dann auch stundenlang die Sonne. Das ist Cornwall, die britische Urlaubsregion am Atlantik. Heute allerdings landen am Flughafen nicht die Ferienflieger, sondern die Maschinen der wichtigsten westlichen Staats- und Regierungschefs. Angela Merkel ist dabei, die Italiener, Franzosen, Kanadier und Japaner. Schon gestern kamen Gastgeber Boris Johnson und US-Präsident Joe Biden. Und der macht auf diesem G7-Gipfel auch den großen Unterschied. Vorbei sind die vier Jahre Trump.
Vorbei sind vier Jahre Trump

Der ehemalige US-Präsident, der einst wie ein störrischer Schuljunge auf einem Stuhl saß und die anderen sechs – Angela Merkel vorneweg – stehend auf ihn einreden mussten. Später – auf dem Heimflug – zog er dann trotzdem seine Zustimmung zum Abschlusspapier zurück. Vorbei: Die USA sind zurück, lautet die Biden-Botschaft. Und dieser Gipfel soll es zeigen.
Die neue Freundlichkeit ist auch Kalkül
Ein bisschen aber täuscht diese Freundlichkeit, denn auch Biden denkt an Amerika zuerst: Keine einzige US-Impfdose durfte bisher außer Landes, die „trumpschen“ Strafzölle auf europäischen Stahl bestehen weiter und vieles mehr. Anders als Trump hat Joe Biden aber erkannt, dass die westlichen Demokratien zusammen stärker sind und dass ihm das helfen könnte in seinem Kampf mit China. Ob die anderen bei der harten Linie gegen China mitmachen, ist - neben Klima und Corona - die spannende Frage dieses Gipfels.
Gerade Angela Merkel gilt als zögerlich, denn für Deutschland steht in China wirtschaftlich viel auf dem Spiel. Deshalb ist die Kanzlerin eher vorsichtig. Ob Joe Biden sie zum uneingeschränkten Mitmachen überreden kann, bleibt fraglich. Ein amerikanischer Journalist spottete schon, die deutsche Außenpolitik habe ein Schild an die Tür gehängt: „Bitte nicht stören“.