Bundearbeitsgericht entscheidet
Weil sie aus der Kirche austrat - Caritas feuert Fünffach-Mama

Ist die katholische Kirche wirklich so herzlos?
Die katholische Kirche feuert eine fünffache Mutter, nachdem sie aus der Kirche ausgetreten ist. Doch die Kündigung könnte nach hinten losgehen: Der Fall liegt jetzt vor dem Bundesarbeitsgericht und könnten sogar vor den Europäischen Gerichtshof kommen.
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Grund für Kirchenaustritt: besonderes Kirchgeld des Bistums Limburg
Was genau ist passiert?
Die Fünffach-Mutter aus Wiesbaden hat als Sozialpädagogin in der Schwangerschaftsberatung bei der Caritas gearbeitet, die zur katholischen Kirche gehört.
Während ihrer Elternzeit im Oktober 2013 tritt die Frau aus der Kirche aus. Als Grund gibt sie später an: das Bistum Limburg, zu der der Bezirk Wiesbaden gehört, erhebt ein besonderes Kirchgeld.
Das bedeutet: Die Kirchensteuer wird nicht nur über das Einkommen des Kirchenmitglieds erhoben. Auch das Einkommen des besserverdienenden Partners, der kein Mitglied der katholischen Kirche ist, wird für die Bemessung der Kirchensteuer hinzugezogen.
Noch vor der Rückkehr aus der Elternzeit in den Job stellt die Caritas die Mutter vor die Wahl: Wiedereintritt in die Kirche oder Kündigung.
Doch die Frau denkt nicht an den Wiedereintritt, fordert die Weiterbeschäftigung ohne Kirchenzugehörigkeit. Zum Zeitpunkt der Kündigung waren bei der Schwangerschaftsberatung der Caritas vier katholische und zwei evangelische Mitarbeiterinnen beschäftigt.
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Die Folge: Im Juni 2019 kommt es kurz vor dem Ende der Elternzeit zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses – und die will die fünffache Mutter nicht auf sich sitzen lassen. Inzwischen hat sich sogar das Bundesarbeitsgericht mit dem Fall beschäftigt (Az. 2 AZR 196/22).
Katholische Kirche verstößt mit Kündigung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
Das Amtsgericht Wiesbaden und das Landesarbeitsgericht Frankfurt haben der Frau recht gegeben. Beide Instanzen konnten in dem Kirchenaustritt keinen Verstoß der Beschäftigten erkennen, insbesondere keinen gegen die Loyalitätspflichten gegenüber ihrem kirchlichen Arbeitgeber.
Denn die Caritas beschäftigte auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht der katholischen Kirche angehören. Allein bei der Schwangerschaftsberatung gehören zwei von sechs Beschäftigten nicht der katholischen Kirche an. Eine Kündigung des Kirchenaustritts würde die Frau in diesem Fall wegen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligen.
Das Bundesarbeitsgericht muss jetzt entscheiden, ob in den Fällen, in denen die Kirche als Arbeitgeber auftritt, das normale Arbeitsrecht angewendet werden kann – oder ob das sogenannte kirchliche Arbeitsrecht zur Geltung kommt. Denn bei einem Kirchenaustritt will die Kirche auch im Jahr 2024 selbst entscheiden dürfen, ob sie kündigt oder nicht.
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Und weil es sich beim Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz um die Umsetzung einer EU-Richtlinie handelt, wird der Fall wahrscheinlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt werden.
Fest steht: Verloren hat die katholische Kirche jetzt schon. Denn auch 2023 ist die Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland weiter hoch geblieben – und das scheint die Kirche inzwischen sogar bei der Besetzung ihrer Stellen zu merken. Bei der Stellenanzeige für die Nachbesetzung der Stelle bei der Caritas-Schwangerschaftsberatung wurde nur noch eine Person gesucht, die „in der Regel der katholischen Kirche" angehört. (aze)