Ausschläge und HerzrasenFrau (54) ist allergisch gegen Düfte: "Bei einem Spülmittel schält sich mir die Haut"

Astrid Redeker
Jeder Atemzug kann bei ihr eine allergische Reaktion auslösen: Astrid Redeker (54) hat eine Duftallergie.
privat

Im Kino sitzen, wo man gerade will oder in Ruhe einkaufen gehen – was für viele Menschen ganz normale, alltägliche Dinge sind, kann für Astrid Redeker sehr gefährlich sein. Denn die 54-Jährige hat eine Allergie gegen Duftstoffe und kann im schlimmsten Fall sogar auf der Intensivstation landen.

Eine Duftkerze bringt Redeker auf die Intensivstation

Ein Tag vor 20 Jahren: Redeker besucht ihre Patentochter, sitzt mit deren Mutter auf der Couch und unterhält sich, auf dem Tisch zündelt eine Duftkerze. Ganz schleichend bemerkt Redeker, dass sich ein Druck in ihrem Kopf aufbaut und sie Kopfschmerzen bekommt. Als sie aufsteht, um zur Toilette zu gehen, passiert es: Sie kippt um und wird bewusstlos. „Ich bin zwar wieder im Wohnzimmer aufgewacht, musste aber sofort ins Krankenhaus und auf die Intensivstation gebracht werden“, erinnert sich Redeker im RTL-Gespräch. Die Duftkerze war schuld an ihrem Zusammenbruch, hat eine allergische Reaktion bei ihr hervorgerufen: „Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass ich kein Parfüm vertrage.“

Duftallergien- und unverträglichkeiten zählen laut dem Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) zu den Kontaktallergien. Duftstoffe gehören demnach gleich nach Nickel zu den zweithäufigsten Auslösern für eine Kontaktallergie. Nach Berechnungen des Helmholtz Zentrums in München und dem DAAB sind damit etwa zehn Prozent aller Deutschen von einer Duftallergie betroffen. Die Beschwerden reichen von Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zu Ausschlägen und starken Herzrhythmusstörungen.

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Synthetische Duftstoffe sind für sie "die Hölle"

Alles Symptome, die auch Redeker nur zur Genüge kennt. Eine solch heftige Reaktion wie vor 20 Jahren hat sie zum Glück nie wieder. Dafür sind Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Herzrasen und Luftnot, weil ihre Schleimhäute anschwellen, ihr täglicher Begleiter. „Ich fange an zu hyperventilieren“, schildert Redeker. „Meine Augen schwellen an und fangen an zu tränen und mein Herz rast. Das ist mitunter schon krass.“

Das meiste spiele sich in ihrem Körper ab, so die 54-Jährige, aber auch sie hat Erfahrungen mit Ausschlägen hinter sich. „Ich kann meine Kleidung nur mit einem bestimmten Waschmittel waschen“, sagt sie. „Bei anderen bekomme ich am ganzen Körper Ausschläge.“ Und auch bei Spülmittel muss sie ganz genau auf die Inhaltsstoffe achten: „Bei einem Spülmittel schält sich meine Haut.“

Auf welche Inhaltsstoffe sie dann genau reagiert, kann Redeker nicht sagen. Aber im Grunde reagiere sie auf alle synthetisch hergestellten Duftstoffe, erzählt sie. „Die sind für mich die Hölle.“ Immerhin: Ein paar Düfte kann Redeker auch sehr gut riechen. Darunter ihre Lieblingsdüfte Rose und Jasmin, die sie früher selbst als Parfüm getragen hat.

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Doch während Betroffene einer Lebensmittelallergie gefährliche Lebensmittel aus ihrem Speiseplan streichen können – und auch aktiv Einfluss darauf haben, was sie essen – kann Redeker nur schwer Duftstoffen ausweichen. Sie muss darauf vertrauen, dass ihre Mitmenschen sich nicht, wie sie es ausdrückt, „einen halben Liter Parfüm über den Kopf kippen“. Und das schränkt ihren Alltag – und auch den ihrer Familie und Freunde – immens ein.

"Wenn ich weiß, jemand hat eine Nussallergie, dann backe ich dem doch auch keinen Nusskuchen!"

Wenn sie und ihr Mann mit Freunden in den Urlaub fahren, fahren sie immer in getrennten Autos, obwohl das nicht umweltfreundlich sei. Und ihr Trip in die Türkei vor ein paar Wochen sei womöglich der Letzte gewesen –der Flug sei beide Male „sehr belastend“ gewesen. „Und das, wo in jedem Flugzeugknigge steht, Reisende und das Flugpersonal sollen sich am besten nicht einsprühen“, sagt Redeker und verweist damit auf die Flughinweise unter anderem von TUI.

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Doch auch ganz alltägliche Situationen fallen Redeker schwer. Sie kann sich nicht an der Supermarktkasse anstellen, wenn dort jemand Parfümiertes wartet. Sie war seit „hundert Jahren“ nicht mehr im Kino und wenn sie ihrer großen Leidenschaft – Musicalbesuche – nachkommen will, bedarf das genauster Planung. „Wir fahren immer in der Woche nach Hamburg, nie am Wochenende, nie in den Ferien.“ Dann sei die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Stücke nicht ausgebucht sind und sie sich im Notfall noch woanders hinsetzen könne. Ansonsten versucht Redeker viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen und geht oft walken und wandern.

Ihre Familie und viele ihrer Freunde haben sich an Redekers Allergie angepasst und lassen ihr Parfüm weg, wenn sie sie besuchen kommen; ihr Mann benutzt zudem nur ein Bartöl, was sie auch verträgt. Doch ein paar Freundschaften seien an ihrer Krankheit auch zerbrochen, sagt sie.

„Es gab Ausreden wie ‘das ist doch nur der Rest von heute Morgen’ oder ‘Ich habe nicht dran gedacht, aber wir sitzen ja draußen’.“ Allerdings verteilen sich die Duftpartikel auch in der Luft. „Der Rauch einer Zigarette bleibt ja auch nicht über dem Kopf des Rauchers hängen“, so Redeker. Schon öfter habe man ihr gesagt, sie solle sich nicht so anstellen. „Dabei sind das Höllenqualen für mich! Wenn ich weiß, jemand hat eine Nussallergie, dann backe ich dem doch auch keinen Nusskuchen.“ Wenn jemand sie besuchen komme, wäre es schön, wenn derjenige sich auch nicht einsprühe.

Haben Sie auch Probleme mit Düften?

Redekers Allergie ist nicht heilbar und nur schwer behandelbar, weshalb „bei jedem Kontakt mit dem Allergieauslöser mit Beschwerden gerechnet werden muss“, schreibt der DAAB auf seiner Website. Sie habe zwar ein Kortisonspray und Tabletten, die sie bei akuten Reaktionen einnehmen könne, sagt Redeker, anschließend sei sie dem Duft aber sofort wieder ausgesetzt. Das Einzige, was helfe, sei „einpacken und gehen“. „Wenn ich nicht Reißaus nehme, lande ich schlimmstenfalls auf der Intensivstation“, sagt sie.

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Sie wünscht sich deshalb ein „bisschen mehr Verantwortungsgefühl“ von ihren Mitmenschen. „Etwas Rücksicht wäre toll“, sagt sie. „Dass man seine Mitmenschen wahrnimmt, respektiert und auf sie Rücksicht nimmt.“ Bei Parfüm sei weniger manchmal eben doch mehr.