Erstes großes Mercedes-Upgrade schon in Melbourne
Neuer Heckflügel soll Hamilton und Russell auf Kurs bringen

In den ersten beiden Saisonrennen der Formel 1 geht es für Mercedes nur um Schadensbegrenzung. Das große Problem ist weiterhin ungelöst, doch für den Großen Preis von Australien an diesem Wochenende soll ein neuer Heckflügel die Not lindern. Ferrari mahnt derweil den Kostendeckel an.
"Viele Teile des Autos, die nicht funktionieren"
Mercedes muss aufholen. Ziemlich viel und möglichst schnell. Die großen Hoffnungen für den W13 getauften Silberpfeil haben sich an den ersten beiden Rennwochenenden nicht erfüllt, weshalb sich schon zu einem so frühen Zeitpunkt der Formel-1-Saison ein großes Update am Auto ankündigt. Für den Großen Preis von Australien (Sonntag, 7 Uhr/Sky und im Liveticker bei ntv.de) ist ein neuer Heckflügel in Arbeit. Dass der als Allheilmittel taugt, scheint nach den ernüchternden Erkenntnissen von Teamchef Toto Wolff aus dem Grand Prix in Saudi-Arabien zwar fast ausgeschlossen: "Es gibt viele Teile des Autos, die nicht funktionieren, die wir nicht verstehen, die nicht gut genug sind."
Dennoch dürfte die Hoffnung bei Mercedes sein, mit dem neuen Heckflügel dem Potenzial näherzukommen, das das Team weiterhin in seinem Fahrzeugkonzept sieht. Als ersten "major hardware change" charakterisiert das F1-eigene Technikformat "Tech Tuesday" den Tausch des aerodynamisch so wichtigen Bauteils, dem eine Schlüsselfunktion auf der Suche nach dem optimalen Abtrieb zukommt. Schon zwischen den ersten beiden Rennen hatte Mercedes den Heckflügel verkleinert, um die Downforce zu verringern, wenn auch nicht mit dem erhofften Ergebnis.
TV-Tipp: Diese 4 Formel-1-Rennen zeigt RTL 2022 im Free-TV
Orientiert sich Mercedes an Red Bull und Ferrari?
"Im Moment kämpfen wir nicht um Siege", hatte Hamilton nach seinem zehnten Platz in Dschidda resümiert: "Wir sind ziemlich weit von der Spitze. Vor uns liegt eine ganze Menge Arbeit." Sogar Kevin Magnussen im Haas war dem siebenfachen Weltmeister in den Schlussrunden davongefahren. Ziemlich sicher auch ein Grund, weshalb der 37-Jährige festhielt: "Ich hatte nicht unbedingt den Eindruck, dass wir uns [im Vergleich zum Saisonauftakt; Anm.d.Red.] verbessert haben."
Auf der Strecke im Albert Park von Melbourne soll nun der erste große Schritt folgen, um den Rückstand auf Ferrari und Red Bull zu verringern. Beide verfolgten über den Winter erkennbar andere Ansätze am Heck, das sich im Vergleich zu Mercedes in insgesamt schmaleren und sich zudem auch noch nach außen verjüngenden Flügeln zeigt, wie eine Illustration des "Tech Tuesday" zeigt. Es ist zu erwarten, dass sich die Mercedes-Neuentwicklung daran orientiert. Allerdings, da ist die Analyse rund um die Illustration wenig schmeichelhaft: "Es ist nur eine Milderung des zugrundeliegenden Problems, [...] nach dessen Lösung das Team sucht."

Porpoising das große Mercedes Problem
In Bahrain und Saudi-Arabien fehlten den Silbernen im Qualifying jeweils rund 0,7 Sekunden auf die Bestzeit, im Rennen verloren Lewis Hamilton und George Russell mitunter sogar knapp eine ganze Sekunde auf die Spitze. Während Red Bull vor allem auf den Geraden deutliche Geschwindigkeitsvorteile gegenüber Mercedes, enteilte Ferrari besonders in den schnellen Kurven. Was vor allem Porpoising lag, dem Modewort der noch jungen Formel-1-Saison 2022: dem Auf-und-ab-Hüpfen des Autos aufgrund des abreißenden Luftstroms am Unterboden.
Der Konstrukteursweltmeister der vergangenen acht Jahre musste deshalb die Fahrzeughöhe des W13 anheben, was zugleich Top-Speed kostete und das richtige Abstimmen des Boliden erschwerte. Russell gelang dies mit Platz 7 (Quali) und 5 (Rennen), während Hamilton als Quali-16. ein Debakel erlebte, das auch ein WM-Punkt für Platz 10 im Grand Prix nur wenig beschönigte. Infolge dieser massiven Probleme mit dem Unterboden, der mit den Regeländerungen zu dieser Saison zum aerodynamisch entscheidenden Bauteil wurde, scheint sogar dessen komplette Neuentwicklung denkbar.
Kostendeckel erschwert Entwicklung
Allerdings führt das zur vielleicht größten Herausforderung, die Mercedes in diesem Jahr meistern muss: die Einhaltung der Budgetobergrenze. Als "sehr, sehr schwierig" hatte Teamchef Toto Wolff es bezeichnet, "den Kostendeckel von 140 Millionen US-Dollar einzuhalten", auch wenn der Ausnahmen beispielsweise für die Fahrergehälter umfasst. Viel Raum für Fehlentwicklungen ist dabei nicht, zumal Inflation und steigende Preise auch die Formel-1-Teams treffen. "Man muss sehr sorgfältig entscheiden, an welchen Stellen man investiert", so Wolff.
Seit 2021 gilt dieser Kostendeckel, der zudem von Jahr zu Jahr schrittweise sinkt. Er soll das zeitweise fast grenzenlose Geldausgeben beenden, für mehr Ausgeglichenheit sorgen und den Teams eröffnen, erfolgreich und profitabel zugleich arbeiten zu können. Zuvor lagen die Budgets gerüchteweise mitunter bei mehr als 400 Millionen US-Dollar inklusive Fahrergehältern. In einer Saison, in der die Weiterentwicklung der Autos so wichtig ist wie lange nicht, führt das natürlich zu Argwohn. Ferrari etwa, aktuell komfortabel führend in beiden WM-Wertungen, mahnte die Formel 1 an, die Ausgaben aller Rennställe bitte genau zu überwachen.
Quelle: ntv.de