Ferrari vergeigt Boxenstopp-StrategiePerez triumphiert in Monaco - Leclercs Heim-Fluch geht weiter

Charles Leclercs Formel-1-Fluch beim Heimspiel in Monaco geht weiter! Wegen einer total verpatzten Ferrari-Strategie glitt dem Monegassen beim Prestige-Grand-Prix ein sicher geglaubter Triumph aus den Händen – nur Platz 4. Red Bull lachte sich ins Fäustchen: Sergio Perez gewann ein von Wetterkapriolen und abbauenden Reifen geprägtes Rennen vor Ferrari-Pilot Carlos Sainz, Titelverteidiger Max Verstappen wurde Dritter und baute seinen Vorsprung in der WM auf Leclerc auf neun Punkte aus.
Das Ergebnis könnte aber noch kippen: Ferrari legte Protest gegen die Red-Bull-Fahrer ein. Der Vorwurf: Beide hätten nach ihrem zweiten Reifenwechsel die Boxenlinie an der Ausfahrt unerlaubterweise überfahren.
Überschattet wurde der GP von einem schweren Unfall Mick Schumachers: Der 23-Jährige verlor in der Schwimmbad-Passage die Kontrolle über seinen Haas-Boliden und krachte in die Barriere. Sein Auto wurde dabei in zwei Teile zerrissen. Schumacher kletterte unverletzt aus dem Wrack.
Sebastian Vettel lieferte wie schon das ganze Wochenende eine tadellose Leistung ab, holte im Aston Martin als Zehnter einen Punkt.
Verstappen: "Hätten wir gestern nicht gedacht"
„Ein Traum wird wahr. Als Fahrer träumst du davon, hier zu gewinnen. Nach dem Heimrennen gibt es kein spezielleres Wochenende. Mit den abbauenden Reifen keine Fehler zu machen, Carlos hinter mir zu halten – das war nicht einfach. Ein toller Tag für mich und mein Land“, sagte Perez. Eine Genugtuung für den Mexikaner, der vor zwei Wochen beim Spanien-GP noch die zweite „Bullen“-Geige hinter Verstappen hatte spielen müssen.
Der Holländer konnte mit Platz 3 gut leben. „Ich habe das Beste gegeben nach gestern. Als Team haben wir einen guten Job gemacht mit der Strategie. Es war ein hektisches Rennen. Aber wir haben es gut ausgeführt und ich habe meine Führung ausgebaut, was wir gestern noch nicht gedacht hätten“, resümierte Verstappen entspannt.
Leclerc fand nach dem abermaligen Desaster in den heimischen Häuserschluchten im Ferrari-Radio „keine Worte“.
Regen - Trockenheit - Horrorcrash: Das irre Rennen im Zeitraffer
Vor dem Start: Extra-Spannung in Monte Carlo, es regnet! Weil sich die Bedingungen schnell ändern, verlegt die Rennleitung den Start mehrfach nach hinten. Mehrere Mechaniker karren Regenreifen ins Grid, die Fahrer bekommen Full-Wet-Walzen aufgezogen.
Formationsrunde I: Mit 16 Minuten Verspätung setzt sich das Feld in Bewegung – und zwar hinter Bernd Mayländer, der im Safety Car zunächst die Pace vorgibt. Aber nur ein Ründchen. Weil es mittlerweile richtig schüttet, wird die Rote Flagge geschwenkt. Die Fahrer parken ihre Boliden in der Boxengasse. „Ich bin noch nie so nass geworden in einem Formel-1-Auto“, funkt Schumacher durch. Eine Dreiviertelstunde geht nix.
Formationsrunde II: Um kurz nach 4 der nächste Versuch. Wieder übernimmt das Safety Car das Kommando, dieses Mal für zwei Runden, danach gibt es einen fliegenden Start.
Fliegender Start: Leclerc zieht an der Spitze weg, bremst vorsichtig in Sainte Devote, seine Verfolger tun es ihm gleich. Keinerlei Positionsverschiebungen.
Reifen-Roulette in der Anfangsphase
Runde 4/5: Noch ist der Regenreifen die beste Wahl, Pierre Gasly schlittert im AlphaTauri auf Intermediates noch bedenklich durchs Fürstentum. Dennoch wagt Schumacher früh den Wechsel auf die Misch-Pneus, fällt von 15 auf 18 zurück. Warum, wird anhand eines Ferrari-Funkspruchs klar: „Kein Regen mehr in den nächsten 30 Minuten.“
Runde 7: Vettel hat einen Platz verloren, kommt als Zehnter zum Service, holt sich ebenfalls Intermediate-Reifen ab. Auf P16 greift der Aston-Martin-Mann wieder ins Geschehen ein.
Runde 10: Leclerc pflügt unwiderstehlich davon, hat schon vier Sekunden zwischen sich und Sainz gelegt. Hinter dem Spanier lauern die „Bullen“ von Perez und Verstappen. Zumindest der Spanier ist für sie in Sichtweite.
Runde 12: Gasly zeigt, dass man in Monaco doch überholen kann. In der Mirabeau bremst er sich am Alfa Romeo von Zhou Guanyu auf P13 vorbei, dessen Regenreifen langsam, aber sicher eingehen. Von dem Zweikampf profitiert auch Vettel, der dem Chinesen im Nacken sitzt.
Runde 14: Gasly weiter on fire. Als Ricciardo in der Tabac-Kurve ins Rutschen gerät, sticht der Franzose in die Lücke, presst sich kompromisslos am McLaren vorbei – Rang 12 ist der Lohn.
Runde 16/17: Lewis Hamilton (bis dato Achter) wechselt auf Intermediates, fällt auf Platz 9 zurück. Kurz darauf das gleiche Spielchen bei Perez – der Red-Bull-Mann fällt von 3 auf 4 zurück, bleibt aber vor Norris. Im Hinterfeld plagt sich Vettel mit Zhou ab, kommt einfach nicht am Chinesen vorbei.
Bei Ferrari geht alles schief
Runde 18: Haarige Szene in Sainte Devote: Hamilton versucht, innen an Ocon vorbeizugehen. Der Franzose hält rein, es kommt zur Kollision. „Ich weiß nicht, ob mein Flügel kaputt ist“, meldet der Brite. Sicher futsch ist der Frontflügel von Schumacher nach einem Crash mit Albon. Neue Nase für den Haas, auf dem letzten Platz geht’s weiter.
VORNE DIE ENTSCHEIDUNG!
Leclerc und Verstappen kommen zeitgleich zum Service, beide holen Intermediates, beim Holländer klemmt’s, der Stopp dauert zu lange. ABER: Durch den früheren Stopp huscht Perez am zuvor so souverän führenden Leclerc vorbei. Da haben sich die Roten verzockt! Die Reihenfolge: Sainz, Perez, Leclerc, Verstappen.
Runde 22/23: Als letzter Top-Mann biegt Sainz in die Box ab, bekommt dafür als erster Fahrer Slicks – und zwar harte Pneus. In einem Abwasch fertigt Ferrari auch Leclerc ab, was allerdings in die Hose geht. Der Lokalmatador verliert hinter seinem Stallkollegen wertvolle Sekunden, bekam kurz vor dem Stopp auch noch die Ansage, doch draußen zu bleiben. Chaos pur! Leclerc fällt kurzzeitig hinter Norris auf 5 zurück, erleidet im Team-Radio einen Tobsuchtsanfall. Red Bull reagiert sofort auf den Bock der Konkurrenz, frühstückt Perez und Verstappen im folgenden Umlauf ebenfalls hintereinander ab.
Der Doppel-Stopp klappt, das „Bullen“-Kalkül geht auf: Perez kommt vor Sainz als Führender zurück auf die Strecke, Verstappen huscht hauchdünn vor Leclerc aus der Boxenstraße, übernimmt Rang 3. Aber: Der Weltmeister hat an der Boxenausfahrt die gelbe Linie gekratzt, ehe er sich Leclerc vor die Nase setzte. Die Rennleitung ermittelt, es setzt aber keine Strafe. Ferrari wird später Protest einlegen.
Schumachers Wagen wird in zwei Teile zerfetzt
Runde 27: Horror-Crash von Schumacher! In der Schwimmbad-Passage kommt er etwas zu weit nach draußen ins Nasse, das Heck bricht unvermittelt aus. Der 23-Jährige knallt in die Barriere, sein Auto wird in zwei Teile zerrissen. Nach bangen Sekunden funkt Schumacher: „Ich weiß nicht, was da passiert ist.“ Dann steigt er zum Glück unverletzt aus, für ihn geht es erst einmal ins Medical Centre.
Das Safety Car kommt zunächst raus, der zerfetzte Haas muss geborgen, unzählige Karbon-Splitter weggefegt werden. Haas-Teamchef Günther Steiner dürfte mit Blick auf die Kosten und den Budgetdeckel ganz anders zumute sein.
Runde 29/30: „Kein Regen in den nächsten 30 Minuten“, funkt Leclercs Renningenieur durch. „Perfekt“, höhnt der Monegasse zurück. Sein Heimfluch wird um das Kapitel „Verpatzte Strategie“ reicher. Kurz darauf Rote Flagge, Rennabbruch – die Autos biegen in die Box ab bis die Unfallstelle gesäubert und die angeschlagene Tecpro-Barriere repariert ist.
Ein Blick aufs Klassement: Bis auf die Williams-Piloten Alex Albon (medium) und Nicholas Latifi (hart) hatten vor dem Schumacher-Crash alle Fahrer auf hart umgesattelt. Vettel hat von der Safety-Car-Phase profitiert, ist als Elfter in Schlagdistanz zu den Punkten. Vor dem Aston Martin liegt Alfa-Romeo-Pilot Valtteri Bottas. Außerdem hat es Mercedes-Ass Russell an Landsmann Norris auf 5 vorbei geschafft.
Perez rettet durchgenudelte Reifen ins Ziel
17:15 Uhr: Weiter geht’s: Hinter Geburtstagskind Mayländer (alles Gute zum 51, Bernd!) geben die 18 verbliebenen Fahrer wieder Gas. Neben Schumacher ist auch Haas-Kollege Kevin Magnussen draußen.
Fliegender Re-Start, Runde 32/33: Perez bleibt souverän vorne, Sainz, Verstappen und Leclerc folgen. Auch dahinter tut sich nix.
Runde 33 bis Ziel: Es gilt die Zwei-Stunden-Regel, die Uhr tickt herunter, die vollen 78 Runden werden wegen der vielen Pausen nicht gefahren. Es entwickelt sich ein Reifen-Thriller: Perez‘ Walzen machen eine Viertelstunde vor Schluss richtig schlapp. Sainz hängt dem Mexikaner im Getriebe, Verstappen und Leclerc rücken dem Führungsduo ebenfalls auf die Pelle. Alle könnten sie locker schneller fahren als Perez. Aber: Auf den engen Gassen ist einfach kein Vorbeikommen.
Perez bringt die durchgenudelten Reifen ins Ziel, feiert seinen dritten GP-Sieg und hört von Fürst Albert den berühmten Satz: „I’m glad it’s you“ (Es freut mich, dass Sie der Sieger sind). Sainz‘ zweiter Platz kann die Laune bei Ferrari nicht aufhellen. Verstappen kann mit Rang 3 vor Leclerc leben, dessen Monaco-Fluch geht weiter – unfassbar! „Kein Worte, keine Worte“, funkt der Lokalmatador ungläubig durch: „Die Saison ist lang, aber das können wir nicht machen.“
Russell setzt seine Serie fort, hat als einziger Fahrer jedes Rennen in den Top 5 beendet. Norris wird Sechster, holt dank der Schnellsten Rennrunde neun Punkte für McLaren. Alonso macht Beute für Alpine, Hamilton und Alfa-Routinier Bottas folgen. Vettel profitiert von einer 5-Sekunden-Strafe gegen Ocon (für die Kollision mit Hamilton) und staubt als Zehnter den letzten Punkt ab.