Rosberg und Glock loben "Fahrer des Tages"
Lebt denn der alte Vettel Seb noch? Ja, er lebt noch, er lebt noch ...

Die Formel 1 ist von Natur aus ein schnelllebiges Geschäft. Beim Spanien-GP auf der „Referenzstrecke“ von Barcelona gurkte Sebastian Vettel der Konkurrenz noch hoffnungslos hinterher. Zwei Wochen später in Monaco sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. In den engen Häuserschluchten präsentiert sich der viermalige Weltmeister endlich wieder so, wie man ihn lange kannte. Fans und Experten jubilieren.
"Bestes Wochenende bisher"
Im Fahrerlager von Monaco wurde schon wieder aufgeräumt, als Sebastian Vettel nach dem Prestige-Rennen an der Côte d’Azur bei den Kollegen von Sky vorbeischaute. Aufgeräumt wirkte auch der 33-Jährige. Er hatte allen Grund dazu: Endlich war’s für Vettel im Aston Martin ein ganzes Wochenende über mal so richtig rund gelaufen. Der Lohn: Achter im Qualifying, Fünfter im Rennen, die ersten Punkte eingesackt, in der WM als Elfter (10 Zähler) jetzt vor Stallrivale Lance Stroll (9).
"Der fünfte Platz ist mit Sicherheit gut, es war das beste Wochenende bisher. Irgendwie wussten wir, dass wir hier etwas mehr rausholen können als woanders", rekapitulierte Vettel: "Wenn du rausfährst und direkt ein gutes Gefühl hast, kannst du darauf aufbauen."
Der 53-malige GP-Sieger brachte sein Monaco-Wochenende damit auf den Punkt. Zwar ist der Aston Martin nicht über Nacht ein Top-Auto geworden. Dank seiner Erfahrung – und eines „kleinen Updates“ – konnte Vettel im Leitplanken-Labyrinth aber tatsächlich „mehr rausholen“ als bisher. Von einem Schreckmoment in Q1 am Samstag abgesehen, als er Glück hatte und die zweite Quali-Runde nur mit 18 Tausendstel Vorsprung auf Rookie Yuki Tsunoda erreichte, machte Vettel im Fürstentum wirklich den Unterschied.
Aston Martin-Rivale Stroll sah auf der engen Piste nicht einmal gegen einen „einäugigen“ Vettel Land. Der zweimalige Monaco-Sieger (2011 und 2017) tat im Fürstentum, was Ralf Schumacher gefordert hatte: Er „dominierte“ den jungen Kanadier. Zum ersten Mal in dieser Saison.
Rosberg: "Das war phänomenal"
„Ich freue mich so sehr für Sebastian, wir haben ihn ja so häufig kritisieren müssen. Heute haben wir endlich den alten Sebastian gesehen“, lobte Formel-1-Experte Nico Rosberg den oft Gescholtenen bei Sky. Was Rosberg besonders imponierte, waren die Runden, die Vettel vor seinem Boxenstopp in Runde 33 in den Asphalt brannte.
Während Vettels direkte Konkurrenten Pierre Gasly (AlphaTauri) und Lewis Hamilton (Mercedes) schon gestoppt hatten und dank der Frische ihrer harten Gummis im Kampf um Platz 5 wieder mächtig Dampf machten, blieb Vettel länger draußen, um das Duo in der Box zu schnappen. „Overcut“, heißt das im F1-Strategie-Sprech. Der Aston-Martin-Pilot quetschte unter Druck das Letzte aus seinen durchgenudelten Soft-Pneus heraus und blieb – als er die Boxengasse wieder verließ – hauchdünn vor Gasly. Rang 5 war dadurch zementiert.
„Die zwei Runden, die er da gefahren ist, als Gasly und Hamilton schon in der Box waren, das war phänomenal“, attestierte der in Monaco heimische Rosberg dem Aston-Martin-Mann einen veritablen Ritt durch die Häuserschluchten. Auch Vettels Hessen-Spezi Timo Glock stimmte in das Loblied ein, gab seinem Landsmann „9,5 von zehn Punkten“. Den halben Punkt Abzug habe es gegeben, weil die grüne Mütze beim Interview „so ein bisschen schief war“, scherzte der Sky-Experte.
Fans wählen Vettel zum "Driver of the Day"
Die Formel-1-Fans sahen das Ganze übrigens genauso. Mit 23 Prozent der Stimmen wählten sie nicht etwa Triumphator Max Verstappen zum „Fahrer des Tages“, sondern Vettel.
Der viermalige Weltmeister – so scheint es – ist endlich wieder da, fühlt sich im Aston Martin nach einer Eingewöhnungszeit immer wohler, zudem im Team angekommen. Dass all dies stimmt und Monte Carlo kein Ausreißer war, muss Vettel nun beim nächsten Rennen in Aserbaidschan beweisen. Mit Baku wartet der nächste Stadtkurs. Und auch in den engen Gassen der Altstadt kann der Fahrer den Unterschied machen. (mar)