Interview über schlechte Dating-Erfahrungen, Castingshows und AufklärungsunterrichtEX-GNTM-Kandidatin Lucy Hellenbrecht: „An erster Stelle bin ich Frau und an zweiter Stelle möchte ich erst Trans sein“

Ihr stutzt kurz, wenn sich zwei Männer in der Öffentlichkeit küssen? Oder wenn eine Frau sagt, dass sie früher mal ein Mann war?
Dann denkt noch mal darüber nach. Denn: Im Jahr 2024 sollte das total normal
sein. Ist es aber nicht, sagt Ex-GNTM-Kandidatin Lucy Hellenbrecht (25). Warum es genau deswegen so wichtig ist, dass wir diese Themen immer und immer wieder in der Öffentlichkeit ansprechen, hat uns das Model im Interview verraten.
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„Ich bin privat kein Biologiebuch, ich bin kein Experiment und ich bin auch kein Aufklärungsunterricht“
Sie ist eine Frau. Punkt, Ende und aus. Doch für viele ist sie eben nicht nur eine Frau, sondern eine Frau, die früher mal ein Mann war. Lucy Hellenbrecht ist Trans. Und das bekommt die einstige „Germany’s Next Topmodel“-Kandidatin vor allem beim Daten zu spüren. Und genau darüber berichtete die Influencerin erst kürzlich auf ihren sozialen Medien. Die Folge? Bekannte YouTuber griffen diese Erfahrung auf und versuchten, die 25-Jährige zu belehren. Ja, sogar die Männer, die Lucy datete, in Schutz zu nehmen. Frei nach dem Motto: Stell dich doch nicht so an.
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Dabei macht das Model immer wieder schlechte Erfahrungen beim Daten: „Vermehrt sind es schon schlechte Erfahrungen beim Dating. Ich habe auch einfach ein doppeltes Päckchen mit der Öffentlichkeit und dem Transsein. Ich muss da immer durch diese zwei großen Wälder durchbrechen. Die einen sagen: ‚Geil, ich habe noch nie ein Model gedatet‘ und die anderen wollen dann Aufklärung.“ Was Lucy damit meint, ist, dass die Männer, die nach dem zweiten oder dritten Date auf ihrer Couch sitzen, Dinge sagen, wie: „Ich weiß ja nicht. Wir können das ja erstmal probieren.“
Dazu hat Lucy eine ganz klare Meinung und Antwort: „Ich bin privat kein Biologiebuch, ich bin kein Experiment und ich bin auch kein Aufklärungsunterricht!“ Dass Menschen Fragen haben und manchmal auch vielleicht überfordert mit gewissen Situationen sind, ist klar. Das ist auch Lucy klar. Aber das Model macht zwischen Privatleben und der Öffentlichkeit einen Unterschied. „An erster Stelle bin ich Frau, und an zweiter Stelle möchte ich erst Trans sein“, stellt sie im RTL-Interview klar.
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Lucy Hellenbrecht will aufklären
Lucy weiß, dass man Feuer nicht mit Feuer bekämpfen kann: „Wenn es um das Transsein geht, dann ist das eine Minderheit. Ich kann es mir nicht erlauben, gerade in so einer hitzigen Diskussion, die Mehrheit zu verlieren. Ich möchte niemandem ans Bein pinkeln, weil: Wenn es darauf ankommt, brauche ich die Unterstützung der Mehrheit, weil ich die Minderheit bin. Deswegen finde ich es so schade, dass immer überall auf Verteidigungsmodus und Angriffsmodus gegangen wird, weil das im Endeffekt verschrecken kann und ich möchte nicht verschrecken. Ich möchte aufklären und ich möchte Akzeptanz haben. Oftmals ist es so: die gegen uns. Aber für mich ist es: wir gegen das Problem. Es ist immer noch die Intoleranz, die das Problem ist.“
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So versucht die 25-Jährige alles zu tun, damit Aufklärung stattfindet. Seit über einem Jahr wird sie sogar an Schulen eingeladen, sie hält dort Vorträge, klärt auf und steht den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort. Die Resonanz? Durchweg positiv! Und Lucy weiß auch, warum! „Als Person, die in dieser aktivistischen Rolle steckt, muss man auch bisschen in den sauren Apfel beißen und sagen ‚Okay, für euch gehe ich einen Schritt in der Entwicklung zurück und begebe ich mich auf euer Level hinunter.’ Und dann kläre ich auf und rede viel darüber. Auch wenn ich jetzt selber nicht so das Bedürfnis danach hätte.“
Doch es ist wichtig. Das wird auch in der Sendung, in der Lucy bekannt wurde, so gemacht. Immer wieder wird kommuniziert, dass GNTM divers sein will. Dass sie Frauen unterschiedlichen Alters dabei haben wollen, Frauen mit großen und kleinen Größen, alle Sexualitäten, Hautfarben, Religionen sind willkommen – und dieses Jahr sogar Männer. Aber nervt es nicht auch manchmal, dass diese vermeintlich normalen Themen immer noch so groß gemacht werden müssen?
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Repräsentation ist Lucy wichtig - auch bei „Germany's next Topmodel“
„Toleranz in Deutschland ist gut, solange es nicht im eigenen Garten passiert. Wenn der Sohn meiner Nachbarin schwul ist, ist das in Ordnung, im eigenen Garten ist das aber nochmal eine andere Geschichte“, stellt Lucy klar.
Sie selbst hat 2020 bei der Castingshow von Heidi Klum (50) mitgemacht. Und das war DAS Thema schlechthin: „Also ich weiß halt, dass das bei mir so zum Thema gemacht wurde, weil ich damals die Geschlechtsangleichende Operation noch nicht hatte. Und da würde ich sagen, da lässt man das nochmal durchgehen, weil das auch für die Zuschauer nochmal ein ganz anderes Thema ist. Weil man sieht dann Transfrauen und hört von Transfrauen und setzt sich damit ein bisschen auseinander, aber dass da nochmal so ein Sonderfall existiert, also eine Transfrau, die keine Operation gemacht hat und trotzdem bei GNTM mitmacht, dass da so ein Wind draus gemacht wird, finde ich in Ordnung“, erklärt das Model und stellt auch nochmal klar, dass sie sich selbst dafür entschieden habe.
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Weiter erklärt die Aktivistin: „Das Schöne ist einfach, dass GNTM es normalisiert. Früher war es schon so, dass da dann eine als Gag dabei war. Da war dann eine Transfrau pro Staffel oder eine Curvy-Frau pro Staffel und dann gewinnt aber eine – dann gewinnt eine Transfrau, dann gewinnt ein Curvy-Model und dann ist es besiegelt. Ich finde es mittlerweile einfach gut, dass jedes Jahr welche dabei sind und dass das auch jedes Jahr kommuniziert wird: Ja, sie sind Trans, ja erzähl von unserer Geschichte, weil's einfach für mich so ein Zeichen ist, dass von einer Gruppe meistens eine Transfrau dabei ist. In der Hinsicht finde ich das gut, dass das bei GNTM so normal angekommen ist.“
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Denn am Ende des Tages ist Lucy eine Sache wichtig: Repräsentation!