Vierte Coronavirus-Welle
Eiswetter rollt auf uns zu: Befeuert das Tief aus Russland die Inzidenzen?

Endlich wieder weiße Weihnacht? Der bevorstehende Winter könnte tatsächlich mal wieder einer der kälteren Sorte werden und uns eine sowohl besinnliche als auch frostige Adventszeit bescheren. Aber Moment: Ist das – in Anbetracht der aktuellen Corona-Zahlen – wirklich ein Grund zur Freude? Wir haben bei Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht nachgefragt, ob das kalte Wetter negative Auswirkungen auf Inzidenzen und Co. haben wird. Was Sie jetzt wissen müssen.
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Hohe Corona-Zahlen: Zusammenhang mit kaltem Wetter eindeutig
Wetter-Prognosen nach zu urteilen kommt der diesjährige Winter schon früh in Fahrt. In Sibirien zum Beispiel sind schon jetzt Tiefstwerte von -40 Grad gemeldet worden. Zugegeben: Die russische Region ist nicht gerade bekannt dafür, dass es dort besonders warm ist, trotzdem sind selbst diese Zahlen für diesen Zeitpunkt ungewöhnlich. Wenn auch bei uns die Werte Anfang Dezember Richtung Minusgrade gehen, wird sich der ein oder andere vermutlich die Frage stellen, wie sich die Corona-Lage verändern wird.
Schon jetzt wird für Booster-Impfungen plädiert, Teile Österreichs und Tschechien sind wieder zu Hochrisikogebieten ernannt worden und Rekord-Inzidenzen dominieren die Corona-Nachrichtenwelt. Rosig sieht anders aus. Allgemeinmediziner Dr. Specht sieht einen klaren Zusammenhang zwischen kalten Temperaturen und dem Coronavirus: „Sehr früh hat sich herausgestellt, dass das Coronavirus, was seine Infektionshäufigkeit betrifft, einen saisonalen Verlauf hat. Das Virus selbst mag Kälte lieber als Hitze, daher sind die Bedingungen im Herbst und Winter besonders gut. Und: Wir Menschen als Wirt verhalten uns ebenfalls anders.“ Damit meint er, dass wir uns im Sommer beispielsweise eher draußen aufhalten, wohingegen wir im Winter eher drinnen sind, wo die Ansteckungsgefahr höher ist. „Jetzt im zweiten Winter mit Corona kann man sagen, dass das Virus genau da reinpasst.“
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Aufhalten in Räumen begünstigt das Infektionsgeschehen
Auch die Altersgruppenverteilung spiele, so der Mediziner, eine wichtige Rolle: „Im Sommer sind es eher die Jüngeren, die draußen sind und viel Kontakt haben. Wenn sich alle, darunter auch die Älteren, in den Häusern aufhalten, ist das wegen der Ansteckungsrate ein Problem, weil sie das größte Risiko tragen.“ Es gehe dann nämlich nicht nur um die Infektion als solche, sondern im schlimmsten Fall um Leben und Tod. Wenn es also „alleine usselig“ oder eben sehr kalt wird und „wir uns in, näher zusammengerückt, in den Räumen aufhalten, begünstigt das eine Infektion“, fasst Dr. Specht zusammen.
Lassen kalte Temperaturen die Inzidenz steigen?

In Bezug auf die Inzidenzen sieht der Allgemeinmediziner die Lage kritisch: „Letztes Jahr, ohne Impfungen, hat man anhand der Inzidenzen gut gesehen, wie sich die Corona-Lage entwickelt. Jetzt wäre es allerdings viel interessanter zu sehen, wer eigentlich infiziert ist. Aktuell ist die Inzidenz nämlich bei den Jungen sehr hoch – das hat eine andere Gewichtung als bei den Alten.“ Trotzdem geht er aber davon aus, dass die Inzidenz auch in der älteren Bevölkerungsgruppe steigen wird: „Das ist eindeutig zu erkennen“.
Infizieren sich ältere, gefährdetere Menschen mit Covid-19, wirkt sich das auf die Intensivstationen aus. „Im Vergleich zum letzten Jahr haben wir aktuell 4.000 Betten und einiges an Personal weniger – aber auch weniger Patienten. Das Problem ist aber, dass das Personal fehlt.“ Nichtsdestotrotz betont Dr. Specht, dass etwa acht Prozent der belegten Betten auf tatsächliche Corona-Patienten zurückzuführen sind.
Fakt ist, dass „die Zahlen weiter steigen werden“, man aber das Melden der aktuellen Inzidenzen näher erläutern müsste, um einen Überblick über die jeweiligen Altersgruppen zu bekommen. Wird es also bald kälter, sollte man vermutlich viele Kontakte vermeiden, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu kriegen. (vdü)
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