Volle Kliniken, zu wenig Personal

Doc Caro schlägt Alarm: "Wir müssen über die Impfpflicht diskutieren"

Dr. Carola Holzner, Leitende Oberärztin des Universitätsklinikums Essen
Notfallmedizinerin Dr. Carola Holzner bloggt unter dem Namen Doc Caro.
facebook/doc.caro.holzner

Die Intensivstationen sind voll, das Pflegepersonal zu wenig und die Impfquote immer noch zu gering. Das merkt auch Notfall- und Intensivmedizinerin Dr. Carola Holzner alias Doc Caro, wie sie selbst sich und Patienten sie nennen, bei ihrer täglichen Arbeit. Warum Holzner glaubt, dass vor allem Aufklärung die Impflücke schließen könnte und warum genau jetzt ganz dringend über eine Impfpflicht diskutiert werden muss, hat sie am Dienstagabend bei „Markus Lanz“ erklärt.
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Erfahrungen aus Israel hätten uns vorbereiten können

"Mir sträuben sich die Nackenhaare, weil wir seit einem Jahr über das Gleiche diskutieren und jetzt wissenden Auges völlig unvorbereitet in diesen Herbst hineingegangen sind", erklärt Carola Holzner am Dienstagabend in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“.

Statt auf vergleichbare Pandemieverläufe wie beispielsweise in Israel zu schauen und so auf die nötigen Booster-Impfungen vorbereitet zu sein, wurden Impfzentren geschlossen und Corona-Tests wieder kostenpflichtig gemacht, so Holzner. „Also alles das, was uns noch so als Mittel bleibt, um dagegenzuwirken.“

"Wir fahren mit Vollgas in die Kurve"

Auch das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn befürwortete Ende der "epidemischen Lage nationaler Tragweite" sei laut der Medizinerin und Buchautorin* das falsche Signal. „Wir müssen jetzt extrem drauf hinweisen, dass wir gerade mit Vollgas in die Kurve fahren, wissenderweise, dass wir diese Kurve nicht mehr bekommen. Und es ist jetzt der Moment, wo wir sagen, es ist so ernst, dass wir tatsächlich auch so Themen wie Impfpflicht diskutieren müssen.“

Vor allem für Menschen im Gesundheitswesen sei eine Impfpflicht richtig: „Ich finde, dass Menschen, die mit Immunschwachen, mit Patienten, mit kranken Menschen zu tun haben, das zum Eigen- und vor allem zum Schutz der Patienten tun sollten.“ Allerdings dürfe man auch nicht vergessen, dass die Patienten, die in die Krankenhäuser kommen, auch das medizinische Personal gefährden.

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Impfpflicht für alle?

Die logische Konsequenz wäre im Prinzip eine Impfpflicht für alle. Doch Holzner hält Kommunikation für viel entscheidender: „Ich finde immer noch, dass eine Impfung etwas ist, was auf Aufklärung beruhen sollte und nicht auf einem Zwang, aber man muss auch mal sagen, wenn es um eine Gesellschaft geht, dann ist das etwas, was sicherlich nicht leicht zu entscheiden ist, aber durchaus diskutiert werden muss.“

„Ich könnte neun von zehn Menschen überzeugen, sich impfen zu lassen“

Auch wenn man meinen könnte, dass es ausreichend Aufklärung über die Corona-Impfung gab, hat diese offenbar nicht alle erreicht, wie Holzner aus ihrem Klinikalltag weiß. Denn, nicht alle sind grundsätzlich gegen eine Impfung: „Ich kann nicht bestätigen, dass die sich alle nicht impfen lassen würden“, erklärt sie.

Wenn Patienten in Notaufnahme kämen, wird immer gefragt, ob diese geimpft seien. Etwa ein Drittel der Patienten sei nicht geimpft. Doc Caro frage dann immer nach dem Grund, erzählt sie weiter:

„Ein ganz kleiner Teil ist tatsächlich nur der militante Impfgegner, das habe ich ganz selten gesehen. Die meisten haben immer noch Bedenken, die bis dato nicht ausgeräumt werden konnten. Das sind Kleinigkeiten, kleine Fragen. Und wenn ich die Zeit habe, versuche ich, die Menschen zu überzeugen. Und ich habe immer scherzhaft gesagt, wenn ich so ein Revers anhätte mit Impfdosen, dann würde ich tatsächlich meiner Meinung nach neun von zehn Menschen überzeugen können, sich impfen zu lassen. Weil die Leute einfach noch einen Aufklärungsbedarf haben. Die sind nicht erreicht worden – warum auch immer. Aber die kann ich erreichen, nämlich wenn ich vor denen stehe.“ (akr)

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