Pflegerinnen berichten von dramatischen Zuständen
Covid-19: So geht es schwer Erkrankten wirklich

Wir sehen viele Zahlen zur Auslastung von Intensivbetten oder Daten über die Verbreitung des Virus. Was wir seltener sehen, ist der Zustand von Covid-19-Patienten, die nicht das Glück hatten, das Virus wie eine schwere Grippe zu durchleben. Hier erzählen zwei Krankenpflegerinnen*, was diese schwer erkrankten Patienten tatsächlich durchleben.
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Patienten häufig kaum ansprechbar
Ein großes Problem sei das fehlende Personal in den Krankenhäusern, denn die Betreuung von Corona-Patienten sei sehr aufwendig. „Von neun Betten auf der Intensivstation sind acht mit Covid-19-Patienten belegt. Und die brauchen eine 1:1-Betreuung“, erklärt die Notfall-Pflegerin.
„Wir hatten letztens einen 96-Jährigen, der war positiv getestet und auch wirklich schlecht dran. Wir müssen uns dann voll vermummen, mit Anzügen, FFP2-Masken, Hauben und Brillen und die Erstuntersuchung machen. Der hatte Fieber und verstand uns gar nicht mehr richtig“. Gerade bei älteren Patienten seien die Fragen nach dem sonstigen Gesundheitszustand schwierig, dabei sind mögliche Vorerkrankungen eine wichtige Information für das Krankenhauspersonal.
„Für meine Kollegen auf der Intensivstation ist das richtig schlimm. Da laufen die schon richtig auf dem Zahnfleisch“, sagt sie.
"Die Betreuung ist unheimlich pflegeintensiv"
Beide Krankenpflegerinnen erzählten, dass sie überrascht seien, wie schnell sich der Zustand von positiv getesteten Patienten verändern könne. „Es spricht ein Patient noch mit dir und innerhalb von zwanzig Minuten geht es dem so schlecht, dass er intubiert werden muss“, sagt die Intensiv-Pflegerin. „Das heißt, sie haben einen Beatmungsschlauch in der Luftröhre.“
Wenn die Atmung der Patienten besonders schlecht ist, werden sie in Bauchlage gebracht. „Wir hatten mehrere Patienten, die 140 oder 150 Kilo wogen und die müssen dann gewendet werden“, beschreibt die Intensiv-Pflegerin. Das sei allein körperlich sehr anstrengend.
„Jemanden zu betreuen, der beatmet wird, ist unheimlich pflegeintensiv. Der ist intubiert, der kann nicht essen, nicht ausscheiden, der muss schlafen. Das heißt, der braucht Unmengen an Medikamenten: Schmerzmedikamente, Schlafmedikamente, Muskelrelaxans, Blutverdünner gegen Embolien“, listet die Intensiv-Pflegerin auf. „Die Kreislaufsituation ist so schlecht, das kann sich jederzeit ändern.“
Für diese Aufgabe braucht das Pflegepersonal eine spezielle Ausbildung – und bei weitem nicht alle habe diese. Auch um einen Überblick über die diversen Medikamente zu behalten, brauche es jahrelange Erfahrung.
Ein Patient belegt eine Beatmungsmaschine für bis zu vier Wochen
Die Auslastung der Intensivbetten in deutschen Krankenhäusern zeigt, wie viele Menschen aktuell eine intensiv-medizinische Versorgung benötigen. Dabei handelt es sich nicht nur um Corona-Patienten, sondern auch um alle anderen. Gerade Covid-19-Patienten sind aber besonders pflegeintensiv, da sich das Personal ausreichend schützen und alles, womit die Infizierten in Kontakt kommen, aufwendig gereinigt werden muss. Diese Auflistung zeigt die Auslastung der Betten, nicht aber die Personal-Situation in der Klinik – ein entscheidendes Manko.
Auch wenn Patienten sich von der Covid-19-Erkrankung erholen, wird die Folgezeit schwierig. „Die Beatmung dauert Minimum zwei Wochen bis vier Wochen. Vielleicht kann man einen Patienten nach drei Wochen von der Maschine entwöhnen. Das ist eine schwierige Zeit, auch für die Angehörigen, weil den Patienten hinterher drei bis vier Wochen in ihrem Leben fehlen. Die sind durcheinander, durch die ganzen Medikamente“, berichtet die Intensiv-Krankenpflegerin.
„Deswegen bin ich richtig sauer, wenn dann jemand nicht vier Wochen auf eine Hochzeit oder aufs Essen gehen verzichten kann. Die Leute wissen nicht, wie ernst es werden kann“, mahnt die Intensiv-Pflegerin.
*Beide Krankenpflegerinnen wollen gerne anonym bleiben, da sie negative Konsequenzen für ihren Job befürchten. Gleichzeitig ist es ihnen wichtig, dass diese Erzählungen öffentlich gemacht werden.