Blutbad in Algerien: Offenbar Dutzende Geiseln und Entführer getötet
Das Geiseldrama in der algerischen Wüste ist eskaliert: Viele Geiseln und auch Entführer auf dem Gasfeld in der Sahara sind nach einem Luftangriff Algeriens tot. Sichere Informationen zur Zahl und Nationalität der Menschen gibt es aber nicht, es existieren widersprüchliche Angaben. Offenbar ist auch einigen Geiseln die Flucht gelungen. In Europa regt sich Ärger über den Informationsfluss aus Algerien.

Nach Darstellung der Terroristen wurden 35 Geiseln und 15 Kidnapper getötet, als die algerische Luftwaffe die Geiselnehmer auf dem Gasfeld im Osten des Landes angriff. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es nicht, der Hergang der Aktion und die tatsächliche Zahl der Opfer sind noch unklar.
Die Militäraktion zur Befreiung ausländischer Geiseln ist nach Angaben der Regierung in Algier noch nicht beendet. Informationsminister Mohamed Said Belaid sagte entgegen anderslautender Berichte des staatlichen Rundfunks. "Die Armeeoperation dauert an."
Nach Informationen der algerischen Nachrichtenagentur APS konnten bei der Militäraktion vier ausländische Geiseln befreit werden. Weitere sieben sollen noch in der Gewalt der Entführer sein. Mehrere Geiseln konnten fliehen. Ein überlebender Ire meldete sich bei seinen Angehörigen.
"Wir werden alle Geiseln töten, sollte die algerische Armee versuchen, sie mit Gewalt zu befreien", hatte ein Sprecher der Terroristen laut der mauretanischen Nachrichtenagentur ANI gesagt. Hinter der Geiselnahme steht nach algerischen Angaben die Organisation Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQMI).
International stößt das algerische Vorgehen auf heftige Kritik: Der britische Premier David Cameron zeigte kein Verständnis für die algerische Informationspolitik. Cameron sagte wegen dem Geiseldrama seine geplante EU-Grundsatzrede ab. Auch Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg beklagte, man habe weiter keine sicheren Informationen über das Schicksal der Geiseln. Auch die USA forderten "Klarheit" von der algerischen Regierung.
Transall-Maschinen zu Mali-Einsatz gestartet
Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich "tief betroffen" über den Tod der Geiseln: "Diese Terroristen, das sind keine Freiheitskämpfer. Das sind brutale Kriminelle, die auch vor der Ermordung von Unschuldigen keinen Halt machen."
Der britische Außenminister William Hague kritisierte die Terroraktion als "kaltblütigen Mord". Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte vor der Terrorgefahr für Europäer. "Wir stehen im Fadenkreuz des islamistischen Terrors", sagte er beim Treffen der EU-Innenminister im irischen Dublin.
Die Islamisten hatten am Mittwoch die Förderanlage gestürmt. Ihre Aktion sei eine Vergeltung für die Unterstützung der französischen Militäraktion in Mali durch Algerien, erklärten sie. Das Land hatte den französischen Kampfflugzeugen Überflugrechte eingeräumt. Die Geiselnehmer hatten ein Ende der französischen Militäraktion sowie freien Abzug mit ihren Gefangenen verlangt. Die islamistischen Gruppen im Norden Malis gaben an, keine Verbindung zu den Geiselnehmern in Algerien zu haben.
Auch in Somalia gab es eine Vergeltungsaktion durch Islamisten: Wie schon am Wochenende nach einer gescheiterten Befreiungsaktion befürchtet, haben die Islamisten dort einen 2009 entführten französischen Geheimdienstoffizier hingerichtet - das bestätigte die Gruppe jetzt.
In Brüssel haben derweil die Außenminister der 27 EU-Staaten in einer Sondersitzung entschieden, Militärausbilder nach Mali zu schicken. Dies teilte der EU-Ministerrat mit. Die vermutlich etwa 250 Ausbilder sollen die malischen Streitkräfte in die Lage versetzen, islamistische Aufständische im Norden des Landes zu bekämpfen. Diese sollen durch etwa 200 Soldaten geschützt werden.
Westerwelle sagte, der Umfang der deutschen Beteiligung stehe noch nicht fest: "Das werden wir jetzt natürlich in der Bundesregierung erörtern." Zuvor müsse zwischen den Europäern gesprochen werden, "wer welche Beiträge leistet".
Zwei Transall-Transportmaschinen der Bundeswehr sind unterdessen im schleswig-holsteinischen Hohn zum Einsatz im westafrikanischen Mali gestartet. Nach Angaben des Luftwaffentransportgeschwaders 63 hat jede Maschine sieben Besatzungsmitglieder an Bord. Eine weitere Transall soll am Freitagmorgen aus dem bayerischen Landsberg starten. Die Maschinen landen zunächst in Frankreich zwischen, wo sie mit Sanitätsmaterial beladen werden und ins malische Bamako weiterfliegen. Eine der drei Maschinen ist nur als Ersatz vorgesehen.