Sie sind am Bauch zusammengewachsen
Hamburger Ärzte trennen sieben Wochen alte verbundene Zwillinge: „Es war eine besondere Herausforderung“

Schon früh zeigen die Ultraschallbilder: Diese Zwillinge liegen ungewöhnlich eng beieinander!
Im vergangenen August sind im Hamburger Universitätsklinikum verbundene Zwillinge zur Welt gekommen. Eine aufregende und besondere Zeit für die Eltern UND das Ärzte-Team. Denn bei der Geburt kommen die Kinder nicht wie andere Zwillinge nacheinander zur Welt – sondern gleichzeitig!
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Ärzte erfreut über erfolgreiche Geburt
In der 33. Schwangerschaftswoche ist es soweit: Nach aufwendiger medizinischer Planung kommen die siamesischen Zwillinge im August per Kaiserschnitt zur Welt. Zuvor hatte das Ärzte-Team am Hamburger UKE sich auf die verbundenen Neugeborenen vorbereitet: Von der medizinischen Versorgung der Babys bis hin zu einer Stellprobe aller Beteiligten im OP muss jeder Handgriff sitzen.
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„Es war eine besondere Herausforderung, da bei einer normalen Zwillingsgeburt nur jeweils ein Kind durch die Öffnung der Gebärmutter passen muss, da sie ja nacheinander auf die Welt geholt werden“, erklärt Prof. Dr. Kurt Hecher, Direktor der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe, in einer Pressemitteilung. Verbundene Zwillinge sind äußerst selten.
Laut Schätzungen treten solche Schwangerschaften mit einer Häufigkeit von 1:50.000 bis 1:200.000 auf, heißt es vom UKE. Umso glücklicher ist der Mediziner über den Erfolg dieser besonderen Geburt. Sie ist allerdings nur die erste Hürde. Eine Operation soll die Zwillinge im Alter von nur sieben Wochen trennen.
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Zwillinge getrennt - nach vier Stunden im OP
So besonders die verbundenen Zwillinge sind, mit so viel Risiko starten sie auch ins Leben. Nach Angaben des Universitätsklinikums würde je nach Art und Ausprägung der Verschmelzung nur ein Bruchteil der Neugeborenen lange genug überlegen, um eine trennende Operation durchzuführen. „Im vorliegenden Fall waren die Kinder medizinisch gesehen ein Idealfall, da sie jeweils alle lebenswichtigen Organe besaßen“, sagt Hecher.
Bereits vor der Geburt prüfen die Mediziner genau, welche Organe und Körperteile der Babys miteinander verschmolzen sind. Ultraschallbilder und ein MRT zeigen, dass die Mädchen nur an der Bauchwand und der Leber verbunden sind.
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Zum errechneten Geburtstermin ist es dann soweit. In einem vierstündigen Eingriff konnten die Mädchen erfolgreich getrennt werden. „Unser ärztliches und Pflegeteam hat sich schnell auf die Versorgung der Kinder ‘im Doppelpack‘ eingestellt“, sagt Intensivmediziner Prof. Dr. Dominique Singer. „Selbst, als die beiden vor der Operation einmal eine etwas schwierigere Phase durchmachten, hatten wir stets den Eindruck, dass sie sich auch gegenseitig stabilisierten.“
Eltern „zutiefst dankbar“ über Betreuung im UKE

Die Mädchen konnten Ende Oktober nach Hause entlassen werden und haben sich vollständig von der Operation erholt. Sie haben ihr gemeinsames Geburtsgewicht von insgesamt 3.600 Gramm bereits verdoppelt und entwickeln sich gut.
„Wir sind dem medizinischen Fachpersonal des UKE zutiefst dankbar für die Betreuung, Versorgung und Trennung unserer Mädchen“, so die stolzen Eltern. Sie wollen anderen Paaren Mut machen, die von einer ähnlichen Diagnose überrascht werden. „Es ist mittlerweile in der Medizin so viel möglich und es lohnt sich!“ (okr)