Russen besetzen AKWKein Strom mehr in Tschernobyl! Wie gefährlich ist das?
![Reparaturarbeiten am explodierten ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl (Aufnahme vom 1. Oktober 1986). Im Vordergrund der zerstörte Reaktorblock 4, in dem sich am 26. April 1986 eine Explosion ereignete, die zum weltweit schwerstenReaktorunfall führte. Nach Schätzungen wurden rund 600000 Menschen einer starken Strahlenbelastung ausgesetzt, unter den Bergungsmannschaften gab es angeblich 7000 Tote. 125000 Helfer sind nach Informationen der WHO schwer erkrankt. Wegen der Gefährdung durch Radioaktivität mußten 375000 Menschen umgesiedelt werden. 15 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl soll der Unglücksreaktor eine neue und dauerhafte Stahlhülle erhalten. Dies sieht eine Vereinbarung zwischen der Regierung der Ukraine und der Osteuropabank (EBWE) vor. Eine Sprecherin der Bank sagte am 24.4.2001 in London, Kiew habe zwar das grundsätzliche Einverständnis zu dem Konzept bekundet. [dpabilderarchiv]](https://www.rtl.de/img/227972/1646838622/c16_9/1200/reparaturarbeiten-am-explodierten-ukrainischen-atomkraftwerk-tschernobyl-aufnahme-vom-1-oktober-1986-im-vordergrund-der-zerstoerte-reaktorblock-4-in-dem-sich-am-26-april-1986-eine-explosion-ereignete-die-zum-weltweit-schwerstenreaktorunfall-fuehrte-nach-schaetzungen-wurden-rund-600000-menschen-einer-starken-strahlenbelastung-ausgesetzt-unter-den-bergungsmannschaften-gab-es-angeblich-7000-tote-125000-helfer-sind-nach-informationen-der-who-schwer-erkrankt-wegen-der-gefaehrdung-durch-radioaktivitaet-mussten-375000-menschen-umgesiedelt-werden-15-jahre-nach-der-atomkatastrophe-von-tschernobyl-soll-der-ungluecksreaktor-eine-neue-und-dauerhafte-stahlhuelle-erhalten-dies-sieht-eine-vereinbarung-zwischen-der-regierung-der-ukraine-und-der-osteuropabank-ebwe-vor-eine-sprecherin-der-bank-sagte-am-2442001-in-london-kiew-habe-zwar-das-grundsaetzliche-einverstaendnis-zu-dem-konzept-bekundet-dpabilderarchiv.webp)
Diese Nachricht macht seit Mittwochmittag vielen Menschen Angst: Das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl ist von der Stromversorgung abgeschnitten. Ist das gefährlich? Was genau ist nach der Invasion durch russische Truppen passiert? RTL fragt Strahlenschutz-Experte Sven Dokter von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Die wichtigsten Antworten hier!
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker
Wie gefährlich ist die Lage im Atomkraftwerk Tschernobyl?
Der ukrainische Netzbetreiber Ukrenerho teilt am Mittwoch mit, dass das ehemalige Atomkraftwerk (AKW) Tschernobyl nahe der Grenze zu Belarus von der Stromversorgung abgeschnitten sei. Russische Soldaten eroberten den Gebäudekomplex am ersten Tag des Angriffskrieges von Russlands Diktator Wladimir Putin.
Seitdem wird die Verbindung des ehemaligen AKW zur Außenwelt immer schlechter. Instrumente zur Überwachung des Geländes an die internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) senden laut der Behörde inzwischen keine Signale mehr. Müssen wir uns nun vor einer Wiederholung der Reaktorkatastrophe von 1986 in dem AKW fürchten?
Experte Dokter: "Situation ist nicht besorgniserregend"

„Nein“, sagt Strahlenschutz-Experte Sven Dokter von der Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit. „Wir schätzen die aktuelle Lage vor Ort nicht als besorgniserregend ein.“ Die Anbindung an das landesweiten Stromnetz sei abgeschnitten, allerdings nicht auf der Anlage selbst, so Dokter.
Der Fachmann steht in Kontakt zu Kollegen und ist gut über die Lage vor Ort informiert. Für den Notfall gebe es zwei Diesel-Aggregate, die für mindestens 48 Stunden Strom erzeugen könnten. Außerdem existiere ein weiterer, mobiler Aggregator. Dokter verrät: „Selbst, wenn die Stromversorgung darüber hinaus ausfallen würde, wäre das keine akute Gefahr.“
Strahlung der Brennelemente bereits weit abgeklungen
Dokter erklärt weiter, dass die Strahlung der Brennelemente aus dem ehemaligen Atomkraftwerk bereits soweit abgeklungen sei, dass sie ohne Strom auskommen würden. Momentan würden sich die Brennelemente in mehreren Kühlbecken befinden.
„Auch ohne Stromversorgung würde es mindestens einige Wochen dauern, bis das Wasser aus den Lagerbecken für die bestrahlten Brennelemente verdunstet wäre“, sagt Dokter. Die Lagerbecken dienten außerdem zuerst der Abschirmung der radioaktiven Strahlung. Und die ist bei den über 20 Jahre alten Brennstoffen nicht mehr so hoch, dass eine erneute nukleare Katastrophe drohe. In diesem Fall könne „nur“ nicht mehr in unmittelbarer Nähe der Lagerbecken gearbeitet werden, so der Strahlenschutzexperte.
Personallage ist Anlass zur Sorge

Laut Dokter gibt es aber ein anderes Problem: „Die Personalsituation ist besorgniserregend.“ Rund 210 Techniker und lokale Sicherheitsmitarbeiter seien seit fast zwei Wochen ununterbrochen in dem AKW im Dienst, weil unter russischer Kontrolle kein Schichtwechsel durchgeführt worden sei, teilte die IAEA besorgt mit. Sie hätten zwar Wasser und Nahrung, aber ihre Lage verschlechtere sich. Außerdem habe die IAEA keine Verbindung mehr zu ihren Überwachungsgeräten, die sicherstellen, dass jegliches Nuklearmaterial an seinem Platz ist.