Diese Berufe haben unsere Abgeordneten vor dem Bundestag ausgeübt
Vom Tellerwäscher in den Bundestag? Die kuriosen Karrierelaufbahnen der deutschen Abgeordneten
von Judith Bräuniger
Wie wird man eigentlich Politiker? Die meisten Abgeordneten hatten vor ihrer politischen Karriere ganz normale Berufe, und zwar völlig unterschiedliche – vom Arzt bis hin zum Abfallmeister ist alles dabei. Wir haben uns das mal genauer angeschaut.
Juristen über Juristen
Der wohl beliebteste Weg in die Politik ist nicht etwa ein Studium der Politikwissenschaften, sondern ein Jura-Studium. Die Liste der ehemaligen Anwälte, Juristen und Rechtsanwälte im Bundestag ist lang. Der wohl bekannteste und erfolgreichste unter ihnen ist kein geringer als Bundeskanzler Olaf Scholz. Egal ob SPD, CDU, FDP oder AfD jede Partei schickt mehrere ehemalige Anwälte oder Anwältinnen ins Parlament. Auch Nancy Faeser, Marco Buschmann und Volker Wissing haben vor ihrer politischen Karriere Rechtswissenschaften studiert.
Oder doch lieber Medizin?
Aber auch ein Medizinstudium kann offensichtlich ein erfolgreicher Weg in die Politik sein. Allen voran zeigt das der aktuelle Gesundheitsminister Karl Lauterbach, aber die Liste der Medizinerinnen und Mediziner im Reichstag ist lang. Weitere ehemalige Ärzte sind etwa Dr. Helge Braun aus der CDU, Nezahat Baradari aus der SPD und Johannes Wagner von den Grünen.
Eine gute Nachricht für alle, denen erst Medizin zu studieren, um dann in die Politik zu gehen doch etwas zu aufwendig ist: Auch einige ehemalige Krankenpflegerinnen sind in den Bundestag gewählt worden. Simone Borchardt und Emmi Zeulner, beide aus der CDU/ CSU-Fraktion, haben früher als Pflegekräfte gearbeitet. Und das ist kein Zufall, sagt zumindest Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner. Sie hat sich zum erklärten Ziel gesetzt, mit ihrer Politik die Pflege zu stärken. Der Pflegenotstand ist die treibende Kraft ihrer politischen Karriere.
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Guten Morgen, Frau Bundestagsabgeordnete!
Politisch interessiert und engagiert ist offenbar auch die Berufsgruppe der Lehrer. Viele der Abgeordneten im Bundestag kommen ursprünglich aus dem Schuldienst. Spannend auch: Viele von ihnen wählen offensichtlich die SPD als Partei, wie etwa Ulrike Bahr, Daniel Baldy und Friedhelm Boginski. Daniel Baldy sagt in einem Interview etwa, die aktuelle Bildungspolitik habe ihn bewogen, in die SPD einzutreten und sich schließlich zu Wahl zu stellen. Jetzt will der Bundestagsabgeordnete für mehr Gleichberechtigung im deutschen Schulsystem kämpfen.
Neben Lehrerinnen und Lehrern findet man im Parlament auch ehemalige Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Der bekannteste unter ihnen ist Cem Özdemir. Er hat früher als Erzieher in einem Jugendzentrum in Reutlingen gearbeitet.
Strammen Schrittes von der Armee in die Parlamentssitzung
Auch die Bundeswehr ist gut vertreten im Plenum. So war etwa Johannes Arlt aus der SPD einmal Berufsoffizier und Christian Lindner aus der FDP war seit Beginn seines Politik-Studiums Reserveoffizier der Luftwaffe. Den Dienstgrad Major der Reserve trägt er immer noch. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat zwar einen Wehrdienst absolviert, ist dann aber wie so viele Jurist geworden.
Vorher schnell noch etwas Geld anhäufen?
Viele Abgeordnete haben vorher in der Wirtschaft gearbeitet, teilweise auch in namhaften Unternehmen, wie etwa BMW. Nicole Bauer von der FDP war dort Wirtschaftsingenieurin. Im Bundestag tummeln sich ansonsten noch einige ehemalige Unternehmensberater, Manager, Analysten und Angestellte wirtschaftlicher Unternehmen. Valentin Abel* von der FDP war etwa leitender kaufmännischer Angestellter bei der Texas Instruments Deutschland GmbH. Alexander Bartz von der SPD war unter anderem Marketingleiter bei einem Nutztierfutterhersteller, um nur einige Bespiele zu nennen.
Die kennen sich richtig aus – zumindest bei einigen Fragen
Viele der Bundestagsabgeordnete haben regelrechte Spezialthemen, zu denen sie teilweise auch wissenschaftlich geforscht haben. Dr. Holger Becker aus der SPD war etwa Physiker und wissenschaftlicher Leiter. Der ehemalige Betriebswirtschaftsprofessor Harald Weyel ist heute Teil der AfD-Bundestagsfraktion. Aber nicht nur die Professoren und Wissenschaftler, sondern auch Studenten haben es in den Bundestag geschafft.
Tobias Bacherle von den Grünen studiert in den Fächern Politik- und Medienwissenschaften. Für den Wahlkampf ließ er das Studium ruhen. Jetzt fehlt nur noch die Abschlussarbeit, die er aktuell neben seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter schreibt, heißt es auf der Homepage des Politikers.
Handwerker sind im Bundestag weniger stark vertreten
Doch auch richtige handfeste Handwerksberufe kommen unter den Bundestagsabgeordneten vor. Im Vergleich zur tatsächlichen Bevölkerung sind sie hier allerdings in einer deutlichen Minderheit. Jürgen Berghahn aus der SPD ist Elektroinstallateur und Manfred Todtenhausen aus der FDP Elektromeister.
Muhanad Al-Halak aus der FDP hat früher als Abwassermeister gearbeitet. Abwassermeister sind für die Überwachung von Kläranlagen und Kanalnetzen zuständig. Jetzt ist der FDP-Politiker Teil des Umweltausschusses und sagt, seine berufliche Erfahrung als Abwassermeister hilft ihm bei dieser Aufgabe, vor allem wenn es um Themen wie Hochwasser- oder Gewässerschutz geht.
Alles ist möglich
Egal ob Studium oder Ausbildung, die Sammlung der unterschiedlichen Berufe der deutschen Abgeordneten zeigt: Dem Wunsch Politiker zu werden, sind keine Grenzen gesetzt. Klar, in einigen Berufsgruppen scheint der Weg in den Bundestag besonders beliebt, oder vielleicht auch einfacher zu sein. Doch einige Abgeordnete zeigen, dass man auch aus den überraschendsten Berufsfeldern noch Politiker werden kann:
Katja Adler aus der FDP hat früher zum Beispiel eine Hundezucht betrieben. Claudia Roth von den Grünen war einmal Schauspielerin und Bandmanagerin, Stefan Zierke von der SPD Werkzeugmacher, Robert Habeck hat einst Kinderbücher geschrieben und mit Heike Baehrens (SPD) findet auf den Sitzen des Reichstags sogar eine ehemalige Diakonin. Vielleicht wird irgendwann sogar ein Zirkusclown den Weg in die Politik einschlagen.
*In einer vorherigen Version des Artikels wurde dem Abgeordneten Valentin Abel fälschlicherweise der ehemalige Beruf des Abgeordneten Alexander Bartz zugeordnet.
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