Bruno Schmidt leidet unter der Nervenkrankheit ALS
Andreas Butz läuft 21 Marathons für seinen kranken Freund: "Am Schluss kämpfen wir gemeinsam - Seite an Seite"
von Vera Dünnwald
In gut zwei Wochen geht’s los, dann startet die größte Herausforderung seines Lebens: Andreas Butz will in 21 Tagen 21 Marathons laufen. Heißt: Pro Tag wird der 56-Jährige eine Strecke von rund 44 Kilometer zurücklegen. Es geht vom Osten des Landes in Richtung holländische Grenze. Doch auch wenn der Euskirchener passionierter Läufer ist: „Zum Spaß“ macht er das Ganze nicht. Er will aufmerksam machen auf die Krankheit ALS und Spenden sammeln für den Selbsthilfeverein seines guten Freundes Bruno Schmidt. Dieser ist selbst an der tückischen Krankheit erkrankt.
ALS-Spendenlauf: Herzensangelegenheit aus persönlicher Betroffenheit
Am Mittwoch, den 3. August, geht es endlich los: Monatelange Planung und Organisation, entstanden aus einer einfachen Idee, werden in die Tat umgesetzt. Im RTL-Interview erzählt Andreas Butz: „So langsam bin ich aufgeregt. Die ganze Zeit war alles noch so weit weg. Aber jetzt kann ich nicht mehr kneifen.“ Sein Vorhaben liegt außerhalb seines bisherigen Erfahrungsschatzes. Doch die Herausforderung, für die die Idee im Dezember 2021 entstanden ist, nimmt er gerne an. „Vor sieben Monaten habe ich mit Bruno gesprochen. Hintergrund war die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, das Bruno von Frank-Walter Steinmeier für seinen Einsatz erhalten hat. Zu dem Zeitpunkt kannte ich ihn schon drei Jahre, aber ihn dort zu erleben, war eine Erkenntnis: ‘Wenn wir Zwei jetzt nochmal etwas erleben wollen, dann wird es Zeit.’“
Denn: Bruno Schmidt, der Gründer des Selbsthilfevereins „ALS – Alle Lieben Schmidt e.V.“, lebt seit sieben Jahren mit Amyotrophe Lateralsklerose, einer Krankheit, die ihn mittlerweile an den Rollstuhl fesselt und dafür sorgt, dass er seine Muskelfunktionalitäten immer mehr verliert. „Vor drei Jahren, also 2019, haben wir noch zusammen den Köln-Marathon gerockt. Mittlerweile wird Bruno beatmet, und wie gut er reden kann, ist tagesformabhängig. Es wurde klar: ‘Irgendwann können wir nichts Großes mehr machen’. Und da hatte ich die verrückte Idee mit dem Spendenlauf und habe Bruno gefragt, ob er Lust darauf hat. Auch wenn er natürlich nicht mitlaufen kann: Er war sofort dabei.“
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Es geht los! Der Lauf-Experte nimmt die Herausforderung an
Doch es kommen auch Zweifel auf, und zunächst hadert Butz mit seiner Idee. Wird er es wirklich schaffen, in 21 Tagen 21 Marathons zu laufen? Er ist unsicher, ob er sich mit seinem Vorhaben an die Öffentlichkeit wagen soll: „Ich habe mir vorgenommen, mich bis April oder Mai diesen Jahres zu entscheiden. Schließlich musste ich mir sicher sein, dass ich dazu körperlich in der Lage bin.“
Nach einem Burnout und zwei Hörstürzen im Jahr 2000 nimmt sich der gelernte Bankkaufmann und Manager eine Auszeit. Er widmet sich mehr und mehr dem Thema Laufen und macht seine Gesundheit zu seinem Thema. Seit 21 Jahren lebt er davon; hält Vorträge, veranstaltet Laufseminare, bildet Lauftrainer aus und schreibt Bücher, Ernährungs- und Trainingspläne. Man könnte sagen: Der 56-jährige Lauf-Experte ist gut vorbereitet.
Zwei Monate später, im Juni, folgt dann die endgültige Entscheidung bezüglich des Spendenlaufs: „Ich mach’s.“ Er tritt an die Öffentlichkeit und akquiriert Sponsoren. Die Planung kann beginnen.
Mittlerweile gehört Butz die Firma „Laufcampus“. Zudem ist er sage und schreibe 161 Marathons gelaufen. Aber: „Ich bin bis vor kurzem ungefähr zehn Kilometer am Tag gelaufen. Jetzt laufe ich 180 Kilometer in der Woche, also fast das Dreifache“, erzählt er. Doch auch wenn er trainiert wie Spitzensportler: „Das ist noch nicht ansatzweise so viel wie das, was ich vor habe kommenden Monat.“ Sein Vorhaben sei daher kein Selbstläufer: „Auch wenn ich es wirklich will: Es kann natürlich passieren, dass ich es nicht schaffe. Aber ich habe so viel trainiert und in der Vorbereitung alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe, daher sehe ich das Risiko an sich als niedrig an.“ Die Vorfreude überwiege – auch bei Kumpel Bruno.
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"Wenn Bruno kämpft, dann schaffe auch ich diesen Lauf!"
Am Montag, den 1. August, macht der Euskirchener sich auf und reist von Köln aus an die polnische Grenze. Mit dabei ist auch seine Ehefrau Gisela, mit der Andreas Butz seit 33 Jahren verheiratet ist. Sie kümmert sich um die Organisation und wird 56-Jährigen vor Ort begleiten – allerdings auf dem E-Bike. „Am 2. August werde ich dann von einem Trainigswissenschaflter untersucht. Und Mittwoch, um 8:30 Uhr, starten wir! Wir haben im Internet auch einen Etappenplan veröffentlicht.“ Seine Hoffnung? Dass sich unterwegs andere Läufer ihm und der guten Sache anschließen.
„Wir laufen dann von Herberge zu Herberge. Auf der letzten Etappe am 23. August, wenn es von Venlo nach Selfkant geht, wird Bruno mich begleiten. Wenn alles klappt.“ Sein Freund werde nach Venlo gebracht und unterwegs mit einer Art Rollbuggy von den anderen Mitläufern geschoben. „Ich bekomme jetzt schon Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt Butz.
Die Spendengelder, die unterwegs gesammelt werden, gehen zu 100 Prozent an „ALS – Alle Lieben Schmidt e.V.“. Andreas Butz erklärt: „Ich bekomme etwas für meine Tat zurück. Alleine, dass ich überhaupt etwas tun und helfen kann, wird mir in vielfacher Weise zurückgezahlt. Wenn Bruno seit Jahren mit einer Krankheit lebt und alles so durchzieht, wie er es tut, dann schaffe ich es zu laufen. Und am Schluss kämpfen wir gemeinsam. Seite an Seite.“
Was genau ist ALS?
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine rätselhafte und seltene Erkrankung der Nervensystems. Pro Jahr erkranken bis zu drei von 100.000 Menschen neu an der Amyotrophen Lateralsklerose. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung manifestiert sich meist erstmalig zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr.
Die genaue Ursache der Amyotrophen Lateralsklerose ist noch ungeklärt. Genetische Faktoren scheinen zwar eine Rolle zu spielen, eine familiäre Häufung gibt es jedoch nur in fünf bis zehn Prozent aller Erkrankungsfälle. Es wird zudem spekuliert, dass Kopfverletzungen die Entstehung der ALS begünstigen können.
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Das Erscheinungsbild der Amyotrophen Lateralsklerose ist äußerst vielfältig und variabel, basiert aber immer auf der Degeneration der motorischen Nervenzellen. In der Folge kommt es zu Ausfallerscheinungen der Muskulatur. Die Lokalisation der Erscheinungen ist abhängig von der Lokalisation der Nervenschädigung. So kann die Muskulatur der Arme, der Beine, des Rumpfes oder sogar der Augen betroffen sein. Sprechen ist häufig nur noch mit großer Anstrengung möglich. Die Erkrankung verläuft fortschreitend. Der Tod tritt meist durch Infektionen der Atemwege ein, da vor allem in fortgeschrittenen Stadien die Atemmuskulatur geschwächt und somit die Lungenfunktion eingeschränkt ist. Die Amyotrophe Lateralsklerose kann nicht geheilt werden. Die Behandlung dient somit ausschließlich der Linderung der Symptome und der Verbesserung der Lebensqualität der Patienten.