Lage für Frauen in Afghanistan verschlechtert sich weiter
Afghanistan: Taliban ersetzen Frauenministerium durch neues Scharia-Ministerium
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Taliban eröffnen Ministerium zur Förderung von Tugenden
Rund einen Monat nach ihrer Machtübernahme setzen die Taliban nach und nach ihre Vorstellungen in Afghanistan durch. Der neueste Schritt: Die Wiedereröffnung des Ministeriums zur Förderung von Tugenden und Verhinderung von Lastern – ausgerechnet anstelle des Frauenministeriums. Afghaninnen zeigen sich empört. Und auch sonst scheint an den weltoffenen Versprechungen der Taliban wenig dran zu sein.
Afghaninnen dürfen ehemaliges Frauenministerium nicht mehr betreten
Am Freitag brachte die radikal-islamische Gruppierung einen neuen Schriftzug über dem bisherigen Ministerium für die Rechte von Frauen an. „Ministerien für Gebet und Führung und die Förderung von Tugenden und Verhinderung von Lastern“ steht dort fortan geschrieben. Es ist ein Name, der bei vielen Afghanen und Afghaninnen Erinnerungen an düstere Zeiten wecken dürfte.
Frauen dürfen das Gebäude ab sofort nicht mehr betreten. Weibliche Angestellte des Frauenministeriums waren bereits in den vergangenen Wochen immer wieder nach Hause geschickt worden, seit Donnerstag sind die Türen des Ministeriums nun endgültig geschlossen.
„Aus Sicht der Frauen gibt es nichts mehr in Afghanistan"
Mehrere Mitarbeiterinnen der Behörde protestierten vor dem Gebäude gegen ihre Freistellung. „Jede Woche kommen wir hierher und werden abgewiesen. Sie lügen uns an und sagen, wir sollen nächste Woche wiederkommen“, berichtet eine Frau.
„Alle Frauen, die sie hier sehen, müssen ihre Familie ernähren. Wir sind gebildet, wir wollen uns nicht auf die Hausarbeit beschränken“, erzählt eine andere Afghanin. „Aus Sicht der Frauen gibt es nichts mehr in Afghanistan. Wir fordern, dass unser Ministerium erhalten bleibt, sodass wir weiterarbeiten und die Bedürfnisse unserer Familien erfüllen können.“
Die Taliban wollten sich bislang nicht zu dem Thema äußern.
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Taliban verboten Frauen Ausbildung, Arbeit und Sport
Eigentlich hatte die ultrakonservative Gruppierung angekündigt, Frauen innerhalb ihrer Interpretation des Islams respektieren zu wollen. Doch nun erinnert erneut vieles an die Verhältnisse, die bereits während der ersten Machtphase der Taliban in den Neunzigerjahren herrschten.
Damals wurde das Ministerium für die Förderung von Tugenden und Verhinderung von Lastern zum ersten Mal gegründet. Die Mitarbeiter der Behörde fielen damals vor allem dadurch auf, dass sie im Land die Scharia durchsetzen, zum Beispiel, indem sie Frauen eine Kleiderordnung oder Männern das Tragen von Bärten auftrugen. Afghaninnen waren damals Ausbildung, Arbeit und Sport verboten worden.
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Taliban sind auf Hilfsgelder aus dem Ausland angewiesen
In Interviews geben sich die Taliban heute moderner und weltoffener. "Wir verhalten uns jetzt gut, wir haben uns sehr verändert“, behauptet ein Kämpfer. „Und wir sind viel besser als die alte Regierung, Kabul ist jetzt sicher."
Westliche Länder sollen ihre Botschaften in Afghanistan wieder eröffnen, fordert die Gruppe. "Wir heißen sie willkommen, möchten eine normale Beziehung mit ihnen. Das gilt auch für unsere Anführer“, so Taliban-Kommandant Rahimulla Hijrat. „Wir wollen die Beziehungen mit ihnen reparieren und dass die Botschaften wieder öffnen."
"Die Taliban wollen zeigen, dass sie die Kontrolle haben. Sie wollen unbedingt Anerkennung aus dem Ausland“, kommentiert Alex Crawford von „Sky News.“ Warum? Die Taliban brauchen die internationale Anerkennung, sind auf Hilfsgelder aus dem Ausland angewiesen.
Dass die Gruppierung es mit ihrem weltoffenen Kurs nicht ganz so ernst meinst, deutete sich allerdings bereits bei der Vorstellung der neuen afghanischen Regierung an. Alle 33 Regierungsmitglieder gehören den Taliban an. Moderatere Vertreter oder gar Frauen sucht man in dem Kabinett vergeblich. (jda)