Ärger mit WummsWarum sich Deutschland den Energie-Egoisten-Vorwurf gefallen lassen muss

 Pressekonferenz Olaf Scholz und Ministerpräsident Niederlande 2022-10-04, Deutschland, Berlin. Gemeinsame Pressekonferen von Bundeskanzler Olaf Scholz SPD und dem Ministerpräsidenten des Königreichs der Niederlande anlässlich der deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Berlin. *** Press conference Olaf Scholz and Prime Minister Netherlands 2022 10 04, Germany, Berlin Joint press conferences by Chancellor Olaf Scholz SPD and the Prime Minister of the Kingdom of the Netherlands on the occasion of the German-Dutch government consultations in Berlin.
Pressekonferenz Olaf Scholz und Ministerpräsident Niederlande 2022-10-04, Deutschland, Berlin. Gemeinsame Pressekonfere
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von Nadine to Roxel

Der „Doppel-Wumms“ soll für die Deutschen endlich die große Entlastung bringen. Für Olaf Scholz bringt diese Gaspreisbremse beim EU-Gipfel in Prag vor allem eines: Ärger mit Wumms. Deutschland muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ein Energie-Egoist zu sein.

VIDEO: Wie kann die EU ihre Bürger entlasten?

Wie kann die EU ihre Bürger und Unternehmen vor den explodierenden Preisen in der Energiekrise schützen? Darüber haben heute die Regierungsspitzen in Prag diskutiert. Mehr im Video.

Ziemlich alle gegen Olaf Scholz

07.10.2022, Tschechien, Prag: Bundeskanzler Olaf Scholz (vl, SPD), Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, spazieren nach einem gemeinsamen Treffen am Rande des informellen EU-Gipfels zur Prager Burg. Themen sind Russlands Krieg gegen die Ukraine, die Energiekrise und die wirtschaftliche Lage. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bundeskanzler Olaf Scholz, Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, spazieren nach einem gemeinsamen Treffen am Rande des informellen EU-Gipfels zur Prager Burg.
geo, dpa, Kay Nietfeld

Olaf Scholz läuft am Morgen etwas verknittert beim ersten Termin auf. Es ist kurz vor 9 Uhr, für den Bundeskanzler war es eine kurze Nacht. Jetzt also Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem niederländischen Ministerpräsident Mark Rutte. Die Drei treffen sich auf einer Dachterrasse mit wunderschönem Blick über Prag. Händeschütteln, lächeln, Foto. Es geht viel um Symbolik bei diesem EU-Gipfel, um das Bild der Geschlossenheit, der Einheit. Alles ein Signal an den Aggressor aus Moskau, an Wladimir Putin.

Aber um Geschlossenheit geht’s auch noch bei einem anderen Thema: Energie. Und da ist das Bild ein anderes, nämlich, ziemlich viele geschlossen gegen Olaf Scholz. Der Bundeskanzler hat Ärger mit seinen europäische Kolleginnen und Kollegen, auch mit Macron. Da kann alles lächeln, Händeschütteln und auf die Schulter klopfen an diesem Morgen auch nicht so richtig drüber hinwegtäuschen.

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Bis zu 200 Milliarden Euro sollen die Deutschen entlasten - EU-Partner finden das egoistisch

Es geht um den deutschen Doppel-Wumms. Bis zu 200 Milliarden schwer, soll er die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland bei den hohen Energiepreisen entlasten. In der EU finden sie das egoistisch. Das reiche Deutschland verschaffe sich so einen wirtschaftlichen Vorteil. Einen, den sich viele andere Länder in Europa nicht leisten können. Und obendrein verhinderten die Deutschen auf EU-Ebene genau das, was sie jetzt selbst einführen: Einen Gaspreisdeckel. Doppelmoral kommt also auch noch dazu. Und dann wäre da noch der Vorwurf, dass Deutschland eben mehr Geld ausgeben kann für knappes Gas, als andere.

Von all dem Ärger, der sich da gegenüber Deutschland entlädt, lässt sich Scholz freilich nichts anmerken. In seiner üblichen unemotionalen, leisen Art rechtfertigt er den deutschen Abwehrschirm und spielt die Kritik runter. Er verweist darauf, dass andere Länder auch nationale Hilfsprogramme aufgelegt hätten – Frankreich und Spanien zum Beispiel. Und er betont, dass es schließlich nicht nur „um einen kurzen Zeitraum in diesem Jahr“ gehe, es solle vielmehr langfristig bis 2024 wirken. Außerdem seien es ja „bis zu“ 200 Milliarden – auch das muss Scholz in diesen Tagen häufiger sagen.

Beim Familienfoto ist die Stimmung fröhlich

Isoliert ist er in Prag trotzdem nicht, zumindest öffentlich lässt man den Bundeskanzler den Ärger nicht spüren. Beim Familienfoto ist die Stimmung fröhlich, Scholz schnackt erst mit seinem Amtskollegen aus Norwegen, dann mit der Schwedin. Hinter den Kulissen könnte es durchaus ruppiger zur Sache gehen. Erst recht dann, wenn es beim EU-Gipfel um die drängende Frage geht, wie die Energiepreise sinken können. Zumindest im Ziel ist man sich einig. „Die Preise müssen runter“, sagt auch Scholz. Ergebnisse wird der Gipfel nicht liefern. Es ist ein informelles Treffen in der Prager Burg, ohne Beschlüsse. In zwei Wochen wird es dann ernst, beim Gipfel in Brüssel. Scholz hat also noch ein bisschen Zeit, um die Wogen zu glätten.

In Prag geht’s weniger um Handfestes, es geht um Geschlossenheit, um Symbolik. Und so gehen am Morgen auch Scholz, Macron und Rutte gemeinsam von ihrem Morgentermin zum Gipfel. Spaziergang durch die Stadt, vorbei an einer Demo, Touristen machen Fotos, Scholz winkt. Keine Spur von Ärger und schlechter Laune.

Am Abend fliegt der Kanzler zurück nach Berlin. Die Gaspreisbremse ist auch hier Thema. Allerdings weniger wegen der Kosten, sondern weil sich erst einmal alle fragen, wie das Konzept überhaupt aussehen soll. Immer Ärger mit dem Wumms.

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