Wie konnte das passieren?
90. Geburtstag von Janosch wurde weitgehend ignoriert
Interviews sind Janosch ein Greuel. Das war schon immer so. Vielleicht wünscht sich der Erfinder der Tigerente deshalb im RTL-Interview eine Schlagzeile, in der sein 90. Geburtstag einfach ignoriert wird. Wir erfüllen ihn gerne! Mit einem Augenzwinkern und großem Respekt vor einem Multitalent, mit dessen Geschichten Kinder seit 50 Jahren aufwachsen. Ignorieren werden wir das Lebenswerk von Horst Eckert, wie Janosch eigentlich heißt, aber ganz bestimmt nicht.
Mit Tigerente und Bär zum internationalen Durchbruch

Janosch gilt als einer der bedeutendsten Kinderbuchautoren und – illustratoren des 20. Jahrhunderts. Zu verdanken hat er das vor allem seinen Figuren Tiger, Bär und Tigerente, die 1978 zum ersten Mal in der Geschichte „Oh, wie schön ist Panama“ auftauchen. Dabei geht es um Freundschaft, die Sehnsucht nach Freiheit und Abenteuer und die Erkenntnis, dass das überall möglich ist. Das Buch erhält Auszeichnungen wie den deutschen Jugendbuchpreis und wird in über 30 Sprachen übersetzt.
Die Tigerenten-Leberwurst ärgert Janosch
Tigerente und Co erobern mit ihren Geschichten von da an die Kinderzimmer und das Fernsehen. Und sie verwandeln sich in unzählige Merchandising-Artikel. Dabei haben sie sich nicht immer im Sinne ihres Erfinders verselbstständigt, wie Janosch bereits 2009 in einem Interview kritisiert. Grundsätzlich habe er nichts gegen Merchandising, sagt er, aber bei einer Wurst, die ungefragt „Tigerenten-Leberwurst“ genannt wird, bekäme er „das Kotzen“.
Seine Werke sind nicht immer jugendfrei

Dass Janosch oft auf die gestreifte Holzfigur reduziert wird, nervt ihn. Denn auch für Erwachsene ist Janosch ein bedeutender Erzähler und Künstler. Mit viel Witz und nicht immer jugendfrei beschäftigt er sich in seinen Radierungen mit dem Verhältnis zwischen Mann und Frau. In Aquarellen malt er Blumen und Landschaften, schreibt Romane, Kolumnen und Theaterstücke. Bei alledem schwingt immer seine eigene Kindheit mit.
„Ich möchte kein Kind sein, weil ich die Eltern nicht ertrage“

Horst Eckert alias Janosch wächst in armen Verhältnissen in Hindenburg/Oberschlesien, dem heutigen Zabrze in Polen, auf. Schläge und Züchtigungen der Eltern gehören für ihn zum Alltag. Die Last der Angst vor einem alkoholkranken, gewalttätigen Vater, züchtigenden katholischen Priestern und prügelnden Lehrern prägt seine Kindheit. Erst durch seine Arbeit als Künstler kann er sich dieser Angst Stück für Stück entziehen, berichtet er weiter. Wie funktioniert das? Durch Humor, Zynismus und Ironie! In Janoschs Werken verwandelt sich ein Junge gerne mal in einen Bären und wird dadurch viel mächtiger als seine Eltern. Janosch dreht die Verhältnisse in seinen Geschichten oft einfach um – und so werden Eltern in seinen Augen überhaupt nur erträglich.
Tigerente und Bär würden im Lockdown auf Schatzsuche gehen
Seit vierzig Jahren lebt Janosch mit seiner Ehefrau Ines auf Teneriffa. Für TV- oder Online - Interviews steht er aus gesundheitlichen Gründen persönlich nicht mehr bereit. Es gehe ihm gut, lässt er RTL ausrichten und dass ihm Corona keine Angst mache „Es macht mir Mut, das es heute so schnell so gute Impfstoffe gibt“, schreibt er uns. Auf die Frage, ob sich Tiger und Bär im Lockdown auf den Geist gehen würden antwortet er: „Nein. Sie würden natürlich ihre Freunde vermissen und müssten Reisen nach Mittelamerika verschieben, aber sie könnten zuhause auf Schatzsuche gehen – oder einfach mal einen Brief schreiben“.