Berlin will 9-Euro-Ticket verlängern
9-Euro-Ticket läuft aus: Wird es ein Nachfolger-Modell geben?

Ginge es nach den Menschen im Land, wäre die Sache eigentlich klar: Das 9-Euro-Ticket sollte verlängert werden. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL/ntv sprachen sich Ende Juli 64 Prozent dafür aus, das Angebot über den August hinaus zu verlängern.
Aus der Regierung kommen Signale, dass es ein Nachfolge-Modell geben könnte und auch die ersten Länder machen Vorschläge und fordern den Bund auf, „zeitnah“ einen tragfähigen und nachhaltigen Vorschlag für Nachfolgeregelungen vorzulegen. Das geht aus einem Beschlusspapier der Sonderkonferenz der Verkehrsminister und Ministerinnen hervor, das der dpa vorliegt.
Viel Zeit für ein nahtlos anschließendes Angebot bleibt nicht – am 1. September gelten wieder die Normal-Tarife in Bussen & Bahnen. Ein Bundesland prescht jedoch schon konkret vor und will das Ticket bis Ende des Jahres verlängern.
ÖPNV: Verkehrsbetriebe leiden unter hohen Energiekosten
Die Energiekrise bringt auch die Verkehrsunternehmen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in finanzielle Nöte. Die Länder wollen sich deshalb auf eine gemeinsame Forderung an den Bund einigen. Deshalb treffen sich gerade die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder zu einer Sonderkonferenz Die Verkehrsbetriebe sind derzeit mit enormen Kostensteigerungen konfrontiert. Busse und Bahnen sollen trotz der gestiegenen Preise für Kraftstoff und Strom ihr Angebot aufrecht erhalten und auch ein Nachfolge-Modell für das 9-Euro-Ticket wird Thema bei der Konferenz sein. Eine finale Entscheidung wird allerdings nicht erwartet, die Länder dürften die Koalitionsklausur der Bundesregierung in der nächsten Woche sicher abwarten, bevor sie sich aus der Deckung begeben. Denn am Ende geht’s ja vor allem um die Frage: Wer zahlt`s?
Und so werden die Länder laut ihrem Beschlusspapier fordern: „Die Verkehrsministerkonferenz erwartet, dass der Bund hierzu zeitnah einen tragfähigen und nachhaltigen Vorschlag vorlegt und sich zu seiner vollständigen Finanzierungsverantwortung bekennt und diese dauerhaft absichert.“
Stimmen Sie hier ab: Haben Sie die 9-Euro-Tickets benutzt?
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
9-Euro-Ticket: Erste Vorschläge zu Nachfolger-Modellen liegen auf dem Tisch
Berlin, Niedersachsen und NRW haben bereits Vorschläge auf den Tisch gelegt. So könnte in Berlin ein 9-Euro-Ticket auch über den August hinaus erhältlich sein. Die SPD von Regierungschefin Franziska Giffey schlägt vor, eine solche Regelung zunächst bis Ende des Jahres einzuführen. Mit dem Ticket könnten Besitzer aber nur im Tarifbereich AB fahren - also in Berlin, nicht in Brandenburg, und auch nicht mehr bundesweit. Entsprechende Medienberichte wurden der dpa am Freitag aus Parteikreisen bestätigt. Laut „Bild“ will Giffey die Regelung noch am heutigen Freitag für die Hauptstadt beschließen.
Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann will die Tarife im Nahverkehr auch nach dem 9-Euro-Ticket vereinfachen. „Wir haben derzeit rund 50 Tarifgebiete in Niedersachsen. Das ist sehr kleinteilig und nicht gerade kundenfreundlich“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
Die derzeitige Finanzlage reiche für ein niedersachsenweites Ticket zwar nicht aus, sagte Althusmann. „Aber für die nächste Legislaturperiode ist mein Ziel ein erschwingliches, landesweites Jahresticket. Wenn der Bund seine Regionalisierungsmittel erhöht, sich Land und Kommunen beteiligen, wäre - gemeinsam mit Hamburg und Bremen - ein landesweites 49-Euro-Ticket meines Erachtens möglich. Das entlastet die Menschen und dient auch dem Klimaschutz.“ Gewählt wird in Niedersachsen übrigens am 9. Oktober.
Die SPD-Landtagsfraktion in NRW schlägt ein Monatsticket für 30 Euro vor, mit dem Nordrhein-Westfalen schon vor einer bundesweiten Regelung zunächst allein vorangehen könnte. „Das 9-Euro-Ticket hat nicht nur Mobilität für Menschen ermöglicht und es ist gut angenommen worden“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Ohne das 9-Euro-Monatsticket wäre die Inflationsrate rund einen Prozentpunkt höher ausgefallen. „Es zeigt, welch großer Hebel da auch tatsächlich dran sitzt, etwas gegen Inflation zu tun.“ Das 30-Euro-Monatsticket könnte nach Kutschatys Vorstellung zunächst in NRW und ab 1. Januar 2023 bundesweit gelten.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) wirbt für ein Modell aus den Reihen seiner Partei: „Wir empfehlen ein zweistufiges Modell. Ein Ticket für 29 Euro im Monat für Regionen wie zum Beispiel NRW und ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.“ Dieses Modell könne finanziert werden durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen, zum Beispiel für große Dienstwagen. Die Frage der Finanzierung sei am Ende auf jeden Fall eine bundespolitische. „Das Land NRW ist nicht in der Lage, ein Projekt dieser Dimension allein zu finanzieren“, erklärte Krischer.
Nouripour bei RTL: "Das ist dringend notwendig, dass es da eine Nachfolge gibt“

Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, sehr zeitnah ein weiteres Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger zu schnüren. Auch das 9-Euro-Ticket wird Thema sein: Der Co-Chef der Grünen, Omid Nouripour, sagte im RTL-Nachtjournal, dass man sich innerhalb der Ampel-Koalition „sehr schnell“ im Koalitionsausschuss zusammensetzen werde, um darüber zu sprechen, wie bisherige Entlastungen fortgesetzt werden könnten. „Das gilt im Übrigen auch für das 9-Euro-Ticket. Das ist dringend notwendig, dass es da eine Nachfolge gibt“, so Nouripour. Man werde auch Geld ausgeben müssen, um die Infrastruktur beim Bahnverkehr zu verbessern, sagte der Grünen-Politiker.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hält zunächst eine bundesweite erhebliche Verbesserung der Grundfinanzierung für vordringlich. „Für uns ist das Allerwichtigste, dass die Regionalisierungsmittel deutlich erhöht werden, damit die Länder ausreichend Züge für den regionalen Bahnverkehr bestellen können“, sagte der Grünen-Politiker. „Ein billiges Ticket würde nichts nützen, wenn die Länder gezwungen wären, Züge abzubestellen, weil die Energie- und Personalkosten steigen“, erläuterte der Grünen-Politiker. (eku/dpa)
Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist
Spannende Dokus und mehr
Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.
Außerdem zur aktuellen politischen Lage: „Krieg in der Ukraine – So hilft Deutschland“ und „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“
Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.