74 Peitschenhiebe, weil sie kein Kopftuch trägtIranerin schildert ihre Auspeitschung im Gericht: „Mittelalterliche Folterkammer“

Heschmati
Roya Heshmati

Der Mut dieser Frau ist bewundernswert!
Roja Heshmati hat ein deutliches Zeichen dafür gesetzt, dass sich Frauen im Iran nicht unterdrücken lassen. Zu ihrer Auspeitschung im Gericht in der Hauptstadt Teheran erschien sie ohne Kopftuch und ließ sich vom Richter nicht dazu zwingen, eines zu tragen. Nach Vollstreckung ihrer Strafe – 74 Peitschenhiebe – beschrieb sie öffentlich ihre Gefühle in der „mittelalterlichen Folterkammer“.
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„Ich behielt meine Haltung bei und trug den Hidschab nicht“

October 13, 2023, Tehran, Iran: An Iranian veiled woman in a black chador walks in front of Palestine flags hanging at Palestine Square in downtown Tehran, symbolizing Iran's support for the Palestinian Al-Aqsa storm missile attack on Israel. The Iranian government openly supported the Hamas attack on Israel and urged the Muslim community to stand by the Palestinians. Hundreds of Israelis and Palestinians have died after the militant group Hamas launched an unprecedented attack on Israel from the Gaza Strip on 07 October 2023. (Credit Image: © Rouzbeh Fouladi/ZUMA Press Wire
Die strenge islamische Kleiderordnung im Iran schreibt das Tragen eines Kopftuches vor
ZEUS, picture alliance / ZUMAPRESS.com, Rouzbeh Fouladi

Die 33-Jährige war vergangenes Jahr wegen eines Fotos verurteilt worden, das sie ohne Hijab zeigt. Als sie am 3. Januar vor Gericht erscheint, trägt sie erneut kein Kopftuch. Der Scharfrichter will sie dazu zwingen.

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Gerichtsdiener und Anwalt raten ihr dazu, doch Heshmati bleibt unbeugsam. „Ich behielt meine Haltung bei und trug den Hidschab nicht“, beschreibt sie bei Facebook. Daraufhin hätten zwei Frauen ihr gewaltsam ein Tuch angelegt und sie mit Handschellen gefesselt, damit sie es nicht abnehmen konnte.

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Im Raum steht ein Tisch „mit einer „Reihe von Peitschen“

Anschließend wird sie zu dem Raum gebracht, in dem sie ausgepeitscht werden sollte. Er befindet sich hinter einer Eisentür. „Am Ende des Raumes befand sich ein Bett, das mit Handschellen und beidseitig angeschweißten Eisenbändern ausgestattet war“, schildert Heshmati. Zudem gibt es „ein eisernes Gerät, das einer großen Staffelei ähnelte“ sowie einen Tisch, auf dem viele Peitschen liegen. „Es ähnelte einer voll ausgestatteten mittelalterlichen Folterkammer.“

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„Der Mann begann, auf meine Schultern, meinen Rücken, meine Hüften und meine Beine einzuschlagen“

October 13, 2023, Tehran, Iran: Two Iranian schoolgirls without covering their mandatory Islamic headscarf walk at Palestine street in downtown Tehran. The Iranian government openly supported the Hamas attack on Israel and urged the Muslim community to stand by the Palestinians. Hundreds of Israelis and Palestinians have died after the militant group Hamas launched an unprecedented attack on Israel from the Gaza Strip on 07 October 2023. (Credit Image: © Rouzbeh Fouladi/ZUMA Press Wire
Insbesondere junge Iranerinnen trauen sich zunehmend ohne Kopftuch in die Öffentlichkeit
ZEUS, picture alliance / ZUMAPRESS.com, Rouzbeh Fouladi

Der Vollstrecker erscheint, nimmt eine Peitsche aus der Sammlung und wickelte sie sich zweimal um die Hand. Der Richter sagte zum Vollstrecker, er solle nicht zu hart zuschlagen, so Heshmati. Dann beginnt die eigentliche Prozedur: „Der Mann begann, auf meine Schultern, meinen Rücken, meine Hüften und meine Beine einzuschlagen.“ Sie zählt die Schläge nicht, sondern singt leise: „Im Namen der Frau, im Namen des Lebens, die Kleidung der Sklaverei wird zerrissen.“

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Nach den Hieben nimmt Heshmati direkt das Kopftuch ab

Sie erträgt die Hiebe, ohne sich ihren Schmerz anmerken zu lassen. Als es vorbei ist und ihre Hände wieder frei sind, nimmt sie sofort das zwangsweise angelegte Kopftuch ab. Heshmati betont, dass der Richter Verständnis für sie gezeigt habe.

Der Fall sei ihm „unangenehm“ gewesen, glaubt sie. Er habe ihr geraten, im Ausland zu leben. Sie weist das zurück: „Ich bekräftigte unser Engagement für den Widerstand“, so Heshmati.

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Immer mehr Iranerinnen widersetzen sich der Kopftuchpflicht

21.09.2022, Libanon, Beirut: Kurdische Frauen halten Bilder von der verstorbenen Iranerin Mahasa Amini.
Auslöser der Proteste ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Sie war vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen ihres «unislamischen Outfits» festgenommen worden. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah ist unklar, jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag (16.09.2022) in einem Krankenhaus. Foto: Marwan Naamani/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Nach dem Tod von Mahasa Amini solidarisierten sich weltweit viele Menschen mit den iranischen Demonstranten, so wie hier in Beirut
DV alf, dpa, Marwan Naamani

Das Engagement der 33-Jährigen bewegt viele Menschen. Viele internationale Medien berichten über ihre eindringliche Schilderung der Bestrafung. Ihr Facebook-Profil ist jedoch seit kurzem nicht mehr öffentlich.

Lese-Tipp: Sittenpolizei verhaftet Mahsa Amini - jetzt ist die 22-Jährige tot

Bereits seit geraumer Zeit widersetzen sich immer mehr Iranerinnen der Kopftuchpflicht. Weltweite Aufmerksamkeit erhielt das Thema spätestens mit dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. Sie war von der Sittenpolizei verhaftet worden, weil sie angeblich gegen die strenge islamische Kleiderordnung verstoßen und ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen hatte und in der Haft gestorben. Das hatte schwere Proteste gegen das Mullah-Regime ausgelöst.