Prozess wegen Trunkenheit am Steuer

Mildes Urteil! Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann kommt vor Gericht mit blauem Auge davon

von Andreas Merkel und Jacqueline Vetten

1:0 für Lehmann!
Weil er betrunken Auto gefahren ist, sollte Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann 72.000 Euro Strafe zahlen. Viel zu viel für eine Ordnungswidrigkeit befand der Ex-Keeper und legte Einspruch ein. Der wurde am Donnerstag am Amtsgericht München verhandelt. RTL war vor Ort dabei.

Jens Lehmann mit Alkohol am Steuer erwischt

Lehmann soll 2024 nach dem Münchner Oktoberfest nachts mit Alkohol im Blut im Auto unterwegs gewesen sein. Eine Polizeistreife hatte ihn angehalten, nachdem sie einen auffälligen Fahrstil bemerkt hatte. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft zeigte er sich unkooperativ und zeigte „Stimmungsschwankungen”. Er habe „eine verwaschene Aussprache” gehabt und „einen sprunghaften Denkablauf”. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ergab die Kontrolle nach einer Blutabnahme einen Alkoholwert von 0,72. Laut Lehmanns Anwalt sollte Lehmann rund 72.000 Euro Strafe für den Vorfall zahlen – für ein Vergehen, das in den meisten Fällen eine Ordnungswidrigkeit sei und mit einer Zahlung von rund 500 Euro und zwei Punkten in Flensburg geahndet werde.

Lese-Tipp: Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann muss blechen – und schimpft über Polizei

Weil Lehmann Einspruch gegen einen Strafbefehl des Amtsgerichts Münchens wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr eingelegt hat, wurde nun ein Verhandlungstermin angesetzt.

Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann erscheint mit dunkelblauem Pulli und weißem Hemd, erst kurz vor Prozessbeginn vor dem Münchner Amtsgericht. Er wirkt gelangweilt und genervt, will das Mikro für seine Aussage zunächst nicht einschalten, macht es dann doch.

Jens Lehmann: „Ich würge nicht – und schon gar nicht nach zwei Maß”

Dann legt der 55-Jährige seine Sicht der Geschehnisse dar. „Im Laufe des Abends habe ich zwei Bier getrunken, zwei Maß, und vielleicht auch noch ein Saures” – also ein Bier mit Wasser, sagte er vor dem Amtsgericht München. „Ich bin gefahren, weil ich der Annahme war, dass ich fahren konnte”, sagte der 55-Jährige. „Dahingehend habe ich einen Fehler gemacht, den ich auch bereue.” Er habe zu Freunden auf eine Privatparty gewollt. Auf dem Weg dorthin sei er in eine Polizeikontrolle geraten.

Er sei aber – anders als es die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft – nicht betrunken gewesen, habe keine Ausfallerscheinungen gehabt, nicht gelallt und habe auch nicht würgen müssen, wie zwei Polizeibeamte, die ihn in seinem Auto in München aufgriffen, angegeben haben. Er habe lediglich Husten gehabt. „Ich würge nicht – und schon gar nicht nach zwei Maß.” Seine Aussage schließt Lehmann mit bedeutungsschweren Worten ab. „Ich habe drei Kinder und ich schwöre auf meine Kinder, dass das genau so war. Andere schwören auf einen Eid. Ich schwöre auf meine Kinder“, erklärt der Ex-Nationaltorwart.

Lese-Tipp: Die Akte Lehmann und seine Skandale

Einer der beiden Streifenpolizisten sieht das ganz anders: Lehmanns Verhalten sei „gereizt, aggressiv, redselig, distanzlos und abweisend” gewesen. Außerdem habe er einen Polizeibeamten auf dem Weg zur Blutabnahme immer wieder angehaucht. Das wies er zurück: „Ich habe ihn nicht angehaucht, weil ich es allein schon unästhetisch finde.”

Ähnlich äußert sich im Prozess auch die Ärztin des Instituts für Rechtsmedizin, die ihm an jenem Abend Blut für den Alkoholtest abnahm. Lehmann habe beispielsweise seinen Arm weggezogen, um sich gegen die Blutabnahme zu wehren. Lehmanns Erklärung in seiner Aussage vor Gericht: Er habe nicht gewusst, ob die Frau überhaupt eine Ärztin und die Spritze, die sie verwendet, desinfiziert sei.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Richterin bemängelt „schlechtes Benehmen” vor Gericht

Trotz eines Blutalkoholwerts von 0,72 zum Zeitpunkt der Blutabnahme (ca. vier Stunden nach der Kontrolle) glaubt eine Gutachterin nicht, dass Lehmann im strafrechtlichen Sinne massiv alkoholisiert beeinträchtigt war. Dem stimmt auch die Richterin und verurteilt Lehmann zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro und einem Monat Führerscheinentzug, den er aber schon verbüßt hat. Auch die Verfahrenskosten muss der Ex-Keeper bezahlen. Dennoch ist das Urteil deutlich milder als der erste Strafbefehl des Amtsgerichtes.

Ausfallerscheinungen wie fehlende Kooperation, eine verwaschene Sprache oder ein unsicherer Gang, den die Polizisten bei Lehmann beobachtet hätten, seien nicht ohne Zweifel auf seinen Alkoholkonsum zurückzuführen, begründete die Richterin ihre – ebenso wenig sein Verhalten den Polizisten und der Ärztin bei der Blutentnahme gegenüber.

Lehmann habe auch vor Gericht ein auffälliges Verhalten, ein gewisses „schlechtes Benehmen” an den Tag gelegt. Darum könne davon ausgegangen werden, „Sie hätten sich auch im nüchternen Zustand ähnlich verhalten”, sagte die Richterin Richtung Lehmann.

Video-Tipp: Strafbefehl gegen Jens Lehmann

Jens Lehmann steht nicht zum ersten Mal vor Gericht

Es ist nicht das erste Mal, dass der frühere Nationaltorwart und WM-Held von 2006 vor Gericht steht. Erst im vergangenen Jahr war er in zweiter Instanz wegen Sachbeschädigung mit einer Kettensäge auf einem Nachbargrundstück rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Lese-Tipp: Urteil für Jens Lehmann bleibt bestehen! So viel muss der Ex-Fußballer jetzt zahlen

Schon damals hatte Lehmann einen angeblichen Promi-Malus bemüht und gesagt, er fühle sich ungerecht behandelt. Ähnlich äußert sich zu Prozessbeginn auch sein Verteidiger: Er kritisierte eine „massive, strafbare und rücksichtslose Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten”, weil Infos über den Vorfall während der Wiesn schon kurz danach öffentlich wurden. Er betont: „Der Angeklagte hat ein Recht auf einen fairen Prozess, auch wenn er Jens Lehmann heißt.” (mit dpa)