Pulverfass Berlin?Türkei gegen Niederlande „Nonplusultra-Hochrisikospiel”

Samstag gucken alle nach Berlin.
Im Halbfinale der Fußball-EM treffen dort die Niederlande auf die Türkei. Doch die Debatte um den gezeigten Wolfsgruß schwebt über dem Spiel. Und auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich angekündigt.
„Was der Junge gemacht hat, ist natürlich Unsinn”
Statt des phänomenalen Abschneidens des türkischen Teams um Kapitän Hakan Calhanoglu oder der Vorfreude unter den rund 200.000 in Berlin lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln dominiert die politische Debatte in der Öffentlichkeit. Das sei „wirklich sehr bedauerlich”, sagte Vorstandssprecher Safter Çinar vom Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) der Deutschen Presse-Agentur. Er kritisierte deswegen auch Türkei-Nationalspieler Merih Demiral: „Was der Junge gemacht hat, ist natürlich Unsinn, der wird auch sicherlich sanktioniert.”
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Der 26 Jahre alte Demiral hatte beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Tor in Leipzig mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der „Grauen Wölfe” geformt und damit für viel Empörung gesorgt. Als „Graue Wölfe” werden die Anhänger der rechtsextremistischen „Ülkücü-Bewegung” bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Wie nun bekannt wurde, kassiert der Abwehrspieler von der Uefa eine Zwei-Spiele-Sperre - und fehlt dem Team gegen die Niederlande und in einem möglichen Halbfinale. Übrigens: Das Viertelfinale zwischen Türkei und Niederlande gibt es live bei RTL und auf RTL+!
Im Video: Türkei-Star schockt mit Jubel - was ist der Wolfsgruß?
Ultras fordern Fans zum Wolfsgruß auf
Das türkische Außenministerium hatte allein schon die Uefa-Untersuchung gegen Demiral als inakzeptabel bezeichnet. Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden. Ähnlich argumentieren nun türkische Fußball-Ultras, die auf der Plattform X die Fans im Berliner Olympiastadion zum Zeigen des Wolfsgrußes während der Nationalhymne aufgefordert haben.
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Die Augen werden dann auch auf Erdogan gerichtet sein, der seine geplante Reise nach Aserbaidschan eigens für den EM-Besuch abgesagt hat. Berichten zufolge ist dies auch eine Reaktion auf die Debatte in Deutschland, in der ein Verbot der „Grauen Wölfe” gefordert wurde. Ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist nach Angaben aus dem Kanzleramt nicht geplant.
Polizei ist gewappnet
Der Erdogan-Besuch ändere wenig am Polizei-Aufkommen, sagte Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei Berlin: „Wir rufen eh schon alles in den Dienst, was laufen kann.” Das Viertelfinale nannte er ein „Nonplusultra-Hochrisikospiel”, rund 3000 Beamte dürften im Einsatz sein.
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Bei einem Sieg werden die Fans des von Vincenzo Montella trainierten Teams wieder zu Tausenden den Breitscheidplatz, den Ku’damm sowie große Straßen in Kreuzberg und Neukölln stürmen und den ersten EM-Halbfinaleinzug seit 2008 mit Hupkonzerten und Feuerwerk feiern. In Berlin sei die Unterstützung „noch eine Nummer größer”, sagte Kapitän Calhanoglu. Er könne die vielen Deutschtürken im EM-Gastgeberland sehr gut verstehen, „weil ich selbst hier geboren und aufgewachsen bin”. (dpa)