Gebürtiger Sauerländer scheitert im ersten WahlgangMerz ist Kanzler! CDU-Politiker erlebt einen Fehlstart und schreibt Geschichte

Doch noch geschafft: Nach dem erfolgreichen zweiten Wahlgang ernennt Bundespräsident Steinmeier CDU-Chef Merz zum Kanzler.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue
Bernd von Jutrczenka/dpa

Friedrich Merz fiel im ersten Wahlgang durch. Im zweiten wurde er knapp zum Kanzler gewählt. Der Fehlstart bleibt historisch.

Dieser Tag sollte in die Geschichte eingehen – und tat es auch. Nur anders, als Friedrich Merz es sich wohl gewünscht hatte. Der CDU-Chef aus dem Sauerland fiel im ersten Wahlgang zur Kanzlerwahl im Bundestag durch. Das hat es in Deutschland noch nie gegeben: Ein Kanzlerkandidat einer klaren Regierungsmehrheit scheitert beim ersten Versuch.

„Bestürzt, überrascht, ungläubig“

Dabei saß im Sauerland die CDU-Basis frühmorgens zusammen – voller Erwartung. Im Rathaus Arnsberg hofften viele auf ihren „Friedrich“, der am Dienstag (06.05.) der zehnte Kanzler der Bundesrepublik werden sollte.

Doch als Bundestagspräsidentin Julia Klöckner das Ergebnis verlas – 310 Ja-Stimmen, sechs zu wenig – war die Enttäuschung groß. „Bestürzt, überrascht, ungläubig“, nannte es Jochem Hunecke, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion Arnsberg. Auch der stellvertretende Bürgermeister Peter Blume zeigte sich ernüchtert: „Wir sind fest davon ausgegangen, dass das funktioniert.“

Merkel erlebte Fehlstart im Bundestag

In Berlin war die Stimmung ähnlich angespannt. Laut CDU/CSU und SPD waren alle 328 Abgeordneten ihrer Fraktionen anwesend. Doch 18 von ihnen stimmten offenbar nicht für Merz. Die Wahl ist geheim – wer nicht für ihn stimmte, wird wohl nie öffentlich. Der Bundestag unterbrach die Sitzung. Krisenstimmung in den Fraktionen. Altkanzlerin Merkel, keine enge Freundin von Merz, war Zeugin des Debakels.

Charlotte Merz (M), Ehefrau des designierten Bundeskanzlers Merz, und ihre Töchter Carola Clüsener (l) und Constanze Merz verfolgen die Kanzlerwahl im Bundestag von der Besuchertribüne aus.
Familie Merz im Bundestag
Kay Nietfeld/dpa

Auch seine Familie war im Bundestag. CDU-Fraktionschef Jens Spahn versprach: „Unsere Fraktion steht geschlossen hinter Friedrich Merz.“ Gemeinsam mit SPD, Grünen, Linken und CSU beantragten die Fraktionen einen zweiten Wahlgang – diesmal mit der nötigen Zweidrittelmehrheit.

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Im zweiten Anlauf klappt es – knapp

Der zweite Wahlgang brachte die Wende. Merz erhielt 325 Stimmen – neun mehr als notwendig. Damit ist er zum zehnten Kanzler der Bundesrepublik gewählt worden. „Ich bedanke mich für das Vertrauen. Und ich nehme die Wahl an“, sagte er sichtlich erleichtert. CDU-Chef Friedrich Merz kommt mit einem blauen Auge davon. Doch der Fehlstart bleibt historisch. Politikwissenschaftler Norbert Kersting spricht von einem „krachenden Dämpfer“. Ein klarer Auftrag an Merz, die eigene Koalition zusammenzuhalten. Auch Parteikollegen wie Gregor Golland mahnen: „Es geht um Deutschland, nicht um persönliche Eitelkeiten.“

Neues Kabinett, neue Prioritäten

Nach seiner Ernennung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue legte Merz im Bundestag den Amtseid ab. Auch seine 17 Minister wurden vereidigt. CDU und SPD stellen je sieben, die CSU drei. Neuer Vizekanzler ist SPD-Chef Lars Klingbeil, der künftig das Finanzministerium übernimmt. Die Koalition will Handlungsfähigkeit beweisen – innen wie außen.

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte bereits an, die Grenzkontrollen zu verschärfen. „Die ersten Entscheidungen treffen wir am Mittwoch“, sagte er. Merz plant für diesen Tag erste Auslandsbesuche in Paris und Warschau. Themen: Grenzschutz, europäische Souveränität – und Deutschlands neue Rolle in der Welt. Die Erwartungen sind riesig. Die Zukunft von Kanzler Merz beginnt – trotz Stotterstart.