Medizinische Sensation

„Wie Schwester für mich”: Marc besiegte Krebs UND HIV - dank ihr!

Marc Franke mit «seiner» Stammzellenspenderin Anja Prause auf dem Welt-Aids-Kongress
Marc Franke mit „seiner” Stammzellenspenderin Anja Prause auf dem Welt-Aids-Kongress
Sabine Dobel/dpa

Sie kannte ihn nicht, und doch rettete sie sein Leben.
Mit Anja Prauses Stammzellspende besiegt Marc Franke, bekannt als der Düsseldorfer Patient, nicht nur seine Leukämie - sondern „nebenbei” auch HIV. Doch dann muss seine Lebensretterin selbst einen schweren Schicksalsschlag verkraften...

Rettung im richtigen Moment

„Sie ist wie eine Schwester für mich”, sagt Marc über Anja. Der 55-Jährige ist einer von weltweit nur sehr wenigen Menschen, die als geheilt von HIV gelten. Mit der Stammzelltransplantation, die wegen einer Leukämie unausweichlich war, überwand er - letztlich ein Nebeneffekt - auch HIV.

„Ich bin glücklich, dass ich fähig war, ihm zu helfen”, so die 58-jährige Anja Ende Juli auf der Welt-Aids-Konferenz in München. Nach ihrer Registrierung als Stammzellenspenderin, zu der sie ein Gespräch mit einer Arbeitskollegin bewogen hatte, ging es auch schon ganz schnell. Sie bekam die Nachricht, dass es einen Empfänger gebe - von dem sie zunächst keine Details wusste. Und das Timing war in diesem Fall entscheidend.

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Spenderin bekommt selbst Krebs

„Es war alles ein Riesenzufall. Ich habe ein Jahr später einen sehr schweren Brustkrebs gehabt und hätte dann auch nicht mehr spenden können”, berichtet Anja. „Ich habe den ersten Brief von Marc bekommen, als ich meine erste Chemo hatte. Und ich habe zu meinem Mann gesagt: „Wenn ich jetzt sterben muss, kann ich sagen: Ich hatte ein Super-Leben. Ich hab’ ein tolles Kind geboren - und ich habe jemanden von Krebs geheilt.”» Doch glücklicherweise konnte auch Anja den Krebs überwinden.

Was sie erst durch Marc erfuhr: Sie hat eine seltene Immunität gegen das HI-Virus. Das war für ihn wiederum die Chance, mit der riskanten, aber wegen der Leukämie unausweichlichen Stammzellspende gleichzeitig HIV zu besiegen. Marc erzählt, er habe damals von dem sogenannten Berliner Patienten Timothy Brown gehört, der nach einer Stammzelltransplantation wegen Krebs auch von HIV befreit wurde - als erster Mensch weltweit. „Ich habe gedacht: Wenn das einmal geklappt hat, warum soll das nicht noch ein zweites Mal klappen?”

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„Zweites Coming-out” nach Genesung

Die Haupterkrankung der als von HIV geheilt geltenden Patienten war stets Krebs - und sie hatten nur mit Stammzelltransplantation eine Überlebenschance. Medizinerinnen und Medizinern zufolge liegt das Risiko, diese Therapie nicht zu überleben, bei 10 oder sogar 15 Prozent.

2008 erfuhr Marc von seiner HIV-Infektion, 2010 bekam er mit der Leukämie-Diagnose die nächste Hiobsbotschaft. 2011 Chemo, 2012 der Rückfall - und 2013 schließlich die rettende Stammzelltransplantation. Und nicht nur das: Im Krankenhaus lernte er seinen heutigen Mann kennen. „Das hat mir unendlich Kraft gegeben, durch diese Zeit durchzukommen. Ich wollte wieder auf die Beine kommen, um ein Leben mit ihm zu haben.”

Nach seiner Genesung habe er sein „zweites Coming-out” gehabt, sagt Marc. „Ich kämpfe jetzt gegen die HIV-Stigmatisierung.” Es sei nicht gut, immer von Aids zu reden, also der Krankheit, die ohne Behandlung bei mit dem HI-Virus infizierten Personen ausbricht. „Die Menschen haben dann das Bild aus den 1980er-Jahren im Kopf” - mit all den Vorurteilen von damals.

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Heilung für alle? „Bitte gebt die Hoffnung nicht auf”

Auch Adam Castillejo, der als Londoner Patient bekannt wurde, ist beim weltweit größten Treffen zum Thema HIV in München dabei. „Wir müssen mehr tun, um eine Heilung für alle zu finden”, fordert er. Dafür setze er sich ein, wo immer es möglich sei. Er und die anderen Genesenen seien in erster Linie Krebspatienten - die in einem Nebeneffekt auch von HIV befreit wurden. Dennoch gebe dies Hoffnung, sagt er und appelliert: „Bitte gebt die Hoffnung nicht auf.”

Eine risikoarme Heilung für Menschen mit HIV wird es allerdings nicht von heute auf morgen geben. Christian Gaebler von der Klinik für Infektiologie der Berliner Charité, der auf der Konferenz den ebenfalls geheilten „zweiten Berliner Patienten” - als siebten Patienten weltweit - präsentierte, sagte, Stammzelltransplantation sei hier keine Option. „Ich glaube schon, dass wir das schaffen”, so der Experte zur Chance auf eine Heilung, die für viele anwendbar ist, „aber nicht in den nächsten Jahren, sondern eher in Jahrzehnten”. (dpa/rka)