Seltene Krankheit viel zu spät entdecktBridget wollte immer Köchin werden – nun muss sie ohne Speiseröhre leben

Bridget Oyen ließ sich die Speiseröhre entfernen.
Bridget Oyen (31) lebt ohne Speiseröhre.
GoFundMe/Bridget Oyen

Das Schicksal hat ihr übel mitgespielt!
Bridget Oyen (31) träumte schon immer davon, irgendwann eine eigene Kochschule zu eröffnen. Doch ihre größte Leidenschaft - das Essen - wurde zu ihrem größten Feind. Mit 30 Jahren muss sie sich sogar die Speiseröhre entfernen lassen. Was steckt hinter dem dramatischen Schicksal der jungen Frau?

Zehnjähriger Leidensweg: Ärzte können Symptome nicht deuten

Sie ist gerade einmal 15 Jahre alt, als Bridget Oyen erstmals Symptome wie extremen Durst, Brustschmerzen und häufiges Aufstoßen verspürt. Wie sie in einem Interview mit Daily Mail erzählt, kamen später mehrmaliges Erbrechen am Tag sowie starke Schmerzen beim Essen hinzu. „Es fühlte sich an, als würde ich Glas schlucken”, beschreibt sie das Gefühl.

Doch Ärzte hätten der jungen Frau nicht weiterhelfen können, schickten sie unverrichteter Dinge wieder nach Hause oder stellten Fehldiagnosen. Die tatsächliche Ursache für ihr Leid erfuhr Bridget erst nach einem zehnjährigen Leidensweg mit 25: Ein Neurogastroenterologe, der sich auf Nervenerkrankungen im Magen-Darm-Trakt spezialisiert hat, diagnostizierte die seltene Krankheit Achalasie.

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„Leider kommt das bei seltenen Erkrankungen sehr häufig vor und es braucht nur einen Arzt, der seine Forschung fortsetzt und sicherstellt, dass er über alle Erkrankungen in seinem Fachgebiet auf dem Laufenden ist, und nicht nur über die gängigen Erkrankungen”, sagt die heute 31-Jährige.

Achalasie-Diagnose: Einer von 100.000 Menschen pro Jahr

Wie das Universitätsklinikum Würzburg auf seiner Website erklärt, handle es sich bei der Achalasie um „eine seltene Beweglichkeitsstörung der Speiseröhre mit unzureichender Erschlaffung des unteren Speiseröhrenschließmuskels beim Schlucken”.

Bedeutet konkret: „Die Muskelkontraktionen der Speiseröhre verlaufen ungerichtet und unkoordiniert.” Der untere Speiseröhrenschließmuskel erschlaffe demnach nicht ausreichend, was dazu führe, dass sich Nahrung in der Speiseröhre anstaut und nicht in den Magen weitertransportiert wird. Gerade einmal zehn von 100.000 Menschen leiden an der Krankheit und jährlich trete sie bei gerade einmal einem von 100.000 Menschen neu auf.

Zu den klassischen Symptomen gehöre neben Schluckbeschwerden auch das Aufstoßen von Nahrung, Übertritt von Nahrung oder Flüssigkeit in die Atemwege, Brustschmerzen und Gewichtsverlust. Symptome, die jedoch auch bei anderen Erkrankungen wie der Refluxkrankheit, bei Entzündungen der Speiseröhre oder bösartigen Speiseröhrentumoren auftreten können. Ein Grund, warum die Diagnose einer Achalasie so problematisch sein kann.

„Wissen Sie, wenn Sie Hufgetrappel hören, suchen Sie nach Pferden. Sie suchen nicht nach einem Zebra, und leider hatte ich ein Zebra”, verdeutlicht Bridget Oyen das Problem.

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Bridget trifft eine harte Entscheidung: Entfernung der Speiseröhre mit 30

Werde Achalasie frühzeitig diagnostiziert, könne man mittels kleinerer chirurgischer Eingriffe die Symptome bekämpfen. Doch dadurch, dass Bridgets Symptome lange Zeit fehlgedeutet wurden, sei es zu irreparablen Schäden an ihrer Speiseröhre gekommen. Mit 30 Jahren lässt sie sich das Organ entfernen. Ein harter Schlag für eine Frau, deren Leidenschaft immer schon dem Essen galt: „Ich liebe Essen. Ich koche und backe seit meiner Kindheit”, verrät sie im Interview. Doch zu essen, wurde für Bridget mehr und mehr zur Qual.

Während einer neunstündigen Operation schnitten Ärzte ihr also die Speiseröhre heraus und rekonstruierten sie mit einem Teil des Magens. „Im Grunde wirkt mein Magen jetzt wie eine große Rutsche“, erklärt Bridget.

Aufgrund der neuen Doppelfunktion des Magens müsse Bridget ihre Nahrungsaufnahme nun überwachen. Alle 20 bis 30 Minuten könne sie lediglich eine viertel Tasse essen. Sei all das nicht schon schlimm genug, hätten die erschwerten Bedingungen letztlich auch noch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt.

Im Video: RTL-Reporter lässt sich Magen entfernen - DAS ist der Grund

Social Media als Stütze: „Die Community der chronisch Kranken und Behinderten blüht auf TikTok auf. Das ist wunderbar.“

Doch trotz all der widrigen Umstände lässt sich Bridget Oyen nicht unterkriegen. Halt bekomme sie von Freunden und anderen Betroffenen chronischer Krankheiten. „Ich habe das Glück, einen tollen Freundeskreis zu haben. Mein Freundeskreis hat sich von ein paar engen Leuten zu einer kleinen Gemeinschaft chronisch Kranker entwickelt”, erzählt sie. Und weiter: „Wir haben vielleicht nicht alle die gleiche Diagnose, aber wir verstehen es alle irgendwie. Die Community der chronisch Kranken und Behinderten blüht auf TikTok auf. Das ist wunderbar.“ (vho)