Nach Suizid-Versuch von Wolfgang Grupp (83)

„Ich habe versucht, mein Leben zu beenden“ – so gefährlich ist eine Altersdepression wirklich

Altersdepressionen bleiben oft unerkannt.
Altersdepressionen bleiben oft unerkannt.
Sina Schuldt/dpa

Depressionen im Alter werden oft übersehen – dabei sind sie besonders gefährlich.
Der frühere Trigema-Chef Wolfgang Grupp hat einen Suizidversuch überlebt. Ausgelöst durch eine Altersdepression, eine Krankheit, die viele nicht ernst nehmen, obwohl sie lebensgefährlich ist.

Was ist eine Altersdepression?

Er galt als Unternehmer-Legende, als Disziplin-Mensch. Doch hinter der Fassade kämpfte Wolfgang Grupp mit dunklen Gedanken. Mit 83 Jahren versuchte er, sich das Leben zu nehmen. „Ich würde es gerne ungeschehen machen”, schreibt Grupp in einem Brief. Seitdem wird in Deutschland mehr über das Thema gesprochen. Und das ist dringend nötig.

Professor Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe erklärt: Depressionen im Alter werden häufig falsch interpretiert, etwa als natürliche Reaktion auf Verlust oder Krankheit. „Da sagt das Umfeld schnell: ‘Ist ja klar, dass er traurig’ ist – und dann geht unter, dass er ernsthaft krank ist und wirklich Hilfe braucht.”

Dabei sei eine Depression keine Folge schlechter Umstände, sondern in den meisten Fällen biologisch bedingt – durch Veranlagung, familiäre Häufung oder frühkindliche Traumatisierung.

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Typische Symptome – das sollten Angehörige wissen

Depressionen im Alter sind besonders riskant. Denn wer sich zurückzieht, wenig isst und trinkt, kann rasch in lebensbedrohliche Zustände geraten.

Auch das Suizidrisiko steigt drastisch – insbesondere bei älteren Männern. Laut Studien geht jeder zweite Suizid auf eine unbehandelte Depression zurück.

Symptome wie Schlafstörung, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit und Suizidgedanken sollten ernst genommen werden. Unabhängig vom Alter.

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Altenheime – Risiko oder Schutzraum?

In Pflegeeinrichtungen ist das Erkennen von Altersdepressionen schwierig, aber möglich. Ein kostenloses E-Learning-Programm der Stiftung Deutsche Depressionshilfe hilft Pflegepersonal, Symptome besser zu deuten.

Die Evangelische Heimstiftung etwa schult ihre Mitarbeitenden gezielt. Ihre Einschätzung: In stationären Einrichtungen sei die Gefahr einer unbekannten Depression etwas geringer als bei allein lebenden Senioren. „Wohngruppen stiften Gemeinschaft” – das helfe vielen.

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Gute Nachricht: Altersdepressionen sind behandelbar

Altersdepressionen sind behandelbar, betont Professor Hegerl. Kombinationen aus Antidepressiva und Psychotherapie senken das Rückfallrisiko um bis zu 70 Prozent, auch bei älteren Menschen.

Im Fall von Wolfgang Grupp sei der Rückzug aus der Unternehmensführung womöglich ein „Trigger” gewesen, aber nicht die Ursache seiner Depression, sagt Hegerl.

Die Erkrankung ziehe sich durch alle Altersgruppen – aber kaum jemand redet darüber. Wenn ihr Anzeichen erkennt, bei euch oder anderen, sprecht es an! Denn Schweigen kann tödlich sein. (kra, mit dpa)

Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen

Solltet ihr selbst von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich. Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.