Darmkrebs bei jungen Menschen nimmt zuTychos (†24) Arzt nahm ihn nicht ernst – jetzt ist er tot

Darmkrebs gilt noch immer als Krankheit der Alten.
Nicht umsonst werden entsprechende Vorsorge-Untersuchungen von der gesetzlichen Krankenkasse erst ab dem 50. Lebensjahr übernommen. Doch immer wieder gibt es Fälle, die zeigen: Darmkrebs betrifft auch junge Menschen.
Laut Wissenschaftlern: Junge Menschen immer öfter von Darmkrebs betroffen
Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt auf seiner Website: „Mehr als die Hälfte der Personen erkrankte nach ihrem 70. Lebensjahr, nur etwa zehn Prozent der Darmkrebserkrankungen traten vor dem 55. Lebensjahr auf.“
Dennoch: Es gibt immer wieder Fälle von Darmkrebs bei jungen Menschen unter 30 und die nehmen laut Wissenschaftlern vom Deutschen Krebsforschungszentrum sogar immer mehr zu. Ärzte fordern daher, dass die Altersgrenze für entsprechende Vorsorgeuntersuchungen herabgesetzt wird.
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Wie fatal die aktuelle Regelung enden kann, musste Tycho Noah Reijnders (†24) am eigenen Leib erfahren.
„Ärzte haben ständig gesagt, er hätte einen Reizdarm“
Seit Tycho 15 Jahre alt war, klagte der Teenager immer wieder über Bauchschmerzen, wie seine Mutter Daniela Reijnders-Jilesen im RTL-Interview erzählt. „Ärzte haben ständig gesagt, er hätte einen Reizdarm.“
Doch dann sei ein weiteres Symptom hinzugekommen, Tycho habe Blut im Stuhl gehabt. Für den jungen Mann ein Alarmsignal. „Er hat beim Hausarzt speziell nachgefragt, ob er ihn auf Darmkrebs untersuchen kann“, erinnert sich Daniela Reijnders-Jilesen zurück. Aber: „Der hat gesagt, dass Menschen in seinem Alter keinen Darmkrebs bekommen würden.“
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Erst nachdem er mehrfach den Arzt gewechselt hatte, habe Tycho dann doch die erbetene Darmspiegelung bekommen. Doch zu diesem Zeitpunkt sei es bereits zu spät gewesen. „Sofort“ hätten die Ärzte erkannt, dass etwas nicht stimmt. „Nach einer Woche dann die Gewissheit: Es ist Krebs.“
Das war 2021, damals war Tycho bereits 20 Jahre alt. Laut seines behandelnden Arztes war der Krebs „wahrscheinlich schon über fünf Jahre in ihm gewachsen“.
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Siegelringkarzinom: Tycho stirbt an hochaggressivem Darmkrebs
Tycho habe ein sogenanntes Siegelringkarzinom gehabt, ein Krebs, der „sehr schlechte Heilungschancen hat“. Trotzdem sei Tycho „nach einer schweren OP, bei der ein Drittel seines Dickdarms entfernt wurde und acht Runden Chemo“ in Remission gewesen.
Er habe auf seinen großen Wunsch hingearbeitet, Luxus-Boote zu verkaufen, studierte dafür International Sales & Business und plante, nach Berlin zu ziehen, „seine absolute Lieblingsstadt“, erzählt seine Mutter.
Doch im August 2024 dann der Shock: „Der Krebs ist zurück, hat gestreut in Knochen, Lymphdrüsen, Bauchspeicheldrüse und Hirnhaut.“
Der 23-jährige Tycho habe sich jedoch nicht unterkriegen lassen: „Er hat gekämpft wie ein Löwe“. Doch der Krebs war stärker. „Die Metastasen in seiner Hirnhaut wuchsen auf einmal explosiv und er fiel am 27.4.2025 ins Koma.“ Nur einen Tag später sei klar gewesen, dass Tycho hirntot ist. „Mit knapp 24 Jahren“ wurde er aus dem Leben gerissen.
Tychos Eltern wollen „dass sein Tod nicht umsonst gewesen ist“
„Als Eltern wollen wir nur eines, dass sein Tod nicht umsonst gewesen ist“, sagt Mutter Daniela. Man wolle „darauf aufmerksam machen, dass Darmkrebs schon lange keine Krankheit mehr ist, die nur Ältere betrifft“ und andere junge Menschen so vor dem tragischen Schicksal bewahren, das ihrem Sohn widerfahren ist.
Nach wie vor seien Ärzte „in vielen Fällen immer noch nicht bereit, Darmspiegelungen durchzuführen, weil sie immer noch meinen, nur Ältere würden Darmkrebs bekommen“.
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GKV-Spitzenverband: Erkrankungszahlen „noch deutlich unter denen der Personen über 55 Jahren“
Fälle wie der von Tycho und auch die Erkenntnisse der Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum werden bei vielen Menschen die Frage aufwerfen, warum die Richtlinien der Krankenkassen nicht überarbeitet und die Altersgrenze für die Darmkrebs-Vorsorge herabgesetzt wird. Wir haben beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen nachgefragt.
Man bestätigt uns: „Es gibt Hinweise, dass bei jungen Personen häufiger Darmkrebs festgestellt wird.“ Dennoch lägen die Erkrankungszahlen „noch deutlich unter denen der Personen über 55 Jahren“, heißt es.
Trotzdem überprüfe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) derzeit „den aktuellen wissenschaftlich Erkenntnisstand und ob auf dieser Grundlage die Altersgrenzen für die Darmkrebsfrüherkennung weiter gesenkt werden sollen“.
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Euer Arzt nimmt eure Sorgen nicht ernst? Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) kann helfen
Unabhängig von gesetzlichen Vorgaben liege die Diagnostik „in der Hoheit der Ärzteschaft“. Ärzte müssten ihre Diagnosen demnach „korrekt, zeitnah und nachvollziehbar dokumentieren, um eine sachgerechte Behandlung und Weiterbehandlung zu gewährleisten und die Beweissicherung zu ermöglichen“. Patienten hätten zudem „ein Recht auf Aufklärung über ihre Diagnose und die Behandlung“.
Der GKV-Spitzenverband gehe davon aus, dass es sich bei Tycho „um ein seltenes Beispiel handelt“. Sollte es jedoch Patienten geben, die sich – wie Tycho – von ihrem Arzt nicht ernst genommen fühlen, könnten sich diese „auch an die Unabhängige Patientenberatung (UPD)“ wenden.
Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche, Robert Koch-Institut, Deutsches Krebsforschungszentrum