Weg frei für eigenständiges LebenPolin Mirella 27 Jahre in ihrem Kinderzimmer eingesperrt – jetzt bekommt sie endlich Hilfe

Mirella in ihrem Kinderbett.
Mirella in ihrem Kinderbett.
Newspix.pl

Zum ersten Mal auf eigenen Beinen!
Als junges Mädchen verschwindet Mirella plötzlich vor den Blicken der Außenwelt. Erst 27 Jahre später wird die Polin verwahrlost in ihrem Elternhaus gefunden. Mit Unterstützung des Sozialamts macht die heute 42-Jährige erste Schritte zurück ins Leben.

Attest über Schwerbehinderung

Bis vor kurzen habe sich Mirellas Welt auf die vier Wände ihres Kinderzimmers beschränkt. Wie die polnische Zeitung Fakt jetzt berichtet, verlasse die 42-Jährige inzwischen mit Mitarbeiterinnen des Sozialamts das Haus in Świętochłowice. „Frau Mirella geht spazieren und mit unseren Mitarbeitern einkaufen. Sie sucht ihre Kleidung selbst aus und nimmt medizinische Versorgung in Anspruch“, sagt die Leiterin der örtlichen Behörde, Monika Szpoczek. Ihr Team würde Mirella regelmäßig besuchen. „Sie lernt, sich in die Gesellschaft zu integrieren.”

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Möglich wird dieser Fortschritt, weil Mirella eine Schwerbehinderung attestiert wurde. Das mache laut Fakt den Weg für weitere Hilfen frei. „Ab Januar wird ihr eine Assistenzkraft für Menschen mit Behinderung zur Seite gestellt, die sie auch im Alltag unterstützt“, so Monika Szpoczek. Neben der Betreuung habe das Sozialamt eine Erwerbsminderungsrente für Mirella beantragt, damit sie finanziell eigenständig leben kann. Die Entscheidung über den Antrag stehe allerdings aktuell noch aus, heißt es.

Im Video: Mirella nach Rettung zurück im Elternhaus

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Rückkehr in ihr Kinderzimmer

Die Sozialdienste überlegt außerdem, Mirella in die Angebote des Gemeindezentrums für Selbsthilfe einzubeziehen. Diese Einrichtung bietet therapeutische und integrative Unterstützung, die ihr helfen könnte, ein soziales Leben aufzubauen. „Wir wollen sie zu nichts zwingen. Es muss ihre eigene Entscheidung sein. Im Moment arbeiten wir daran, Vertrauen aufzubauen“, erklärt die Leiterin.

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Obwohl Mirella 27 Jahre lang in ihrem Kinderzimmer eingesperrt war, habe sie sich entschieden, weiterhin in ihrem Elternhaus zu wohnen, erklärt Szpoczek der Zeitung. „Wenn Frau Mirella eine 24-Stunden-Betreuungseinrichtung nutzen möchte, werden wir ihr diese zur Verfügung stellen. Im Moment möchte sie diese Form der Unterstützung jedoch nicht in Anspruch nehmen.“

Psychologe hält Mirella für glaubwürdig

Bei einer Anhörung wird die Polin im November von einem psychologischen Sachverständigen vernommen. Dabei beteuert Mirella erneut, dass sie von ihren Eltern gar nicht in der Wohnung eingesperrt worden sei. Auch Gewalt habe sie nicht erfahren. Wie RMF FM berichtet, habe der Psychologe die Aussage der 42-Jährigen als glaubwürdig eingeschätzt.

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Inzwischen soll der Staatsanwaltschaft außerdem die Information vorliegen, wieso Mirella im Alter von 15 Jahren mit ihrem Verschwinden von der Schule abgemeldet wurde. Aus Gründen der Privatsphäre und der noch laufenden Ermittlungen macht die Behörde derzeit jedoch keine weiteren Angaben dazu.

Rettung nach 27 Jahren durch eine Schulfreundin

Als Mirella 1997 plötzlich nicht mehr im polnischen Dorf Świętochłowice lebt, erklären ihre Eltern, sie hätten die 15-Jährige zu ihren leiblichen Eltern zurückgebracht. Offenbar hinterfragt niemand die Geschichte. Das schwarzhaarige Mädchen mit den Zöpfen gerät in seiner Heimat in Vergessenheit.

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Erst am 29. Juli dieses Jahres wird Mirella gerettet: Eine Jugendfreundin hat Verdacht geschöpft und die Polizei alarmiert. Die inzwischen 42 Jahre alte Frau ist völlig verwahrlost. Sie hat an ihren Beinen große Wunden und Entzündungen und kommt ins Krankenhaus. Der Fall sorgt weltweit für Schlagzeilen. (okr)

Verwendete Quellen: Fakt