Seit neun Tagen nichts gegessenUtøya-Überlebender im Klima-Hungerstreik, dabei ist sein Cousin Minister!

Vebjørn Bjelland Berg ist im Klima-Hungerstreik.
Neun Tage ist es her, dass Vebjørn Bjelland Berg seine letzte Mahlzeit – Kefir mit Müsli – zu sich genommen hat.
Vebjørn Bjelland Berg/Facebook

Sie waren wie Brüder und überlebten das Utøya-Attentat!
Vebjørn Bjelland Berg ist vor ziemlich genau 14 Jahren dem Tod gerade noch entkommen, er ist einer der Überlebenden von Utøya – jener Insel, auf der der rechtsextreme Attentäter Anders Breivik (46) mehrere Kinder und Jugendliche tötete. Berg überlebte die Tat, doch jetzt steht sein Leben erneut auf der Kippe. Denn der 29-Jährige befindet sich im Hungerstreik gegen die Regierung – und damit auch gegen seine eigene Familie!

Seit neun Tagen im Hungerstreik gegen die Regierung – dabei ist sein Cousin Minister

Neun Tage ist es her, dass Vebjørn Bjelland Berg seine letzte Mahlzeit – Kefir mit Müsli – zu sich genommen hat. Seit dem 30. Juli befindet sich der 29-jährige Norweger im Hungerstreik! Er nimmt nur noch Wasser und flüssige Vitamine zu sich und sitzt auf einem Klappstuhl in der Innenstadt von Stavanger. „Der Grund für den politischen Hungerstreik (wie ich ihn nennen möchte) ist die dringende Notwendigkeit, weltweit und in Norwegen aus Öl und Gas auszusteigen“, erklärt er auf Nachfrage von RTL den drastischen Schritt.

Vor allem seinem eigenen Land macht er dabei harte Vorwürfe: „Laut mehreren unabhängigen Analysen ist Norwegen das Land, das am besten geeignet ist, als Erstes auszusteigen, doch die Investitionen in fossile Brennstoffe sind hier heute höher denn je. Diese Investitionen bedeuten, dass mehr Menschen sterben.“ Besonders bemerkenswert dabei: Seine eigene Familie ist der Teil der Regierung. Denn: Vebjørn Bjelland Berg ist der Cousin von Norwegens Umwelt- und Klimaminister Andreas Bjelland Eriksen (33).

Norwegens Umwelt- und Klimaminister Andreas Bjelland Eriksen bei einem Pressetermin.
Norwegens Umwelt- und Klimaminister Andreas Bjelland Eriksen ist sein Cousin.
picture alliance / NTB | Fredrik Varfjell

Und die beiden haben eine unglaubliche Vergangenheit: Schon als Kinder und Jugendliche engagierten sie sich politisch, waren Teil der norwegischen Arbeiterpartei – das Verhältnis sei brüderlich, erklärte der Klimaaktivist in norwegischen Medien. Am 22. Juli 2011 überleben sie gemeinsam das Massaker auf Utøya!

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„Bin zutiefst bestürzt über die Position, die er als Klimaminister eingenommen hat“

Doch heute – 14 Jahre später – stehen sie sich auf verschiedenen Seiten gegenüber. Während Andreas Bjelland Eriksen Teil der Regierung ist, ist Vebjørn Bjelland Berg einer seiner größten Kritiker. Er ist Teil der radikalen Klima-Bewegung „Extinction Rebellion“. Kletterte laut norwegischen Medien in der Vergangenheit auf Gebäude und blockierte Landebahnen.

Bergs Mutter wird von norwegischen Medien zitiert: „Ich habe einen Jungen ins Camp gebracht – und einen anderen zurückbekommen.“ Sein Blick auf die Welt um ihn herum sei nun düsterer, sagt sie. Vebjørn Berg selbst meint, das Böse, das sich auf Utøya gezeigt habe, erkenne er heute bei Politikern wieder, die die Klimakrise bewusst ignorierten. Auch jetzt befindet er sich im Kampf gegen die Regierung – und gegen seinen eigenen Cousin.

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„Der Minister möchte sich zu dieser Angelegenheit nicht äußern“, teilt die Pressestelle des Klima- und Umweltministeriums auf Nachfrage von RTL mit. Und Vebjørn Bjelland Berg? „Meine Beziehung zu meinem Cousin ist geprägt von Liebe und gegenseitigem Respekt als Menschen und Freunde aus Kindertagen. Dennoch bin ich zutiefst bestürzt über die Position, die er als Klimaminister eingenommen hat“, erklärt der 29-Jährige. „Meine Aktion ist eine moralische Herausforderung für ihn. Ich möchte nicht, dass er tut, was er tut, nicht einmal zu seinem eigenen Wohl“, erklärt er.

Darum will er seinen Solo-Hungerstreik auch nicht beenden. „Wie lange ich durchhalten werde, ist unmöglich zu sagen. Wichtig für mich ist, dass ich dabei meinem Herzen folge und dass ich meine Freude und Liebe am Leben erhalten kann. Jetzt, am 8. Tag, fühle ich mich stark und glücklich und bin bereit, auf jeden Fall weiterzumachen.“ Ob die beiden Cousins miteinander sprechen, ist nicht bekannt.