„In der Einrichtung hat das Kind keine Zukunft mehr”

Vater prügelt Erzieher ins Krankenhaus – jetzt fliegt sein Sohn aus der Kita

von Yannick Seeber und Konrad Rampelt

Sie predigen gewaltfreie Erziehung – und werden selbst Opfer brutaler Gewalt.
Nach der irren Attacke eines Vaters (30) auf drei Erzieher einer bayerischen Kita, ringt das gesamte Team mit den Folgen. Der Vater dreht durch, das Personal blutet und alle fragen sich, ob sein Kind bleiben darf. Die Kita sagt jetzt: Nein.

Träger Kita-Zentrum St. Simpert spricht erstmals offen

Nach dem Vorfall in Neuburg an der Donau ist in der Kita St. Ulrich nicht mehr wie zuvor. Drei Mitarbeitende wurden von einem Vater angegriffen, alle mussten im Krankenhaus behandelt werden. Nun spricht der Träger erstmals über die Folgen: „So was habe ich noch nie erlebt in meinen 30 Jahren, die ich mit Kindergarten zu tun habe. Und mir ist nichts bekannt, dass es andere Träger, andere Einrichtungen das hatten”, sagt Günther Groll, Vorstandsvorsitzender des Trägers St. Simpert, im RTL-Interview.

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Günther Groll, Vorstandsvorsitzender des Trägers St. Simpert, im Gespräch mi RTL.
Günther Groll, Vorstandsvorsitzender des Trägers St. Simpert, im Gespräch mi RTL.
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Team geschockt – sichtbare Spuren im Gesicht

Zwei der drei Verletzten wurden noch am Montag entlassen, die dritte – die Kita-Leiterin – am Dienstag. Allen geht es körperlich „den Umständen entsprechend gut”. Doch die Folgen sind sichtbar. „Es ist ja so, dass er zugeschlagen hat, so viel darf man schon sagen, sehr kräftig. Das heißt also, dass die Mitarbeiter natürlich im Gesicht schon gezeichnet sind. Man sieht das eindeutig. Da gibt es nichts zu vertuschen”, so Groll.

Es müsse noch abgewogen werden, ob die Erzieher direkt wieder arbeiten werden oder noch zu Hause bleiben, denn: „Weil die Kinder ja dann erschrecken. Mensch, wie siehst denn du jetzt aus, liebe Leitung? Mensch, was ist mit dir passiert? Da müssen wir also überlegen, wie wir das gut abfedern bei den Kindern oder vielleicht noch eine Woche im Krankenstand belassen.”

Der Kindergarten St. Ulrich in Neuburg an der Donau
Der Kindergarten St. Ulrich in Neuburg an der Donau
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Am Dienstag blieb die Kita geschlossen, am Mittwoch lief der Betrieb vorsichtig wieder an, begleitet von einem Kristeninterventionsteam, das Kinder, Mitarbeitende und Eltern betreut. „Das müssen wir alle verarbeiten”, findet Groll.

Die meisten Kinder waren zum Zeitpunkt der Attacke in der Einrichtung. Nur die Vorschulkinder waren nicht vor Ort.

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Sohn des Angreifers wird nicht in der Einrichtung bleiben

Auch zum Kind des mutmaßlichen Täters, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, äußert sich der Träger klar. Ein Verbleib in der Einrichtung sei nicht mehr vorstellbar. „Ich glaube, in der Einrichtung hat das Kind keine Zukunft mehr”, erklärt Groll. „Dann nimmt sozusagen das Personal, die Mitarbeiter, auch die anderen Eltern, auch die anderen Kinder einen Schaden. Und ich denke auch sehr stark das Kind dieses Vaters. Auch da mag es gut und richtig sein, dass das Kind vielleicht wirklich hier in Neuburg in einer anderen Einrichtung künftig betreut wird. So werden wir dementsprechend auch mit der Mutter reden und versuchen, da möglichst abzufedern.”

Die Einrichtung versucht nun, mit aller Kraft wieder in den Normalbetrieb zurückzukehren, ohne das Geschehen zu verdrängen. Groll: „Parallel dazu muss eben unbedingt sozusagen die Verarbeitung stattfinden, wenn es überhaupt jemals verarbeitbar ist. Das muss man auch nüchtern sehen.”