Bürgermeisterin nach Polizisten-Drama in Klettbach„Wir stehen alle noch unter Schock“

Die Landidylle mit österlich geschmückten Häusern und blühenden Forsythien im Garten ist an diesem Frühlingstag trügerisch.
Die Landidylle mit österlich geschmückten Häusern und blühenden Forsythien in Klettbach (Thüringen) ist an diesem Frühlingstag trügerisch.
RTL
von Anne Schneemelcher und Konrad Rampelt

Es sind Worte, die schwer über die Lippen kommen.
„Die Familie war ein Teil der Gemeinde“, sagt Franziska Hildebrandt (FDP). Sie ist Bürgermeisterin von Klettbach – einem kleinen Ort im Weimarer Land mit rund 1300 Einwohnern. Am frühen Morgen des 11. April wird dort eine ganze Familie ausgelöscht. Der mutmaßliche Täter: der Vater. Ein Polizist.

Polizist soll Familie erschossen haben – Ermittlungen laufen

RTL-Reporterin Anne Schneemelcher im Gespräch mit Bürgermeisterin Franziska Hildebrandt (FDP).
RTL-Reporterin Anne Schneemelcher im Gespräch mit Bürgermeisterin Franziska Hildebrandt (FDP).
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Gegen 6.30 Uhr geht ein Notruf ein, rund 20 Minuten später finden die Einsatzkräfte vier Leichen: Der 49-jährige Vater, seine Frau, die beiden Kinder – alle mit Schussverletzungen. Der Mann war laut Polizei selbst Polizist bei der Landespolizeidirektion – und soll sich nach der Tat das Leben genommen haben.

Christian Hackbarth, Leiter der Polizeiinspektion Weimar, sagt zu RTL: „Leider müssen wir zu diesem Zeitpunkt bestätigen, dass es sich um einen 49-jährigen Polizeibeamten der Landespolizeidirektion handelt, der nach unseren Erkenntnissen seine Familie erschossen und sich danach selbst gerichtet hat.“

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„Die Nachricht hat sich rasend schnell verbreitet“

Klettbach ist ein ruhiger Ort. Osterdekorationen an den Fenstern, Forsythien in den Gärten. Doch seit dem Morgen der Tat ist nichts mehr wie vorher. „Wir sind eine kleine Gemeinde mit 1300 Einwohnern im Speckgürtel von Erfurt im Weimarer Land. Wir sind tendenziell alle sehr nah beieinander. Deswegen stehen wir durchaus alle noch sehr unter Schock“, sagt Bürgermeisterin Hildebrandt zu RTL. Die Familie sei im Ort gut integriert gewesen, berichtet sie: „Die Kinder waren hier in den Sportvereinen unterwegs, sie waren mit sämtlichen anderen Kindern befreundet. Deswegen macht das gerade ganz viel mit dem ganzen Dorf.“

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Hilfe für Jugendliche – und ein abgesagtes Osterfest

Die Gemeinde hat schnell reagiert. Noch am Abend des Vorfalls wurde im Bürgerhaus ein Gesprächsangebot für Kinder und Jugendliche organisiert. „Wir haben eine Situation, da muss man drüber sprechen, da müssen wir alle gemeinsam drüber sprechen“, sagt die Bürgermeisterin.

Für die Erwachsenen soll es weitere Gespräche geben. Das geplante Osterfest für Kinder wurde abgesagt.

Polizei: „Jeder verarbeitet so etwas anders“

Polizeisprecher Christian Hackbarth, Polizeiinspektion Weimar
Christian Hackbarth von der Polizei Weimar
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Auch die Einsatzkräfte wurden psychologisch betreut. „Es gibt Interventionsteams, die sich um die Beamten kümmern“, so Christian Hackbarth. „Natürlich ist es schlimm, wenn Kinder betroffen sind. Das wirkt auf jeden einzelnen Beamten anders.“ Ob der Polizist zuvor psychisch auffällig war oder Hilfe in Anspruch genommen hatte, ist unklar. „Wenn ein Beamter zu uns kommt und sagt ‘Ich habe psychologische Probleme’, wird ihm sofort geholfen“, betont Hackbarth.

Was bleibt, ist die Frage nach dem Warum. Die Ermittlungen laufen, die Leichen wurden zur Obduktion freigegeben. Doch für Klettbach ist es vor allem eins: eine Tragödie mitten im Alltag.

Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen

Solltet ihr selbst von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, Tel. 0800 1110111, im Chat, per Mail oder persönlich.

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