Eltern töten schwerbehinderte Tochter (3)
„Ich hab das nur für sie gemacht”

Sind sie eiskalte Mörder – oder haben sie einem schwerkranken Kind weiteres Leid ersparen wollen?
Die Eltern der dreijährigen Sophie stehen jetzt in der Schweiz unter Mordanklage vor Gericht. Auch die Großmutter des schwerstbehinderten Mädchens ist angeklagt, ihr wird Gehilfenschaft bei der Tötung der Dreijährigen vorgeworfen.
Mutter: „Sie hätte nie ein schönes Leben führen können“
Der Fall hatte große Aufmerksamkeit hervorgerufen. Sophie litt laut der Schweizer Zeitung „Blick“ unter einer schweren Zerebralparese. Die Folge: Krämpfe und Schmerzen. Das Mädchen habe nicht selbst schlucken, gehen oder sprechen können. Eine unheilbare Krankheit ohne Hoffnung auf nennenswerte Besserung.
Im Mai 2020 beschließt die aus Deutschland stammende Familie, Sophie von ihrer Krankheit zu „erlösen“. Diese Formulierung wählt ihre Mutter Emilie T. (31), als sie der „Aargauer Zeitung“ (AZ) ein Interview gibt. Darin versucht sie, ihre Tat zu erklären. Am 6. Mai 2020 mischen Emilie T. und ihr 33 Jahre alter Ehemann Urs dem Kind Ecstasy in sein Trinkfläschchen. Als die Droge wirkt, ersticken sie Sophie mit einem Tuch. Nach dem Tod des Kindes werden die Eltern festgenommen.
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„Wir wollten nur unserem Mädchen helfen, das so gelitten hat“
Emilie T. sagt der „AZ“, dass ihre Tochter „unter ihrem eigenen Leben gelitten“ habe. „Es wäre ihr nie besser gegangen. Sie hätte nie ein schönes Leben führen können“, glaubt die Mutter. Sophie habe wegen ihrer Behinderung rund um die Uhr betreut werden müssen. Für ihre Familie ein Umstand, den sie nicht länger hinnehmen will. „Wir haben einfach einen Schlussstrich gezogen, dass sie nicht mehr leidet“, so die Mutter.
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Weiter sagt sie: „Ich habe das nicht für mich gemacht. Ich habe das nur für sie gemacht.“ Auch Vater Urs D. gesteht die Tötung seiner Tochter: „Wir wollten nur unserem Mädchen helfen, das so gelitten hat.“ Es habe „wehgetan“, keinen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes nehmen zu können.
Für die Staatsanwaltschaft ist es Mord
Wie das Ehepaar weiter verrät, sei es schon Monate vorher zu der Tat entschlossen gewesen. Zweimal hätten Emilie und Urs T. ein Fläschchen mit Ecstasy für Sophie präpariert, es ihr jedoch nicht gegeben. „Ich konnte es nicht. Das ist ja mein kleines Mädchen. Das ist ja nichts, was man einfach macht“, sagt Emilie T. der „AZ“.
Die Verteidigung plädiert beim Prozess gegen die Familie auf Totschlag. Begründung: Die Täter handelten nicht skrupellos, „sondern unter großer seelischer Belastung oder in einer entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung“, so die juristische Definition.
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Anders sieht das die Staatsanwaltschaft. Sie fordert je 18 Jahre Freiheitsstrafe und 15 Jahre Landesverweis wegen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes für Emilie und Urs T. Zudem fordert sie fünf Jahre Freiheitsstrafe und 15 Jahre Landesverweis für die Großmutter des verstorbenen Kindes wegen deren Gehilfenschaft, in Deutschland würde man „Beihilfe” sagen. Wann das Bezirksgericht Bremgarten sein Urteil verkünden will, ist nicht bekannt. (uvo)