Um kritische Chinesen unter Druck zu setzen

China soll illegale Polizeistationen in den Niederlanden führen

July 1, 2020, Hong Kong, China: Protesters making gestures of 1 and 5 fingers, symbolising the five demands of the protest movement during the demonstration..Following the passing of the National Security Law that would tighten on freedom of expression, Hong Kong protesters marched on the streets to demonstrate. Protesters chanted slogans, sang songs, and obstructed roads. Later, riot police officers arrested several protesters using paintballs and pepper spray. Hong Kong China - ZUMAs197 20200701_zaa_s197_159 Copyright: xWilliexSiawilliexSiaux
Regierungskritiker Chinas müssen aufpassen. Polizeiaußenstellen setzen Chinesen im Exil massiv unter Druck
www.imago-images.de, imago images/ZUMA Wire, Willie Siawillie Siau via www.imago-images.de

Regierungskritiker außerhalb des eigenen Staatsgebietes unter Druck zu setzen, ist illegal. Das hält China nach Recherchen von RTL Nieuws und der Investigativplattform „Follow the Money“ nicht davon ab, genau das zu tun. Laut des Berichtes eröffnete China seit 2018 mindestens zwei Polizeistellen in den Niederlanden.

Die Heimat holt Wang wieder ein

Es war ein kritischer Post gegen die Regierung, der den Chinesen Wang Jingyu vor knapp drei Jahren aus seiner Heimat vertrieb. Der Vorwurf: Beleidigung eines Kriegshelden. Er flüchtete nach Europa. Schließlich wurde ihm Exil in den Niederlanden gewährt. Doch nun scheint ihn seine alte Heimat wieder einzuholen.

Chinesische Polizeiaußenposten sollen flüchtige Regierungskritiker zu einer Rückkehr in die Heimat bewegen. Was danach mit ihnen passiert, ist offen.

Lese-Tipp: Dritte Amtszeit: Xi Jinping baut seine Macht weiter aus

Pässe verlängern und Kritiker verfolgen

Visitors pass by the Communists party flags at the Museum of the Community Party of China in Beijing, Wednesday, Oct. 12, 2022. A meeting of the ruling Communist Party to install leaders gives President Xi Jinping, China's most influential figure in decades, a chance to stack the ranks with allies who share his vision of intensifying pervasive control over entrepreneurs and technology development. (AP Photo/Ng Han Guan)
Mit den "Übersee-Servicestellen" verletzt di Volksrepublik internationales Recht.
NHG, AP, Ng Han Guan

Der Fall von Wang zeigt, dass kritische Chinesen auch im Ausland nicht sicher sind. Seit drei Jahren wird er laut dem Bericht von der chinesischen Polizei verfolgt. Kurz nach seiner Ankunft in den Niederlanden erhielt einen Anruf von einer chinesischen Polizeistation in Rotterdam. Nun wurden auch niederländische Behörden auf zwei illegale Polizeistationen in der Hafenstadt sowie in Amsterdam aufmerksam.

Harmlos klingend als „Übersee-Servicestelle“ bezeichnet, haben mindestens zwei chinesische Polizeikräfte vor vier Jahren eine illegale Station in den Niederlanden eröffnet. Die Station soll sich in einer unscheinbaren Wohnung in Rotterdam befinden. Beide Männer sollen vorher für die chinesische Polizei tätig gewesen sein. Ansonsten werden die Stationen zumeist von Freiwilligen betrieben.

Lese-Tipp: Chinas Ansehen unter Xi Jinping drastisch verschlechtert

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Die niederländische Regierung ist nicht darüber informiert worden

Die offizielle Funktion der „Übersee-Servicestelle“ war darauf ausgerichtet, chinesisch-stämmigen Niederländern die Erneuerung der Dokumente zu ermöglichen. Statt als Ausstellungsstelle für neue Führerscheine zu fungieren, wurde in den Stationen vielmehr nach Regierungskritikern gesucht, die laut Wang noch in den Niederlanden zum Schweigen gebracht werden sollten.

Die Recherchen zeigen, dass China die niederländische Regierung nie über Polizeistellen informiert hat. Das Außenministerium in Den Haag leitet nun Ermittlungen ein.

Lese-Tipp: Whistleblowerin: China führt Deutschland als Staatsfeind auf geheimen Listen

Was meinen Sie: Ist der Machtzuwachs Chinas besorgniserregend?

Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.

Weltweit mindestens 46 Auslandsstationen

Eigentlich sind amtliche Tätigkeiten im Ausland wie etwa Passverlängerungen, Botschaften oder Konsulaten vorbehalten. Die diplomatischen Rahmenbedingungen wurden im Wiener Übereinkommen vertraglich festgelegt. Den völkerrechtlichen Vertrag akzeptieren sowohl die Niederlande als auch China. Die letztere Partei bricht nun aber mit der Richtlinie für diplomatische Beziehungen.

Unter dem Deckmantel von „Service-Centern“ sollen die Polizeistationen der Volksrepublik in Rotterdam und Amsterdam eingerichtet worden sein. Laut der spanischen Nichtregierungsorganisation „Safeguard Defenders“ existieren solche Stationen ebenfalls in Spanien, Italien, Großbritannien sowie weiteren europäischen Staaten. Auch in Frankfurt soll sich nach Angaben der NGO eine „Übersee-Servicestelle“ befinden. Weltweit sollen es sogar mehr als 46 Auslandsstationen auf fünf Kontinenten sein.

Lese-Tipp: Es eint der Feind: Russland und China ziehen an einem Strang

Außenposten sollen China-Rückkehr von „Verdächtigen“ erzwingen

 Dutch gables on a row of typical Amsterdam houses with reflections, Damrak Canal, Amsterdam, North Holland, Netherlands, Europe PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: NealexClark 698-3369
Symbolbild: In Amsterdam befindet sich eine von zwei Polizei-Außenstationen in den Niederlanden.
www.imago-images.de, imago images/robertharding, via www.imago-images.de

Kritiker wie Wang Jingyu oder Personen, die einer Straftat in der Volksrepublik verdächtigt werden, sollen laut „Safeguard Defenders“ durch die Polizeiaußenstellen zu einer Rückkehr nach China bewegt werden. Oft werden sie dabei so stark unter Druck gesetzt, dass sie freiwillig zurückkehren. Auf diplomatischem Wege wäre dies zwar in Form einer Auslieferung möglich. Allerdings nur, wenn tatsächlich eine Straftat nachgewiesen werden kann und das ausliefernde Land zustimmt. So aber missachtet China das internationale Menschenrechtsabkommen.

Dissidenten wie Wang Jingyu sollen RTL-Nieuws-Recherchen per SMS in das illegale Servicecenter einbestellt werden. Er legte Nachrichten vor, in denen ihm die „Auslandspolizisten“ sogar mit Morddrohungen unter Druck setzten.

Lese-Tipp: Taiwan: Einer der gefährlichsten Krisenherde der Welt

Wang hat um Polizeischutz gebeten

Derzeit liegt ein Durchsuchungsbefehl gegen Wang vor, sollte er nach China zurückkehren. Aber auch mit den niederländischen Behörden geriet er in Konflikt. In seinem Namen wurden mehrere Bombendrohungen ausgesprochen, erzählt er. Daraufhin durchsuchte die Polizei sein Haus. Gefunden haben sie nichts. Seither hat er insgesamt sechs Mal um Polizeischutz gebeten. Passiert ist bislang nichts. So wird Wang seine Vergangenheit wohl noch weiter verfolgen. (rdr)

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist

Playlist 50 Videos

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.

Außerdem zur aktuellen politischen Lage: „Krieg in der Ukraine – So hilft Deutschland“ und „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“

Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.