Das Problem mit flächendeckenden Corona-TestsZu oft falsch-positiv? So zuverlässig sind PCR-Tests wirklich

Die Infektionszahlen in Deutschland steigen wieder. Oft hört man, das läge auch daran, dass gerade mehr getestet wird. Andere fordern, man solle vielleicht sogar noch mehr testen – und beispielsweise in Schulen, Betrieben, Krankenhäusern & Co. flächendeckende Corona-Tests anbieten. Das ist allerdings erstens teuer, übersteigt zweitens die Kapazitäten und könnte drittens vielleicht auch gar nicht so sinnvoll sein. Ist das wirklich so? Und wenn ja, warum? Dazu muss man erst einmal genauer verstehen, wie getestet wird, und was es mit positiven, negativen oder auch falsch-positiven und falsch-negativen Ergebnissen auf sich hat.
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Wie wird auf Corona getestet?
Bei einem Verdacht auf Corona können sich Menschen unter bestimmten Voraussetzungen auf das Virus testen lassen. Dazu kommt derzeit vor allem der sogenannte PCR-Test (auch RT-PCR-Test für Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion) zum Einsatz. Den Betroffenen wird ein Abstrich aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum entnommen, der im Labor molekularbiologisch untersucht wird.
Diese PCR-Tests haben den Vorteil, dass sie auch kleine Mengen der Virus-RNA gut nachweisen können. Allerdings sind sie teuer und die Testkapazitäten sind begrenzt. Zudem sind sie immer ein wenig langsam. Wie Wissenschafts-Youtuberin MaiLab alias Mai Thi Nguyen-Kim in einem aktuellen Video zum Thema präventive Corona-Tests zusammenfasst: „PCR-Tests sind verlässlich – aber teuer und langsam.“
Zudem gebe es ein weiteres Problem mit vorbeugenden, möglichst flächendeckenden Tests, das vor allem statistischer Natur sei.

Wie zuverlässig sind Corona-Tests - Sensitivität vs. Spezifität
Denn: „Für Personen, bei denen kein begründeter Verdacht auf eine Infektion vorliegt, ist die Aussagekraft eines einzelnen positiven Testergebnisses verschwindend gering.“ Das schreibt Dagmar Lühmann in einem Thesenpapier („Anlassloses Testen auf SARS-Cov-2“) im Auftrag des Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin (EbM).
Der Grund steckt darin, dass sich die Verlässlichkeit des Ergebnisses nicht nur darauf bezieht, wie gründlich ein Testverfahren ist. Auch die Häufigkeit der Erkrankung in der Gesamtbevölkerung(-sgruppe) ist wichtig. Was bedeutet das?
Sensitivität und Spezifität
Wie gründlich ein Test ist, wird durch die Sensitivität und die Spezifität bestimmt. Unter Sensitivität versteht man, wie viele von 100 tatsächlich Infizierten auch als infiziert erkannt werden. Die Spezifität zeigt an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass tatsächlich Gesunde auch als gesund erkannt werden.
MaiLab erklärt es so: „Je höher die Sensitivität eines Tests, desto weniger falsch-negative Ergebnisse und je höher die Spezifität eines Tests, desto weniger falsch-positive Ergebnisse.“
„Im Ringversuch wies der in deutschen Laboren durchgeführte Test eine Sensitivität von 97,7 bis 98,8 % auf, die Spezifität betrug 98,6 %“, schreibt Lühmann. Das klinge zwar gut, beziehe sich aber vor allem auf Tests unter Laborbedingungen. In der Realität lägen die Werte außerhalb von Kliniken aber eher bei einer effektiven Sensitivität von 70% und einer Spezifität von 95%. Daher müssten für die Bestimmung der Verlässlichkeit von Tests auch die prädiktiven Werte herangezogen werden.
Was sagen positive und negative Ergebnisse wirklich aus?
Diese sogenannten prädiktiven Werte gehen nicht von der Erkrankung, sondern vom Testergebnis aus und geben die Wahrscheinlichkeit an, bei einem positiven Ergebnis, tatsächlich infiziert (positiv-prädiktiver Wert oder PPW) oder bei einem negativen Ergebnis tatsächlich nicht infiziert zu sein (negativ-prädiktiver Wert oder NPW).
Um diese Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, müsse die Prävalenz, also die Häufigkeit der gesuchten Erkrankung, in der Population, aus der die getestete Person stammt, berücksichtigt werden. „Im Fall von COVID-19 erhöht sich die Vortestwahrscheinlichkeit [= Prävalenz] in Abhängigkeit von Symptomen, Kontakten mit Erkrankten oder der (Wohn-)Umgebung“, erklärt Lühmann. In einem Altenheim ist die Prävalenz beispielsweise höher als in einer Hausarztpraxis.
Daraus ergibt sich Folgendes:
Bei einer Prävalenz von 50 Fällen je 100.000 Einwohnern (was in Deutschland momentan als Risikoschwelle gilt) wären 50 Menschen infiziert und 99.950 Menschen gesund.
Unter Laborbedingungen mit einer Sensitivität von 98 % und einer Spezifität von 99 % bedeutet das, dass bei den 50 infizierten Menschen 49 korrekt-positiv und einer falsch-negativ getestet werden würde. Von den nicht infizierten Menschen würden 999 falsch-positiv getestet.
Unter Alltagsbedingungen mit einer Sensitivität von 70 % und einer Spezifität von 95 % bedeutet das jedoch, dass von den tatsächlich Kranken nur 35 ein korrekt-positives und 15 ein falsch-negatives Ergebnis erhalten würden. (siehe Abbildung)

Warum vor allem falsch-negative Ergebnisse ein Problem sind
Natürlich sind falsche Testergebnisse nie toll. Wer falsch-positiv getestet wird, begibt sich in Quarantäne, ohne dass dies nötig wäre. Schlimmer ist es jedoch, wenn falsch-negativ getestet wird. Dann wägen sich die Betroffenen, die das Virus in sich tragen, in falscher Sicherheit, begeben sich nicht in Quarantäne und können andere Menschen infizieren.
Daher ist es auch so wichtig, dass Abstands- und Hygieneregeln sowie die Maskenempfehlung weiterhin eingehalten werden.
Schnelltests könnten eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung sein
Youtuberin MaiLab spricht sich in ihrem Video dafür aus, dass neben dem bereits gültigen Corona-Masterplan aus Infektionsvermeidung durch Hygieneregeln und Containment durch Tests und Kontaktnachverfolgung neue Schnelltests flächendeckend eingesetzt werden. Zwar habe der minutenschnelle ID NOW Corona-Test aus den USA mit 52 % eine sehr geringe Sensitivität und führe daher zu relativ vielen falsch-negativen Ergebnissen. Allerdings betreffe dies vor allem Proben mit einer sehr geringen Viruslast. „Proben mit hoher Virenlast werden auch hoher Wahrscheinlichkeit korrekt-positiv getestet“, erklärt Mai. Und da man bereits wisse, dass infizierte Menschen mit hoher Viruslast infektiöser seien als mit einer niedrigen, könnten flächendeckende Schnelltests – etwa morgens vor der Schule oder Kita – zumindest die sehr ansteckenden Superspreader rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen.
Auch Virologe Christian Drosten von der Charité Berlin empfiehlt in einem „Zeit“-Artikel das „Testen auf Infektiosität statt Infektion“. Man könnte also sowohl PCR-Tests oder – was günstiger wäre – Schnelltests einsetzen, um die Viruslast einzubeziehen.
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